80 Jahre Kriegsende: Erinnerung an zwei tragische Schicksale – Mahnung gegen das Vergessen

Auf dem Bühler Friedhof liegen zwei Gräber, welche uns eindringlich an die Schrecken des Krieges und die verzweifelten Schicksale derjenigen auf der...
Grab; Josef Schön
Grab; Josef SchönFoto: Dr. Eberhard Bürger

Auf dem Bühler Friedhof liegen zwei Gräber, welche uns eindringlich an die Schrecken des Krieges und die verzweifelten Schicksale derjenigen auf der Flucht erinnern.

Das erste Grab gehört dem Sanitätsunteroffizier Alfons Heinrich, geboren 1906 in Tarnowitz, Oberschlesien. Als Sanitäter erlebte er das unermessliche Leid der Verwundeten und Gefallenen in den Lazaretten. Vermutlich entschied er sich deshalb, wie viele andere Sanitäter, sich von seiner Truppe zu lösen. Ende April 1945 fanden ihn Einwohner von Bühl am Ortsrand, erschossen durch Angehörige der sogenannten „Werwölfe“. Heinrich wurde von Bühler Bürgern auf dem Bühler Friedhof bestattet.

Die zweite Ruhestätte bewahrt die Geschichte von Josef Schön, der in der letzten Kriegswoche versuchte, seinen Hunger zu stillen. Er wollte auf seiner Flucht in Bühl ein Huhn stehlen und wurde jedoch von einem Bühler Bauern gestellt. Trotz seines Angebots, das Tier zu bezahlen, akzeptierte der Bauer das Geld nicht. Stattdessen rief er Kameraden herbei, die Josef Schön am Ortsrand brutal niedergeschlagen haben. Schwer verletzt wurde er schließlich zum Rand des Mühlenweihers gebracht und an der Böschung seinem Schicksal überlassen. Zeitzeugen berichten, dass einige Mütter ihre Söhne schickten, um dem Sterbenden noch Essen zu bringen. Nach drei Tagen erlag er schließlich seinen Verletzungen. Sein Leichnam wurde an der Friedhofskapelle verscharrt und später durch französische Soldaten exhumiert und an seiner heutigen Grabstätte beigesetzt. Eine gerichtliche Untersuchung folgte, jedoch blieb ein Nachweis für die Tat aus und die Täter wurden nicht schuldig gesprochen.

Beide Gräber werden bis heute gepflegt – zunächst von der Gemeinde Bühl und heute von der Stadt Tübingen.

Diese beiden Gräber erinnern uns an die Grausamkeiten des Krieges und die Ungerechtigkeiten, die ihn begleiteten. Sie mahnen uns zur Erinnerung, zur Achtung vor dem Leid anderer und dazu, Frieden als höchstes Gut zu bewahren.

Vielen Dank gilt Dr. Eberhard Bürger für die historische Aufarbeitung!

Grab: Alfons Heinrich
Grab: Alfons Heinrich.Foto: Dr. Eberhard Bürger
Erscheinung
Gemeindebote – Mitteilungsblatt der Universitätsstadt Tübingen, Stadtteil Bühl
NUSSBAUM+
Ausgabe 22/2025
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