Zwergdinosaurier und Relativitätstheorie - Forschende präsentieren ihre Arbeit der Öffentlichkeit. Die Reihe von Universität und Universitätsstadt Tübingen bietet Vorträge von Klimavariabilität, über Kolonialismus in Brettspielen bis zu Mathematik und mehr.
Die Sommeruniversität gibt in neun Vorlesungen wieder einem breiten Publikum Einblicke in die aktuelle Forschung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Reihe wird gemeinsam von der Universität und der Universitätsstadt Tübingen organisiert. Im Anschluss an die Vorträge kann das Publikum Fragen stellen und mit den Expertinnen und Experten über deren Forschungsthemen diskutieren.
Für Personen mit Hörgerät wird eine mobile drahtlose Signalübertragungsanlage (FM-Anlage) angeboten. Das Hörgerät muss jedoch mit einer sogenannten aktivierten „T-Spule“ ausgestattet sein.
Programm:
Dienstag, 29. Juli
Dr. Timo Sedelmeier: Brettspiele und Kolonialismus
Kolonialismus ist ein beliebtes Thema für (Brett-)Spiele, das gerne als Handlungsrahmen verwendet wird. Viele Personen begeistern sich für diese Spiele aufgrund des Unterhaltungswerts, der ihnen wegen der raffinierten Spielemechaniken zugeschrieben wird. Gleichzeitig mehrt sich die Kritik an den beständigen Neuerscheinungen von Spielen mit einer Kolonialisierungsstory und dem Umgang mit dem Thema in den Spielen. Vor diesem Hintergrund geht der Vortrag anhand ausgewählter Fallbeispiele der Frage nach, wie das Thema Kolonialismus umgesetzt wird, ethnische Stereotype reproduziert werden und dies in den einschlägigen Brettspiel-Foren diskutiert wird.
Mittwoch, 30. Juli
Prof. Dr. Wolfgang Sannwald: Theresienstadts „schwarze“ und „tiefere“ Geschichte
Theresienstadt ist als ehemaliges Ghetto für Menschen jüdischer Herkunft bekannt. Dorthin wurden zunächst auch die meisten „Tübinger Juden“ 1942 bis 1944 deportiert. Das Ghetto umfasste zwischen 1941 und 1945 das komplette Zentrum der heutigen Stadt Terezín in Tschechien, einer ehemaligen habsburgischen Festungsstadt. Reisebüros bewerben Individualreisen, Busfahrten und vor allem Klassenfahrten zur Gedenkstätte in der Kleinen Festung und zum einstigen Ghetto. Sannwald ist bei fünf Forschungsaufenthalten den dortigen erinnerungskulturellen Bedürfnissen, Zuschreibungen und Aneignungen nachgegangen. Er hinterfragt Symptome einer Konkurrenz zwischen Shoah-Gedenken und Habsburger-Hype vor Ort.
Donnerstag, 31. Juli
Prof. Dr. Thomas Gasser: Können Alzheimer und Parkinson verhindert werden?
Alterserkrankungen des Gehirns, wie Alzheimer und Parkinson, werden insbesondere aufgrund des steigenden Anteils älterer Menschen in unserer Bevölkerung immer häufiger. Ihre Symptome können zwar gelindert, aber ihr Fortschreiten bisher noch nicht verlangsamt oder gar gestoppt werden, eine Heilung scheint nicht in Sicht. Die Forschung hat in den vergangenen 20 Jahren viel über die Ursachen dieser Erkrankungen, die Krankheitsprozesse und Mechanismen der Zellschädigung gelernt. Es könnte gelingen, in diese Mechanismen gezielt einzugreifen, wenn die Symptome noch nicht spürbar sind. Dies würde bedeuten, dass häufige Alterserkrankungen des Gehirns, zumindest zum Teil, verhindert werden könnten.
Freitag, 1. August
PD Dr. Gero Bauer: Hoffnung ohne Zukunft? Perspektiven aus der anglistischen Literatur- und Kulturwissenschaft
Wir leben, so scheint es oft, in düsteren Zeiten. Eine Krise jagt die nächste, und es stellt sich die Frage, welche Zukunft wir uns als Gesellschaft noch vorstellen können. In der Literatur und Populärkultur spiegelt sich dieses Krisenbewusstsein in vermehrten Endzeitszenarien und einer Abwendung von optimistischen Narrativen. Aber sind dystopische und postapokalyptische Texte ‚nur‘ pessimistisch und haben das Nachdenken über ein gutes oder gar besseres Leben schon aufgegeben? Anhand einiger englischsprachiger Romane, Filme und Serien und in Bezug auf verschiedene Strömungen der Kulturtheorie wird gezeigt, wie gerade scheinbar pessimistische Erzählungen neue und ungewöhnliche Konzepte von Hoffnung und einem solidarischeren Miteinander aufzeigen können.
