Im zweiten Teil zum Artikel von Ingo Leipner „Digitale Rolle rückwärts?", einem aufschlussreichen Artikel zum Stand der Smartphonediskussion, geht es um Social Media, Australien und Deutschland:
Ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Digitalisierung spricht Leipner hinsichtlich des Geschäftsmodells der Tech-Konzerne an. Es sei nicht nur durch Smartphoneverbote an Schulen Europas bedroht, sondern auch durch zunehmende Kritik am Zugang zu Social Media für Kinder und Jugendliche.
In Australien habe 2024 das Parlament ein Gesetz beschlossen, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren diesen Zugang verbauen solle, schreibt er. Das beträfe die großen Plattformen: X, TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit und Instagram. Premierminister Antony Albanese habe deren Wirkung auf Kinder eine „Geißel“ genannt, da sie von echten, menschlichen Beziehungen abhielten und Erfahrungen in der realen Welt verhinderten. Jedoch gebe es Ausnahmen bei diesem Gesetz, Video-Provider wie YouTube, Messaging-Dienste wie WhatsApp blieben zugänglich, auch Online-Spiele seien ausgenommen und unter 16-Jährige könnten Angebote im Gesundheits- und Bildungsbereich weiter nutzen. Ob das Gesetz funktioniere, würde sich dann zeigen, wenn der künftig vorgeschriebene Altersnachweis von den Tech-Konzernen innerhalb eines Jahres umgesetzt worden sei. Damit hätten dann die Anbieter die Verantwortung und sie läge nicht bei den Eltern. Das sieht Leipner als einen großen Fortschritt.
In Deutschland sei formal der Zugang zu Social Media oft ab 13 Jahren erlaubt. Doch das ließe sich in der Praxis nicht kontrollieren – auch wenn viele Plattformen forderten, dass Eltern schriftlich ihr Einverständnis erklären müssten.
In den staatlichen Schulen sei der Umgang mit Smartphones recht löchrig, denn laut Rechtsanwalt Cedric Vornholt ist das Schulrecht Ländersache, sodass jedes Bundesland das Schulwesen eigenständig regeln kann. Ein generelles Verbot, Handys in die Schule mitzunehmen, gebe es bis jetzt nicht.
Doch häufig sei es untersagt, Handys im Unterricht zu nutzen. Außer wenn die Lehrenden erlauben, die Geräte fürs Recherchieren zu nutzen oder um Vokabeln nachzuschlagen. Störe jedoch ein Schüler öfter den Unterricht mit seinem Handy, sei ein „befristetes Mitnahmeverbot als pädagogische Maßnahme“ möglich, das gelte auch, wenn die Persönlichkeitsrechte von Lehrern und Schülern durch illegale Filmaufnahmen verletzt würden. Ein Täuschungsversuch läge vor, wenn ein Handy in der Prüfung benutzt wird.
Auch in den Freien Waldorfschulen gebe es keine gemeinsame Haltung zum Thema Smartphone, schreibt Leipner. Doch das Netzwerk Medienmündigkeit Waldorf sei mit dem Thema befasst. Der „Medienkompass“ werde immer wieder aktualisiert und sei nun in der fünften Auflage herausgekommen. Darin hieße es: „Es kann sich nicht darum handeln, Informationstechnologien wieder abschaffen zu wollen, sondern nur darum, kritische Aspekte bewusst wahrzunehmen und individuelle Gegengewichte zu setzen.“
Dass die AfD für die ersten vier Schuljahre vorwiegend digitalfreie Räume fordere, da hier die grundlegenden Kulturtechniken Lesen, Rechnen und Schreiben erlernt werden sollen, passt für Leipner nicht zu deren sonstiger Haltung.
(Quelle: Ingo Leipner: Digitale Rolle rückwärts? In: Info3, Februar 2025, S. 36/37)
Weiterführende Literatur:
Ingo Leipner: KI-Angriff auf das Bewusstsein – Kritik der künstlichen Vernunft, Info3-Verlag, 2024; 104 Seiten, 12,90 Euro
Bund der Freien Waldorfschulen: Medienkompass – eine Orientierungshilfe für Eltern im Medien-Dschungel, 5. überarbeitete Auflage, Bund der Freien Waldorfschulen, Januar 2024; 50 Seiten. Ab 3 Euro.
An diesen Texten mitgearbeitet hat Edwin Hübner, der am 15. Mai bei uns in Neckartenzlingen einen Vortrag halten wird zu „Virtualität und Realität. Welche Konsequenzen kann die Vermischung von künstlichen 3D-Welten und realem Leben haben?“
Zum Thema Social Media und TikTok gibt es seit dem 11.3.2025 eine neue, aus unserer Sicht positive Entwicklung. Darüber berichten wir dann in der nächsten Ausgabe.
Wir freuen uns über neue Mitglieder im InfoMobilFunk Neckartenzlingen und Umgebung, Ortsgruppe im Mobilfunk Bürgerforum e. V.
Die Vorsitzenden: Prof. a. D. Helmuth Kern, Bert Hauser (Telefon: 07127/35655 bzw. 07127/35949)