Redaktion NUSSBAUM
68723 Schwetzingen
St. Thomas Benefizveranstaltung

Wohltäter, Swing und Jazz in Schwetzingen

Zu einer Benefizveranstaltung mit vielen interessanten und unterhaltsamen Programmpunkten lud der St. Thomas Verein e.V. in den Mozartsaal im Schloss.
Hot Jazz, Blues und Country mit Mama Shaker aus Paris.
Hot Jazz, Blues und Country mit Mama Shaker aus Paris im Schwetzinger Mozartsaal. Der Verein St. Thomas machte es möglich.Foto: rw

St. Thomas ist eine Nachsorgeeinrichtung für Menschen mit psychischen Krankheiten; sie verfügt über Wohneinrichtungen in Heidelberg und Umgebung – so auch in Schwetzingen.

Gekommen waren sehr viele Gäste aus Wissenschaft, Politik, Sport und Unterhaltung sowie mehrere Redner, die es wussten, sich kurzzufassen, sodass der Abend vergnüglich und kurzweilig war. Denn den zweiten Teil – genaugenommen zwei Drittel des Abends – bestritt die Pariser Combo „Mama Shakers“ mit Musik der 1920er Jahre. Durch den Abend führte Vereinsgründer, Vorstand und ärztlicher Leiter, Prof. Dr. Frank Guido Brecht.

Noch während die Gäste Platz nahmen, spielte Fabian Brecht aus Reilingen wohlbekannte Melodien in Form eines Medleys auf seinem Tenorsaxofon.

Dann sprach Brecht warmherzige Begrüßungsworte und gab einen kurzen Überblick über Anliegen und Aufgaben des Vereins. Es sei ihm ein Bedürfnis, die Probleme psychisch kranker Menschen deutlich zu machen; er wolle aber auch auf die Arbeit des Vereins hinweisen – und natürlich seien Spenden willkommen.

Engagiert seit 1976

Der als gemeinnützig anerkannte Verein St. Thomas e.V. wurde im Jahre 1976 gegründet und setzt sich seither für die Belange von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder seelischen Behinderung ein und ist im Sinne des Vereinszwecks Träger von vielfältigen Wohn- und Betreuungsangeboten im Rahmen der Eingliederungshilfe (SGB IX) für diesen Personenkreis.

Mit Blick in die Gründerjahre sagte er, dass die Auseinandersetzung mit psychisch kranken Menschen kaum stattgefunden habe; man habe sie in geschlossene Wohnformen untergebracht, ohne sie nach ihren Ideen und Vorstellungen zu befragen. Daher sei es für St. Thomas wichtig gewesen, den Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und sie am Leben teilhaben zu lassen.

Individuelle therapeutische Begleitung

Der Verein bietet neben der Wohneinrichtungen, individuelle therapeutische Begleitung und vielfältige Aktivitäten. Als nächster Redner betrat Schirmherr Andreas Sturm (MdL Baden-Württemberg) die Bühne. Als Landtagsabgeordneter hat er unter anderem die Funktion Vorsitzender des AK IV Kultus, Jugend und Sport inne und ist Berichterstatter für Angelegenheiten der Menschen mit Handicap, für Inklusion und für berufliche Bildung.

Wie wichtig Einrichtungen wie der St. Thomas Verein sind und die Dringlichkeit, dieses Engagement zu fördern und weiter auszubauen, zeigte Sturm anhand einiger statistischer Daten auf. Es gebe 10 000 Suizide in Deutschland pro Jahr; 4 Mio. Menschen leiden an Depressionen, 28 Prozent der Bevölkerung haben bereits psychologische Hilfe in Anspruch genommen und seien noch dabei. Besondere Unterstützung sei notwendig für Menschen, die sich selbst nicht helfen können. Sie haben keine Lobby, sagte er und damit sah er auffordernd in die Runde.

