In diesem Jahr feiern wir 50 Jahre Zusammenschluss von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental. Der Fusionsvertrag mit dem Namen „Vereinbarung über die Neubildung der Gemeinde Lusshardt“ trat zum 1. Januar 1975 in Kraft.
Und doch wohnt heute niemand im Ortsteil Lusshardt-Kirrlach oder Lusshardt-Wiesental. Wie verlief die Suche nach einem Namen für die Fusionsgemeinde und warum genehmigte das Regierungspräsidium am 10. Dezember 1974 – und damit nur drei Wochen vor der Fusion – die Namensänderung in Waghäusel?
Der Fusionsvertrag wurde in nur 10 Tagen zwischen dem 10. und dem 20. Juni 1974 ausgearbeitet. Nur bei einem freiwilligen Zusammenschluss vor dem 30. Juni 1974 war es damals noch möglich, selbstbestimmt Regelungen für eine gemeinsame Zukunft zu treffen und eine Fusionsprämie von 800.000 DM zu erhalten. Ende Mai 1974 waren im Landtag von Baden-Württemberg die Entscheidungen gefallen, dass zum Abschluss der Gemeindereform eine Vereinigung von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental zum 1. Januar 1975 auf alle Fälle erfolgen sollte, notfalls zwangsweise. Der Kirrlacher und der Waghäuseler Gemeinderat hatten bereits am 22. Januar 1974 mehrheitlich für eine freiwillige Fusion gestimmt und boten Wiesental, das diese bis dahin ablehnte, nun nochmals Gespräche an.
Am Montag, den 10. Juni 1974, stimmte der Wiesentaler Gemeinderat schließlich nach harter Diskussion mit 9 zu 8 Stimmen dem Zusammenschluss zu.
Am Dienstag, 11. Juni, trafen sich die drei Bürgermeister, um einen Entwurf für die Fusionsvereinbarung zu besprechen.
Am Mittwoch, 12. Juni, kam im Bürgersaal des Rathauses Kirrlach die Verhandlungskommission zur Abfassung des Vereinbarungsentwurfs zusammen, der am 18. Juni dem Regierungspräsidium zur Prüfung vorgelegt werden sollte. Die 12 Mitglieder dieser Kommission hatten die Gemeinderäte bestimmt, sie entsandten aus ihren Reihen für Kirrlach Robert Straub, Egon Baader, Willi Heger und Julius Müller, für Waghäusel Bürgermeister Viktor Glücker, Hans-Joachim Hubert und Otto Leier sowie für Wiesental Bürgermeister Emil Groß, Paul Häußler, Karl Steinhilper, Theobald Käpplein und Werner Vogel.
Zu den Aufgaben der Verhandlungskommission gehörte auch die Namensfindung für die neue Gemeinde bzw. einen einheitlichen Vorschlag dazu zu machen. Man einigte sich, dass es besser sei, einen neuen Namen zu finden, als einen der drei bisherigen Gemeindenamen zu verwenden. Aus den Vorschlägen kamen in die engere Wahl: Bolanden, Bruhrain, Lusshardt, Rheintal, Wagbach und auch Waghäusel. Einstimmig entschied sich die Kommission für „Lusshardt“, ausdrücklich in der Schreibweise mit „dt“ und „Doppel-s“ statt „ß“ – und zwar aus Rücksicht auf das Ausland und die EDV-Technik, wie es hieß. Vielfach wurde in der Folgezeit trotzdem auch die Schreibweise mit „ß“ benutzt.
Als Gründe für die Namensentscheidung wurden angeführt, dass der Lußhardtwald das gesamte Gebiet aller drei Gemeinden bedeckt hatte, die Siedlungen Kirrlach und Wiesental aus Rodungen dieses Waldes hervorgegangen waren sowie zwei der bestehenden gemeinsamen Zweckverbände (Wasserversorgung und Großes Bildungszentrum) den Namen bereits verwendeten.
Am Donnerstag, 20. Juni, wurden in getrennten öffentlichen Gemeinderatssitzungen in Kirrlach, Waghäusel und Wiesental die vereinbarten Bestimmungen des Fusionsvertrags einschließlich der Namenswahl beraten und beschlossen. In Kirrlach und Waghäusel war die Zustimmung einstimmig, in Wiesental gab es 12 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 4 Enthaltungen.
Auf die in den ursprünglichen Planungen vorgesehene feierliche Unterzeichnung in einer gemeinsamen Sitzung der drei Gemeinderatsgremien am 26. Juni um 9 Uhr in der Rheintalhalle in Kirrlach wurde verzichtet.
Am Montag, 24. Juni, setzten die Bürgermeister Ernst Oechsler, Viktor Glücker und Emil Groß ihre Unterschrift unter die Vereinbarung, die dann am Freitag, 28. Juni 1974, vom Regierungspräsidium Karlsruhe genehmigt wurde.
Hinweis: Die Beiträge des Stadtarchivs zu 50 Jahre Fusion sind auch auf der städtischen Internetseite eingestellt unter: www.waghaeusel.de/stadt-wirtschaft/geschichte-wappen/50-jahre-gemeindefusion
(von Katja Hoffmann, Stadtarchivarin)
(Fortsetzung folgt.)