In diesem Jahr feiern wir 50 Jahre Zusammenschluss von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental. Die Vereinbarung zur Neubildung der Gemeinde trat zum 1. Januar 1975 in Kraft.
Die Fusionsvereinbarung hatten am 20. Juni 1974 alle drei Gemeinderäte in getrennten Sitzungen beschlossen und am 24. Juni die drei Bürgermeister Ernst Oechsler (Kirrlach), Viktor Glücker (Waghäusel) und Emil Groß (Wiesental) unterschrieben.
Damit gehört Waghäusel zu den Orten, die diese Entscheidung wenige Tage vor Ablauf der letzten Frist für einen freiwilligen Zusammenschluss trafen. Dies musste vor dem 1. Juli 1974 geschehen, danach, so hatte die Landesregierung klargemacht, würde zwangsweise zusammengelegt werden und die Gemeinde hätte keine Möglichkeiten mehr zur eigenständigen Ausgestaltung der Fusionsregelungen gehabt. Auch hätte es keine Fusionsprämie mehr gegeben. Im Falle Waghäusels waren das 800.000 DM, die nach der getroffenen Fusionsvereinbarung komplett in den Bau des Bildungszentrums im Ortsteil Waghäusel geflossen sind. Es sollte ursprünglich mehrere Schularten bis hin zum Gymnasium umfassen, verwirklicht werden konnte dann nur die 1977 eingeweihte Johann-Peter-Hebel-Realschule. 50 Jahre später wird der Standort nun durch den Neubau der Gemeinschaftsschule erweitert.
Der 1. Januar 1975 bildete damals für ganz Baden-Württemberg das Ende der Gemeindereform bis auf einige wenige Einzelfälle. Diese Reform reduzierte die Zahl der selbstständigen Gemeinden um zwei Drittel von 3.379 im Jahr 1968 auf 1.111 im Jahr 1975.
In der gesamten Bundesrepublik hat es in den 1960er Jahren Bestrebungen gegeben, die Verwaltung zu reformieren, um sie für die Aufgaben der Zukunft nach den grundlegenden Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft in der Nachkriegszeit fit zu machen und den gestiegenen Ansprüchen der Menschen gerecht zu werden.
Zu den Zielen der Landesregierung für die Verwaltungs- und Gemeindereform in Baden-Württemberg gehörten die Steigerung der Verwaltungs- und Leistungskraft der Kommunen, deren bessere Ausstattung mit Fachpersonal, Verlagerung von Kompetenzen nach unten, die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Land und die Überwindung des Stadt-Land-Gefälles.
In der Region Waghäusel wurde 4 Jahre lang gerungen, wie und in welcher Zusammensetzung dies am besten umzusetzen sei.
Anfang 1970 sahen die allerersten Pläne die Schaffung eines neuen Verwaltungsraums rund um Philippsburg mit Huttenheim, Rheinsheim, Oberhausen, Rheinhausen, Kirrlach, Waghäusel und Wiesental mit damals fast 35.000 Einwohnern vor. Dagegen wehrten sich die drei letztgenannten heftig. Das Modell wurde schnell verworfen wegen der Größe und da ein Hauptort und Mittelpunkt fehlte.
Ab September 1970 wurde in allen Planungen eine Verwaltungseinheit von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental vorgeschlagen. Die drei Orte kooperierten da bereits vierfach, nämlich im 1958 gegründeten Zweckverband Wasserversorgung Lußhardt, im 1965 gegründeten Abwasserverband Wagbach (beides mit Hambrücken), im 1967 gegründeten Zweckverband Rheintal-Schwimmbad (Eröffnung 1971) sowie im 1971 gegründeten Zweckverband Großes Bildungszentrum (Einweihung der Realschule 1977).
Verhandlungen um eine Erweiterung der Fusionsgemeinde um Oberhausen und Rheinhausen oder Hambrücken gab es, sie kamen aber nicht weiter.
Am 20. Januar 1974 fand die Bürgeranhörung zum Abschluss der Gemeindereform in 32 der damals 55 noch selbstständigen Kommunen des Landkreises Karlsruhe statt. Die Beteiligung war im Schnitt gering, am geringsten mit 8,35 % in Philippsburg, am höchsten in Zaisenhausen mit 92,44 %.
Ergebnisse der drei Orte:
Kirrlach: Abstimmungs-Berechtigte: 5.580, abgegebene Stimmen: 1.744 = 31,25 %, ungültige: 31, Ja: 896 = 52,3 %, Nein: 817 = 47,7 %.
Wiesental: Abstimmungs-Berechtigte: 5.239, abgegebene Stimmen: 2.948 = 56,27 %, ungültige: 23, Ja: 317 = 10,84 %, Nein: 2.608 = 89,16 %.
Waghäusel: Abstimmungs-Berechtigte: 511, abgegebene Stimmen: 208 = 40,70 %, ungültige: 2, Ja: 120 = 58,25 %, Nein: 86 = 41,75 %.
Zwei Tage später, am 22. Januar 1974, wurde in den drei Gemeinderäten (Waghäusel 8 Gemeinderäte plus Bürgermeister = 9, Kirrlach und Wiesental jeweils 16 Gemeinderäte plus Bürgermeister = 17) über den Zusammenschluss abgestimmt:
Kirrlach: 9 Stimmen dafür, 8 Stimmen dagegen.
Wiesental: 7 Stimmen dafür, 10 Stimmen dagegen.
Waghäusel: einstimmiger Beschluss: Vereinigung mit Kirrlach und Wiesental zu einer neuen Gemeinde Ja, Eingliederung in eine der Gemeinden Nein.
Am 10. Juni 1974 stimmte der Gemeinderat in Wiesental erneut über eine freiwillige Fusion ab mit dem Ergebnis: 9 Stimmen dafür und 8 Stimmen dagegen.
Am 20. Juni 1974 stimmten alle drei Gemeinderäte in getrennten Sitzungen über den Fusionsvertrag ab. In Kirrlach und Waghäusel war die Zustimmung einstimmig. In Wiesental 12 Stimmen Ja, 1 Stimme Nein, 4 Enthaltungen.
(von Katja Hoffmann, Stadtarchivarin)
(Fortsetzung folgt)