Montag, 4. August
Prof. Dr. Regula Forster: Auf der Suche nach dem Stein der Weisen. Arabische Alchemie
Die arabische Alchemie ist eine Fortsetzung der griechisch-hellenistischen Alchemie. Sie integriert aber auch chinesische und indische Elemente. Im lateinischen Westen wird die Alchemie erst durch die Übersetzungen aus dem Arabischen bekannt. Die Vorlesung führt ein in eine faszinierende Wissenschaft und ihre Literatur und geht auch der Frage nach, wie traditionelle religiöse Gelehrsamkeit in der arabisch-islamischen Welt mit einer „Geheimwissenschaft“ wie der Alchemie zu vereinbaren war.
Dienstag, 5. August
Prof. Dr. Kira Rehfeld: Klimavariabilität und Erdsystemdynamik – wie und was wir für die Zukunft aus der Vergangenheit lernen können
Das Erdsystem verändert sich über Jahrmillionen hinweg. Menschliche Eingriffe über die vergangenen Jahrhunderte haben die Entwicklung des Klimas in einer nie zuvor gekannten Geschwindigkeit verändert. Mit Klimasimulationen können vergangene Klimaveränderungen beschrieben, verstanden und ein Blick in die Zukunft geworfen werden. Mit Beobachtungsdaten und Rekonstruktionen aus Paläodaten, beispielsweise vor 127 000 Jahren, kann getestet werden, was eine Erwärmung von 1,5 Grad für das Erdsystem bedeutet. Zeitlich bewegen wir uns dabei von der Vergangenheit (seit dem weitgehenden Aussterben der Dinosaurier) bis in die Gegenwart und von den heute zu treffenden Entscheidungen bis in die nächsten 300 Jahre.
Mittwoch, 6. August
Dr. Abdelghafar Salim: Lebenswelten muslimischer Geflüchteter in Deutschland
Seit 2015 haben viele Menschen aus islamisch geprägten Ländern in Deutschland Zuflucht gefunden. Ihre Ankunft hat wichtige Diskussionen über Integration und das Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft angestoßen. Dabei wird die Religionszugehörigkeit muslimischer Geflüchteter häufig mit Integrationsherausforderungen verbunden. Zugleich besteht ein erheblicher Bedarf an vertieftem Wissen über ihre alltäglichen Lebenswelten: Wie gestalten muslimische Geflüchtete ihr religiöses Leben im deutschen Kontext? Welche Rolle spielt Religion im Zusammenspiel mit prägenden Erfahrungen wie Flucht, Traumata und Gefühlen von Unsicherheit? Der Vortrag greift diese Fragen auf und zieht Rückschlüsse für gesamtgesellschaftliche Herausforderungen und die Integrationsdebatte.
Donnerstag, 7. August
Dr. Felix Augustin: Die Insel der Zwergdinosaurier
Wenn wir an Dinosaurier denken, fallen uns zuerst spektakuläre Riesenformen aus weit entfernten Gebieten der Erde ein. Doch kurz vor dem Aussterbeereignis am Ende der Kreidezeit lebten einige der ungewöhnlichsten Dinosaurier aller Zeiten mitten in Europa – auf kleinen Inseln inmitten eines subtropischen Meeres. In diesem Vortrag werden die einzigartigen Dinosaurier aus Transsilvanien vorgestellt.
Freitag, 8. August
Prof. Dr. Carla Cederbaum: Symmetrien in Mathematik und Allgemeiner Relativitätstheorie
Bereits in der Schule beschäftigen wir uns mit Symmetrien wie etwa der Spiegelsymmetrie ebener Figuren oder der Rotationssymmetrie dreidimensionaler Körper. Diese sind nicht nur ästhetisch, die Symmetrie hilft uns auch beispielsweise den Flächeninhalt einer ebenen Figur oder das Volumen eines dreidimensionalen Körpers zu bestimmen. Auch in der mathematischen Forschung spielen Symmetrien eine große Rolle. Wir werden über die mathematische Definition von Symmetrien sprechen und ergründen, welche Rolle Symmetrien in der (Differential-)Geometrie und Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie spielen.