Weltweit sind PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen) ein akutes Umwelt- und Gesundheitsproblem und eine der größten Herausforderungen für die nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung. Experten gehen allein in Deutschland von mindestens 9.000 Punktquellen, hauptsächlich basierend auf Feuerlöschschäumen, und von mehreren tausend Hektar flächenhafter PFAS-Verunreinigungen aus. Betroffen ist auch der nordwestliche Teil der Reilinger Gemarkung, wo es bekanntermaßen schon 2008 als Folge eines Großbrandes zu einer Kontamination des Bodens und Grundwassers kam. Belastungsgrad und Umfang waren 2021/22 in aufwändigen und komplexen Verfahren von der Arcadis Germany GmbH im Auftrag des kreiseigenen Wasserrechtsamtes ermittelt worden. Die Ergebnisse der großflächig vorgenommenen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung sind in ihrer Aussage eindeutig und ein Sanierungserfordernis bestätigt.
Geeignete Methode, Schadstofffracht ins Grundwasser zu managen
Am Nachtwaidgraben ist jetzt nahe des früheren Brandherds das BMBF-Projekt „PFClean“ unter anderem mit Forschenden der Universität Stuttgart angelaufen, bei dem mehrere Methoden im Feldversuch erprobt werden, wie im Grundwasser eingebrachte Aktivkohle schädliche Substanzen binden und so das Grundwasser schützen könnte.
„Eine Verunreinigung durch PFAS bedroht ernsthaft die Ressource Wasser. Bisher ist es nicht möglich, belastete Flächen vor Ort wirkungsvoll zu sanieren“, erklärt Dr. Claus Haslauer, Wissenschaftlicher Leiter der Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung (VEGAS). Mit dem Forschungsprojekt „PFClean“ werde eine ganzheitliche Betrachtung angestrebt, wobei die intermediären Transformationsprodukte identifiziert und quantifiziert, sowie Wege zur Ausschleusung der PFAS aus dem Untergrund, deren technische Umsetzung und ökonomische Randbedingungen aufgezeigt werden. Ob diese Methode Erfolg hat, untersucht das „PFClean“-Team anhand eines detaillierten Monitoringsystems. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Entnahmen von Grundwasserproben und Porenwasseranalysen. Ziel von „PFClean“ sei es, so Dr. Haslauer, die im Labor in Großversuchen und an Pilotstandorten entwickelten Ansätze zur Sanierung und Ausschleusung von PFAS aus Boden und Grundwasser zu erproben und weiterzuentwickeln, und einen zügigen und effektiven Transfer von Wissenschaft zur realen Anwendung zu erzielen.
Ausschleusen der PFAS mit Funnel-and-Gate-Systemen
In der letzten Augustwoche hat ein Team der Mannheimer Bauunternehmung Sax + Klee damit begonnen, einen Brunnen bis zu einer Tiefe von 15,5 Meter unter Geländeoberkante und einem Durchmesser von DN 250 abzuteufen, der mit der Firma IEG zu einem Grundwasserzirkulationsbrunnen ausgebaut wird. Er dient der lokalen Erwärmung von Grundwasser, um die vorerwähnten Transformationsprozesse zu beschleunigen. Die wasserrechtliche Erlaubnis des Rhein-Neckar-Kreises beschränkt die jährlich maximal mögliche Grundwasserentnahme auf rund 61.000 Kubikmeter.
Die Transformationsprodukte werden in einem Funnel & Gate, das die Firmen Geiger und Arcadis mit allen „PFClean“ Partnern errichten, ausgeschleust. Vorgesehen ist, den Grundwasserabstrom entlang des Funnels (Spundwand) durch ein Gate mit Aktivkohle (Spundwandkasten mit austauschbarer granulierter Aktivkohle) zu lenken. Um das Grundwasser gezielt in das Gate leiten zu können, wird der Spundwandverbau im Grundwasser errichtet. (jd)
PFAS –(Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen)
Die Stoffgruppe der Per- und Polyfluorierten Alkylsubstanzen umfasst rund 5.000 Einzelsubstanzen. PFAS sind schmutz-, wasser- und fettabweisend und stecken in unzähligen Produkten, wie Outdoor-Jacken, Pfannen, Papier und Kartons, in Shampoo, Lacken und Feuerlöschschaum. Die Chemikalien sind teilweise gesundheitsschädlich. Manche PFAS können Organe schädigen oder Krebs auslösen. Seit Jahrzehnten gelangen PFAS in die Umwelt, lagern sich in Böden und Grundwasser an und bauen sich nur sehr langsam und allein durch natürliche Verdünnung oder durch Übertritt in Oberflächengewässer ab.
Das Projekt „PFClean“
Laufzeit des Verbundprojekts „PFVClean-Innovatives und modulares System zur nachhaltigen Reduzierung von PFAS-Kontaminanten aus Boden und Grundwasser“ ist 01. März 2023 bis 28. Februar 2026. Die Vor-Ort-Versuche beschränken sich auf Standorte in Hügelsheim und Reilingen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert das Projekt im Rahmen der Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Thema „Nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung“ (LURCH) im Rahmen der Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit“ (FONA). Unter Federführung der Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung (VEGAS) an der Universität Stuttgart beteiligen sich
- Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Fachbereich Umweltanalytik
- DVGW-Technologiezentrum Wasser, Karlsruhe
- Arcadis Germany GmbH, Darmstadt
- Geiger Entsorgung GmbH und Co KG, Oberstdorf
- Industrie Engineering GmbH (IEG), Reutlingen
- Sax + Klee GmbH Bauunternehmung, Mannheim