Vom 28. Juni bis einschließlich 13. Juli präsentiert eine Ausstellung im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim drei spannende Designprojekte: die Nachwuchsdesignerinnen und -designer Jacob Marks aus Großbritannien, Lotte Schoots aus den Niederlanden und Zhipeng Wang aus China. Sie waren im Rahmen des Stipendienprogramms „Designers in Residence“, das die Stadt Pforzheim in Kooperation mit der Hochschule Pforzheim und dem Design Center Baden-Württemberg jährlich auslobt, drei Monate lang in Pforzheim zu Gast. In der Goldstadt konnten die drei Stipendienempfänger in den Werkstätten des EMMA und der Hochschule und in Kooperation mit lokalen Akteuren an ihren Designprojekten arbeiten.
Die Eröffnung der Ausstellung fand am Freitag, 27. Juni 2025, um 19 Uhr im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim statt. Nach einer Begrüßung durch Almut Benkert, Fachbereichsleiterin Kreativwirtschaft beim Eigenbetrieb Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim, und einer Einführung von Jurymitglied Romin Heide stellten Jacob Marks, Lotte Schoots und Zhipeng Wang ihre Arbeiten vor. Interessierte können die Ausstellung von Donnerstag bis Samstag zwischen 14 und 19 Uhr sowie sonntags zwischen 11 und 19 Uhr besuchen. Der Eintritt ist frei.
Zur Ausstellung
Der chinesische Schmuckkünstler Zhipeng Wang, der bereits für sein Studium länger in Deutschland lebte und daher in seiner Arbeit Einflüsse aus beiden Kulturen einfließen lässt, hat sich in Pforzheim mit einer traditionellen Technik der manufakturellen Schmuckproduktion beschäftigt: „Als ich gehört habe, dass es im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim eine Guillochiermaschine gibt, wollte ich unbedingt mehr darüber erfahren und mit dieser historischen Maschine arbeiten“, erzählt Zhipeng Wang. Das Guillochieren, eine halbmaschinelle Gravurtechnik, wurde früher zur Oberflächengestaltung, etwa von Schmuckstücken oder Uhren, eingesetzt – auch die berühmten Fabergé-Eier wurden beispielsweise mit Guilloche verziert. Heutzutage beherrschen jedoch nur noch wenige Handwerkerinnen und Handwerker diese Technik. Angesichts von zunehmender Digitalisierung und der Nutzung von CNC-Technologien im Kunsthandwerk stellt Zhipeng Wang mit seinem Projekt die Frage, wie gefährdete Handwerkstechniken wie das Guillochieren bewahrt werden, neu interpretiert und in einen zeitgenössischen Kontext überführt werden können. Im Rahmen des Projektes PF Revisited, das sich der Erhaltung traditioneller Handwerkstechniken widmet und unter anderem im EMMA verortet ist, erhielt Zhipeng Wang die Möglichkeit, an einer Guillochiermaschine zu arbeiten und diese Technik auf seine eigene künstlerische Praxis zu übertragen. Er experimentierte dabei mit ungewöhnlichen Materialien wie Perlmutt oder chinesischer Jade und erforscht so mit seinen Arbeiten nicht nur die technischen Möglichkeiten des Guillochierens, sondern auch dessen kulturelle und konzeptuelle Aussagekraft. In der Ausstellung gibt er Einblick in diesen Prozess und zeigt die Schmuckstücke, die daraus entstanden sind.
Die niederländische Produktdesignerin Lotte Schoots wurde ebenfalls von der Schmucktradition der Stadt zu ihrem Projekt inspiriert – sie beschäftigt sich jedoch nicht mit dem Schmuck selbst, sondern mit seiner Verpackung: mit „Boxed in. Die Schmuckschachtel neu gedacht“ präsentiert sie neue Formen der Schmuckschachteln. In den meisten Fällen besteht die Verpackung von Schmuck aus einer schlichten Papierschachtel mit Deckel. Sie wird für den Transport und die Aufbewahrung des Schmucks benutzt – eine Funktion, die sie meist im Verborgenen erfüllt. Lotte Schoots möchte mit ihrer Arbeit erforschen, welche Funktionen die Verpackung darüber hinaus erfüllen kann und ergründen, wie die Eigenschaften einer Verpackung Einfluss auf unseren Umgang mit den darin verwahrten Schmuckstücken nehmen können.
Lotte Schoots erkundet spielerisch die Möglichkeiten von Schmuckschachteln, wobei nicht nur Farbe und Material, sondern auch die Mechanismen eine wichtige Rolle bei der Präsentation der Schmuckkästchen spielen. Diese Kästchen dienen nicht mehr nur dazu, den Schmuck während des Transports oder der Aufbewahrung zu schützen, sondern auch dazu, ihn zur Geltung zu bringen.
Der Londoner Designer und Maker Jacob Marks setzt sich für die Wiederbelebung eines nachhaltigen Materials ein, das im Laufe der Zeit durch Kunststoff ersetzt wurde: „Remembering, Forgetting“ ist eine Weiterführung von Marks fortlaufender Erforschung von Kiefernharz. Dieses Material, das von Kiefer-, Tannen- und Zedernbäumen natürlich abgesondert wird, sobald ihre Rinde beschädigt ist, kann über die gesamte Lebensdauer eines Baumes geerntet werden, ohne ihm zu schaden. Kiefernharz und seine Bestandteile besitzen zudem eine Vielzahl an nützlichen Eigenschaften und spielten daher in früheren Zeiten eine große Rolle in vielen Lebensbereichen: Das Harz wurde beispielsweise zur Herstellung von Werkzeugen, zur Behandlung von Krankheiten oder zum Abdichten von Schiffen genutzt – letzteres führte auch bis ins 19. Jahrhundert zu Seeblockaden, um das wertvolle Material zu sichern. In der DDR existierte sogar ein „Reichsharzamt“, das den Umgang mit den Bäumen regelte. Die Gewinnung von Kiefernharz ist jedoch sehr arbeitsintensiv und so führte das Aufkommen synthetischer Alternativen dazu, dass die meisten Anwendungen heutzutage verschwunden sind.
