Dass die Fastnacht in Kraichtal und die Prunksitzung im Stadtteil Unteröwisheim ein kultureller Höhepunkt bleibt, stellte die 1. Kraichtaler Faschingsgesellschaft „Uneroiser Kerschdekipper“ am vergangenen Samstag eindrucksvoll unter Beweis. Bei der Jubiläumsprunksitzung, die unter dem Motto „50 Jahre Gelb und Blau – Uneroise Helau“ in der ausverkauften Mehrzweckhalle über die Bühne ging, waren Akteure und Publikum in Feierlaune.
Schon der farbenprächtige Einmarsch und das wunderschön gestaltete Bühnenbild mit den Uneroiser Wahrzeichen „Hasenkopf und Bischofsstab“, „Altes Rathaus und Schule“, „Kirche und Kerschdekipper-Denkmal“, machte Lust auf nachfolgende Großereignisse. Der gut aufgelegte, souverän durch das 19-Punkte-Programm führende Sitzungspräsident Klaus Baumeister Junior hatte zusammen mit dem Elferrat ganze Arbeit geleistet und mit einem „Feuerwerk der guten Laune“ sowie spaßigen Vorträgen aus der Bütt, das bunt kostümierte Publikum auf beste Weise unterhalten und ein dickes Ausrufezeichen gesetzt.
Speziell die herrlichen Tanzvorführungen der auf die Minute bestens eingestellten Akteure, die sich auf der Showbühne von ihrer Schokoladenseite zeigten, boten Köstliches für Auge und Ohr und waren durch die Bank fast nicht zu toppende Highlights. Ob gleich zu Beginn der Schautanz der Kirschknospen (30 Mädels im Alter von drei bis 12 Jahren) mit „Peter Pan & Captain Hook“, der Gardetanz der 22 Mädels der „Herzkerschde“ oder die vielköpfigen „Glanzkerschde“ mit „Alice im Wunderland“, die zu später Stunde mit ihrem feurigen Showtanz als Piraten noch einen draufsetzten, waren allesamt fernsehreife Auftritte und wurden mit viel Beifall belohnt. Dies gilt im besonderen Maße für die Trainerinnen Sarina Trunner, Anna Hettinger, Dorin Deuchler, Nina Oberst, Selina Pillusch (Männerballett) und Franziska Kleinsteuber.
Gleich nach der Pause hatten sich die drei Tanzmariechen Valentina Bolz (18), Nova Oberst (13) und die erst sechsjährige Alena Trunner schwungvoll und elegant mit perfekten, akrobatischen Leistungen in die Herzen des begeisterten Publikums getanzt, man sah im Auditorium nur strahlende Gesichter. Klar, dass auch hier eine Rakete als Lohn und Dank abgefeuert wurde.
Zuvor hatte die „Odama Katzbachgugge“ aus Odenheim mit lautstarken Tönen die ausgelassene Stimmung noch weiter angeheizt und die bunt kostümierte Narrenschar aus den Sitzen gerissen. Stets eine Klasse für sich ist das tolle, unglaubliche „Kerschdeplotzer“-Männerballett, das mit großer Hingabe und perfekter Choreografie als Zombies ein Spektakel ablieferte und besonders in der B-Note bei Michael Jacksons „Thriller“ den Saal toben ließ. Ein Hammer-Auftritt dieser echten Traumtänzer und ein besonderer Hingucker. Oder wie Sitzungspräsident „Bau der Zweite“ lachend anmerkte: „Testosteron in geballter Form“.
Eine Prunksitzung ohne Gesang? Geht gar nicht. Für den Auftakt hatte hier der „Uneroiser Labbeduddel“ alias Alexander „Xandi“ Bolz gesorgt – seit drei Jahren eine Bank und Garant für allerbeste Unterhaltung. Beim umjubelten Auftritt mit viel Lokalkolorit wie Windkraft, Bierbrunnen oder Dschungelcamp, versetzte er mit der Gitarre „sein“ Publikum in Hochstimmung und überraschte mit dem Hitsong „Ich bin Borho, ich bin Borho“ (frei nach Frank Zanders „Nur nach Hause“) nicht nur den Bürgermeister.
Auch die weiteren Lieder „Montagmorgen um Halbacht“ (frei nach Reinhard Mey's „Über den Wolken“) und „Ich wollt euch nur mal etwas sagen, dass Uneroise dä scheenschde Ort von Kraichtal isch“ (frei nach „Ein Kompliment“ von den Sportfreunden Stiller) waren ein Gedicht. Dies gilt nicht minder für Überraschungsgast Adelheid „Adela“ Kimmich, der „echten Uneroiser Fastnachtsfraa“, die in den Traditionsfarben Gelb und Blau einschwebte und meinte: „Ich komme heut' mit 'nem Wimpel. Helau, ihr alten Fastnachtssimpel“.
Am Ende ihres launigen Vortrags erhob sich der Saal zu besonderen, finalen Bewegungsspielen und der allseits bekannte „Uneroiser Fastnachtshit“ „So soll es immer sein, in Unteröwisheim, zur schönen Narrenzeit, fröhlich vereint“, erklang aus vollen Kehlen. Da wollte auch Kraichtal-Schultes Tobias Borho, bekanntlich ein guter, leidenschaftlicher Sänger, nicht hinten anstehen und überraschte mit den Liedern „Wenn das Wasser des Kraichbach goldener Wein wär“ und „Der Papa wird’s schon richten“ – schließlich kommt demnächst der Klapperstorch ins Haus Borho nach Menzingen. Dann wird hier wie dort „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ gesungen. Zur Freude der Präsidiumsspitze überreichte der singende Rathauschef letztlich eine Urkunde „50 Jahre Fasching in Unteröwisheim“.
Zu guter Letzt trieben die feurigen Protagonisten auf der Bühne das „Helau-Barometer“ auf der nach oben offenen Narrenskala in ungeahnte Höhen, zumal die Akteure des Elferrates bei ihrer musikalischen Zeitreise mit den „Größten Hits aus den vergangenen 50 Jahren“ für ein finales Highlight sorgten. Neben Wolfgang Petry („Wahnsinn“), Rex Gildo („Fiesta Mexicana“) und Geier Sturzflug („Bruttosozialprodukt“) waren die weiteren Stars David Hasselhoff („Looking For Freedom“), Ireen Sheer („Heut Abend hab ich Kopfweh“) oder Scooter („How Much It's The Fish“) auf der Showbühne außer Rand und Band unterwegs – und es brachen alle Dämme!
Die Jungs und Mädels hatten das lautstarke Spektakel, das von der Kraichtaler Firma SPF in bestem Licht und Ton präsentiert wurde, auf die Spitze getrieben und mit „Sierra Madre“ von den Schürzenjägern im Saal für ein Lichtermeer gesorgt. Eine fantastische und hinreißende Faschings-Show der „Uneroiser Kerschdekipper“, die ihre mit viel Herzblut und Engagement angegangene Prunksitzung mit Bravour meisterten, hatte ihren Höhepunkt erreicht. So sollte es auf der ganzen Welt sein – nicht nur in Unteröwisheim.
Fazit: In diesen unruhigen Zeiten, die nicht unbedingt lustig sind, ist Lachen und Frohsinn die beste Medizin – nicht nur gegen den Winterblues. Narhalla-Marsch! (hjo)