Nach dieser kurzen und doch aufwühlenden Rede folgte etwas Entspannung durch das Duo Meret Treiber, Gesang, und Leni Zhu, Piano, die mit selbst geschriebenen Liedern über die Themen Stress und Hilfsbereitschaft sowie Lieben, die manche in Fülle haben, andere leben in Einsamkeit. Leni Zhu hat übrigens als Pianistin schon mehrere Preise gewonnen.

„Meine Welt ist nicht deine Welt“

Prof. Dr. Gustav Rückemann ist Rektor der SRH Hochschule Heidelberg, die 1969 aus der Rehabilitation als „Unternehmung zur beruflichen Rehabilitation Behinderter“ entstand und als die erste barrierefreie Hochschule gilt.

Auch wenn der Satz „Meine Welt ist nicht deine Welt“ in der Zusammenarbeit von Betreuenden und Kranken gilt, so sei die Mitgestaltung des Lebens wichtig. Beispielsweise führten Ritualisierungen zu Gemeinschaft und Sicherheit. Zu beachten sei, dass jeder nach seiner Art und Weise und seiner Geschwindigkeit handle. Rückemann nannte beispielhaft die von St. Thomas angebotene tiergestützte Therapie mit Pferden im Therapiezentrum Hammberger Hof, einem Reiterhof und Restaurantbetrieb in Ittlingen bei Heilbronn. Dort lerne man Sicherheit und Vertrauen.

Gemälde wurde überreicht

Apropos Gestaltung. Als Überraschung hatte die Leiterin der Heidelberger St. Thomas Einrichtung Claudia Kreidel zwei St. Thomas Bewohner mitgebracht, die dem Dr. Guido Brecht zwei großformatige Gemälde überreichten als Dank für seine Hilfe. Die Bilder waren in den Malgruppen der Einrichtung entstanden – und Brecht war sichtlich gerührt von dem Geschenk.

Die nächste Ansprache hielt Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer. pol. Dipl.-Psych. Niels Bergemann, Sprecher des wissenschaftlichen Beirats des Psychotraumazentrums der Bundeswehr. Er gab einen Rückblick auf die Entwicklung sozialer Aspekte der Psychotherapie. So waren die Zustände in den einstigen Heil- und Pflegeanstalten katastrophal.

Weitreichende Verbesserungen setzten mit der „Psychiatrie-Enquete“ im Jahre 1975 ein: Ausbau tagesklinischer und ambulanter Versorgung, ambulant betreutes Wohnen, Soziotherapie und ambulante psychiatrische Pflege. Therapieansätze waren schon in den 1950er Jahren in den „Rodewischer Thesen“ vorformuliert und in sächsischen Kliniken umgesetzt worden. Bergemann bekannte sich zu einem „biopsychsozialen Konzept“, in dem der Mensch als Ganzes betrachtet werde.

Nun konnte es übergehen zum unterhaltsamen Teil des Abends: „Mama Shakers“ aus Paris spielte auf. Von Claudine Botte, Französin und langjähriger Mitarbeiterin von Guido Brecht, wurde die Gruppe auf die Bühne geleitet.

Das Quintett um die temperamentvolle Frontfrau und Sängerin Angela Strandberg, die Trompete und Waschbrett spielte und viele Stücke komponierte und außerdem gebürtige Schwedin war, wurde 2016 gegründet und gewann schon ein Jahr später den ersten Preis beim Nachwuchswettbewerb des Jazzfestivals in Megève/Frankreich (Mai 2017). Mit von der Partie sind Hugo Proy an der Klarinette, Baptiste Hec an der Gitarre, Banjospieler William Ohlund und Kontrabassist Gabriel Seyer. Das Repertoire der Mama Shakers besteht aus Eigenkompositionen und anderen Hot Jazz-, Country-, Bluegrass- und Bluesstücken aus den „Roaring Twenties“. (rw)

Erscheinung
Schwetzinger Woche
Ausgabe 47/2024

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von Redaktion NUSSBAUMRedaktion Nussbaum
20.11.2024
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