Die Feldfrucht, deren Ernte man typischerweise mit dem Herbst verbindet, ist die Kartoffel. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war eine gute Kartoffelernte sehr wichtig für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Fiel die Kartoffelernte klein aus, stiegen auch die Getreidepreise und das Grundnahrungsmittel Brot wurde teurer. Für große Teile der Bevölkerung, insbesondere in den Städten, bedeutete dies, dass das Essen knapp wurde. Gefährdet war die Kartoffelernte zum einen durch die Witterung und zum anderen durch den Kartoffelkäfer. Dieser Schädling konnte in kurzer Zeit durch Kahlfraß riesige Flächen vernichten. Er hatte keine natürlichen Feinde und entsprechende Pflanzenschutzmittel gab es noch nicht. Mitte der Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurde deshalb in Deutschland der sogenannte Kartoffel-Abwehrdienst gegründet. Unter dem Motto „Sei ein Kämpfer, sei kein Schläfer, acht’ auf den Kartoffelkäfer“ wurden in den Gemeinden Suchtrupps aus Schulkindern und Arbeitslosen gebildet. Diese hatten sich an bestimmten Tagen auf dem Dorfplatz einzufinden, wo sie von den Feldschützen in Empfang genommen wurden. Dann ging es zu den Kartoffelfeldern, die nach den Käfern und ihren Larven abzusuchen waren. Später, in den Kriegsjahren, fürchtete jedes Land, dass der Feind durch den Abwurf von Kartoffelkäfern aus Flugzeugen über dem eigenen Territorium die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung gefährden könnte.
Bis in die Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden die Kartoffeln in der Regel im September und Oktober geerntet, wenn das Laub abgestorben war. Der Anbau von Frühkartoffeln, die deutlich schneller reifen und schon im Juni geerntet werden können, war noch unbekannt. Das Laub wurde von Hand ausgerissen oder mit der Sense abgemäht und die Kartoffeln von den Erntenden mit einer speziellen Hacke, dem Kartoffelkratzer, aus dem Boden geholt. Die fortschrittlicheren Bauern erledigten diese Arbeit mit einem Pflug oder einer Kartoffelschleuder mit Schar und Schleuderradstern. Die Ernte war mühsam und es wurden viele Helfer benötigt, auch die Kinder mussten mit anpacken. Daher hießen die Herbstferien früher – wie in Rheinland-Pfalz noch heute – Kartoffelferien. Man sammelte die Knollen von Hand ein, entfernte dabei größtenteils die anhaftende Erde und legte die größeren und gesunden Exemplare in einen grobmaschigen Drahtkorb.
Die kleinen oder von der Schleuder bzw. dem Pflug beschädigten Kartoffeln legte man zunächst auf Häufchen beiseite. Wenn der Drahtkorb voll war oder zum Tragen zu schwer wurde, kamen die Kartoffeln in Säcke oder Kisten. Zu Hause kamen die Knollen dann in den Keller. Üblich waren zu dieser Zeit noch Keller mit Lehmboden, was der Haltbarkeit der Kartoffeln zugutekam. Auch die zunächst zur Seite gelegten kleinen und beschädigten Kartoffeln wurden noch verwertet. Sie nannte man „Saikadoffel“, da sie an die Schweine verfüttert wurden. War die Ernte gut und im Frühjahr noch genügend Kartoffeln im Keller, fanden sie als Pflanz- bzw. Mutterkartoffeln Verwendung.
Auch kommt die Kartoffel gerne in Redensarten vor. Wer kennt nicht „Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln“ oder „Für jemanden die Kartoffeln aus dem Feuer holen“. Eine andere Redensart geht auf eine Karikatur zurück, in der Soldaten in einem Kartoffelfeld zu sehen sind. Erst bekommen sie den Befehl, sich zwischen den Kartoffelpflanzen zu verstecken. Bald darauf kommt die Anordnung zum Rückzug. Na, schon eine Idee, welche Redensart, mit Kartoffeln, daraus hervorgegangen ist? Ein Tipp: Sie kommt in diesem Bericht vor.
Am Sonntag, dem 6. Oktober möchten wir Sie herzlich zu unserem Herbstfest zu Erntedank in die Museumsscheuer einladen. Von 11:30 bis 17 Uhr sind Sie unser Gast, um gemeinsam typische Köstlichkeiten der Jahreszeit und der Region zu genießen und bei buntem Rahmenprogramm die reichen Gaben zu feiern, die die hiesigen landwirtschaftlichen Betriebe auf unseren hervorragenden Böden kultivieren. Weitere Infos finden Sie in Kürze auch auf unserer Homepage unter www.ogv-dossenheim.de.
Text: Werner Schröder