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Die Traubenlese

Die Weintraubenlese war stets einer der Höhepunkte zum Ende des Erntejahres. Der Name der Jahreszeit stand auch Pate für die in der Region gebräuchliche...
Reife Trauben verheißen guten Rebensaft
Reife Trauben verheißen guten RebensaftFoto: Werner Schröder

Die Weintraubenlese war stets einer der Höhepunkte zum Ende des Erntejahres. Der Name der Jahreszeit stand auch Pate für die in der Region gebräuchliche Bezeichnung der Traubenernte, das „Herbsten“. Die Bauern besaßen meistens kleinere Weinberge und bauten den Wein für den Eigenverbrauch an. Wer mehrere „Wingert“ hatte und nicht alles selbst verwerten konnte, brachte einen Teil der Trauben zur Winzergenossenschaft nach Schriesheim. Der Vorteil der kleinparzellierten und oftmals über der Gemarkung verteilten Grundstücke lag für die Bauern darin, dass bei einem lokalen Hagelunwetter meist nicht die gesamte Ernte vernichtet oder in ihrer Qualität beeinträchtigt war.

Die Tage vor der Lese waren für die Landwirte ein Geduldspiel. Bleibt es sonnig und trocken, damit wir einen guten Jahrgang bekommen oder ist noch mit viel Niederschlag zu rechnen? Letzteres würde zu mehr faulen Beeren führen. Um den Reifegrad und somit den perfekten Erntezeitpunkt zu bestimmen, wurden die Trauben genau unter die Lupe genommen. Waren der Stiel verholzt und die Kerne braun, konnte mit der Lese begonnen werden. Am Tag der Ernte fanden sich außer den Familienangehörigen auch Freunde und Bekannte schon frühmorgens am Weinberg zum Helfen ein. Geerntet wurde von Hand mit der Rebschere. Zur Steigerung der Qualität wurden an den Henkeln gleich die faulen Beeren entfernt, bevor sie in Eimer gelegt wurden. Die kräftigeren Männer holten dann die vollen Eimer bei den Lesenden ab und brachten gleichzeitig wieder einen leeren Eimer mit. Sie kippten die Trauben aus den Eimern in Kisten oder Bottiche. In steilen Weinberglagen, die nicht befahrbar waren, trugen die Männer die Trauben in Butten auf dem Rücken aus dem Weinberg zum Fuhrwerk, das an der Straße stand. Dort leerten sie den Inhalt in Bottiche auf dem Anhänger.

Zu Hause stand dann bereits die Kelter zum Auspressen der Maische im Hof. Immer wieder wurde ein Trinkglas unter den Auslauf der Kelter gehalten, um von dem frischen Traubensaft zu probieren. Wenn dann der Saft ausgepresst war und die Menge an gepresstem Traubensaft zu gering erschien, wurde ein zweiter Abdruck gekeltert. Dazu wurde die Trommel der Kelter wieder gelockert, die Pressrückstände, der Trester, aufgekratzt und dann wurden zwei bis drei Eimer Wasser darüber geschüttet. Jetzt wurde die Trommel wieder angezogen und der gesamte Inhalt nochmals ausgepresst. Und schon konnte man sich über weitere 20 bis 30 Liter Haustrunk freuen. Anschließend wurde der Most mit Eimern in den Keller getragen und in die dort bereitstehenden, geputzten Holzfässer gefüllt. Der Trester, also die zurückbleibenden Schalen und Kerne der ausgepressten Trauben, kam als organischer Dünger wieder zurück auf die Felder bzw. den Weinberg.

Zur schnelleren Gärung und um das Aroma der Traubensorten besser zur Geltung zu bringen, wurde dem Most Hefe zugesetzt. Als Überdruckventil kam die Gärpfeife auf das Weinfass. Nach Beendigung des Gärprozesses wurde der Wein wieder aus dem Fass abgelassen, um es von der Hefe zu säubern. Anschließend wurde das Fass geschwefelt und der Wein wieder eingefüllt. Der Schwefel erhöhte die Lagerfähigkeit des Weins. Besonders wenn viele faule Trauben mitverarbeitet wurden, war Schwefel wichtig. Letztendlich war bei vielen Weinen auch die „Frankenthaler Sonne“, eine ehemalige Zuckerfabrik, unverzichtbar, um dem Rebensaft die gewünschte Süße zu verleihen.

Da die Weine, wie oben erwähnt, für den Eigenbedarf produziert wurden, hatte jeder Landwirt seine eigenen Vorlieben und Methoden. Mit schön verzierten Steingutkrügen wurde der Wein meist zu speziellen Anlässen aus dem Keller geholt. Gemäß dem Motto „Wie mundet fein der Wein aus Stein“.

Text: Werner Schröder

Foto: Sven Gropp
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Ausgabe 36/2024

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von Obst- und Gartenbauverein
06.09.2024
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