Jacob Marks experimentierte mit der Kombination von Harz mit unterschiedlichen Materialien, insbesondere mit Textilien, und zeigt in der Ausstellung daraus entstandene Objekte wie Leuchten, Griffe oder Gefäße. All seine Stücke bestehen dabei ausschließlich aus natürlichen Materialien, die minimal veredelt, biologisch abbaubar, ein Kohlenstoffspeicher und in der Nähe von Pforzheim zu finden sind. Weiterhin gibt Jacob Marks in der Ausstellung und einer Publikation Einblicke in seinen Rechercheprozess, in dem er hinterfragt, warum das Material in Vergessenheit geriet und warum eine zeitgenössische Nutzung von Kiefernharz sinnvoll ist. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit tiefgreifenderen Fragestellungen unserer materiellen Kultur: Es stellt die Herkunft von Materialien, die Folgen ihrer Gewinnung sowie das Ausmaß der für eine Nutzbarkeit notwendigen Verarbeitung in den Fokus.
Die Stipendien-Empfängerin und -Empfänger
Jacob Marks ist Designer und Maker mit Sitz in London, Großbritannien. Sein Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung von Möbeln und Objekten. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Neuinterpretation natürlicher Materialien – häufig solche, die übersehen oder als unbedeutend abgetan werden – aus welchen er prägnante, zeitgenössische Werke gestaltet. Ein zentrales Anliegen seiner Praxis ist die Auseinandersetzung mit den Landschaften, aus denen die Materialien stammen, und die Frage, wie Design als Werkzeug genutzt werden kann, um komplexe soziale und ökologische Herausforderungen zu thematisieren.
2024 wurde Jacob Marks für den Ralph Saltzman Prize des Designmuseums nominiert. Seine Arbeiten wurden unter anderem in Crafts Magazinen, Wallpaper Magazinen, Design Milk und von Somerset House veröffentlicht.
Lotte Schoots ist eine künstlerisch orientierte Produktdesignerin aus Amsterdam, die aktuell in der Nähe von Eindhoven lebt und arbeitet. Sie schloss 2024 ihr Studium an der Design Academy Eindhoven ab. In ihren Arbeiten spielt sie mit „gewöhnlich außergewöhnlichen“ Details aus dem Alltag, um die Schönheit der Welt hervorzuheben. Ihre Abschlussprojekte wurden während der Dutch Design Week 2024 präsentiert, das Projekt „I Spy …“ wurde zudem für die Kazerne Design Awards nominiert und wird aktuell in der Kazerne in Eindhoven ausgestellt. Ihre Arbeiten wurden in Magazinen wie Stijlvol Wonen (NL) veröffentlicht und auf internationalen Designmessen gezeigt; das Trinkglas „One Twist“ beispielsweise gewann den Piet-Hein-Eek-Glaskunst-Wettbewerb und wurde anschließend produziert und auf der DDW gezeigt.
Zhipeng Wang ist ein zeitgenössischer Schmuckkünstler aus China, der sowohl in China als auch in Deutschland arbeitet. Er absolvierte 2019 seinen Bachelor of Arts in Schmuckdesign & Kunst an der China Academy of Art und schloss 2024 sein Diplom in Freier Kunst an der Akademie der Bildenden Künste München bei Professor Karen Pontoppidan ab. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt, z. B. in China, Deutschland, Italien, Großbritannien oder den USA. Zudem erhielt er bedeutende Auszeichnungen wie den Grand Prize des BKV-Preises 2024 (München), den ersten Preis beim Giancarlo Montebello Award 2024 (Mailand) und den Preis bei Preziosa Young 2021 (Florenz). Seine Werke sind Teil öffentlicher Sammlungen, z. B. im Auckland Museum (Neuseeland), im Deutschen Goldschmiedehaus Hanau (Deutschland), im Le Arti Orafe (Italien) und im China Academy of Art Museum.
EMMA – Kreativzentrum Pforzheim
Das EMMA – Kreativzentrum Pforzheim ist die zentrale Plattform für Pforzheims Kreative. In einem ehemaligen Jugendstilbad an der Enz gelegen, bietet das Kreativzentrum auf einer Fläche von 3.000 Quadratmetern Werkstatt- und Coworking-Arbeitsplätze, Ateliers, Büros und Ausstellungsflächen. Auch die Stadt selbst zeichnet sich durch eine lebendige Kreativszene mit Schwerpunkt auf den Bereich Design aus. Zahlreiche Hochschulabsolventen, Existenzgründerinnen und -gründer, Freelancer und Unternehmen aus der Kreativwirtschaft arbeiten in Pforzheim und beleben den Standort.
„Designers in Residence“ wird unterstützt von der Sparkasse Pforzheim Calw, C. Hafner GmbH + Co. KG und dem Rotary Club Pforzheim-Schloßberg.
Kontakt:
Alexandra Vogt
Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim
Alexandra.vogt@ws-pforzheim.de
07231 391874