
Wer sich in den Räumen der Hüttenfelder Straße umschaut, dem fällt eine Tatsache sehr schnell ins Auge: Hier geht es nicht nur darum, Ware zu verkaufen. Hier geht es um Präsentation mit Herz. So wie seit 25 Jahren, in denen es die Bürgerdrehscheibe nun schon gibt. Angefangen hat alles mit einer Schließung.
Damals, so erzählt Elke Ehret, habe der Edeka-Markt im alten Ortskern geschlossen. Um die Versorgungslücke an Lebensmitteln zu füllen, sei im Februar 2000 ein Tante-Emma-Laden in der Bachgasse 34 eröffnet worden. „Da fing es schon an mit gebrauchten Haushaltswaren“, erinnert sich Ingrid Höhn an die ersten Gehversuche. Der Laden habe sich zu einem Treffpunkt entwickelt. „Das war auch von Anfang an ein Ziel“, so Höhn, die sich heute um die Vereinskasse kümmert. Der Laden war das sichtbare Zeichen des Vereins, der sich am 21. April 1999 als „Bürgerdrehscheibe für Alt und Jung“ gründete. Zum ersten Vorsitzenden wurde Hans-Georg Dittrich gewählt.
Drei Stationen gab es für die Bürgerdrehscheibe, die sich schnell als Laden für Waren aller Art zum kleinen Preis etablierte, in der Bachgasse. Der Umzug in die Nummer 85 erfolgte im Mai 2002, weil der alte Raum zu klein wurde. Im dortigen ehemaligen Blumenladen war weit mehr Fläche vorhanden. Die vergrößerte sich mit dem Umzug in die Bachgasse 92 im November 2003 dann nochmals. „Was toll war: Wir hatten Schaufenster“, schwärmt Höhn von dem früheren Domizil. Auch die Lage war perfekt, denn die Bahnhofsnähe ließ auch Laufkundschaft den Laden finden, der sich über Erdgeschoss und Keller erstreckte. So wuchs nicht nur das Sortiment – wobei die Lebensmittel längst der Vergangenheit angehörten -, sondern auch die Kundschaft. Heute besuchen nicht nur Hemsbacher die Bürgerdrehscheibe, sondern auch Menschen aus Worms, Frankenthal und Mannheim, erzählt das Vereinsteam. Darunter durchaus Antiquitätenhändler. „Aber wir kennen uns selbst gut aus“, grinst Höhn – und schiebt nach, was sie meint: „Ein Geschirr von Hutschenreuther für zwölf Personen wird nicht zum Fenster rausgeschmissen.“
Doch auch, wenn sie alle mittlerweile wissen, dass sie einige wertvolle Stücke in ihren Vitrinen haben, so bleibt der Preis doch immer unter dem des Marktes. Natürlich gibt es die Kunden, die durchaus über Geld verfügen, aber den Gedanken der Nachhaltigkeit verfolgen. „Einige haben aber auch einen kleinen Geldbeutel“, sagt Elke Ehret, die heutige Vereinsvorsitzende. Gerade für diese Kunden gibt es ein breites Angebot. Vom Trinkglas über den Blumentopf bis hin zu Kleidung, Büchern und Kinderwagen gibt es nichts, was es in der Bürgerdrehscheibe nicht gibt. Und Spenden kommen genug rein. „Das war schon immer so“, sagt Höhn. Schließlich sind es nicht nur die Dachböden, die entrümpelt wurden. Auch aus Haushaltsauflösungen bezieht der Verein seine Spenden. Was immer Abnehmer findet, sei Kleidung, erzählen die Vorstandsdamen. Ebenso Haushaltswaren. Aber im Grunde, so sagen sie, sei alles verkäuflich.
Die Corona-Zeit hat die Bürgerdrehscheibe übrigens gut überstanden. Auch dank Kreativität. Als klar war, dass Buchläden öffnen durften, haben die sich ehrenamtlich engagierenden Frauen flugs alles, was lesbar war, nach vorne in die Regale geholt. „Und dann waren wir ein Buchladen“, grinst Höhn. Es war just die Zeit, in der der Laden in seine jetzigen Räume mit den insgesamt 150 Quadratmetern in der Hüttenfelder Straße einzog. „Wir liefen da voll rein“, erinnert sich Ehret. Doch Zahlen zeigen, dass die Bürgerdrehscheibe heute wahrlich gut dasteht. 1.400 Euro Miete muss der Verein im Monat aufbringen. „Trotzdem konnten wir im vergangenen Jahr 5.000 Euro an Vereine spenden“, erzählt Ehret. Es ist Beleg dafür, wie beliebt der Laden ist. Vielleicht auch, weil er so einzigartig ist. Das ist deutlich zu sehen beim Blick in die einzelnen Räume. Ist der eine wie das eigene Esszimmer eingerichtet samt festlich dekoriertem Tisch, zeigt sich der andere als Bibliothek mit gemütlichem Sofa. „Einen Laden in der Art gibt es weit und breit nicht“, sagt Ingrid Höhn – und lüftet damit vielleicht das Erfolgsgeheimnis von 25 Jahren Bürgerdrehscheibe.
Das Jubiläum am Samstag wird in der Zeit von 11 bis 15 Uhr mit Vernissage und Tombola gefeiert. Lose gibt es direkt vor Ort. Der Sekt steht schon kalt, der Kaffee wird frisch gebrüht. „Die Leute sind zum Feiern und Stöbern eingeladen“, macht Ingrid Höhn deutlich, dass natürlich auch Ware gekauft werden kann. (cs)
