Eine Gruppe von 21 reisefreudigen Waldbronnern konnte drei Tage die Gastfreundschaft der Stadtilmer Freunde genießen. Sogar das Wetter hat entgegen aller Voraussagen mitgespielt.
Das erste Ziel war Mühlhausen im Norden des Landes. Nach einer staufreien Fahrt und einem guten Mittagessen im originellen Brauhaus Zum Löwen lernte die Reisegruppe bei einem sehr interessanten Rundgang diese historische Altstadt mit vielen Bürgerhäusern aus altem Fachwerk, einer nahezu vollständig erhaltenen Stadtmauer und 11 mittelalterlichen Kirchen ein wenig kennen. Aber auch viel Leerstand im Zentrum wurde neben Industriebauten gezeigt, in denen einst Gerber ihr Handwerk betrieben. Thomas Müntzer ist unweigerlich mit dem Namen
der Stadt verbunden und auch Johann Sebastian Bach.
Gegen Abend erreichte die Gruppe Stadtilm, das man herzlich begrüßte.
Am zweiten Tag ging es nach Großkochberg zum Wasserschloss, von dem heute nur noch das „Hohe Haus“ erhalten ist. Umrahmt von einer sehenswerten Parkanlage war es seinerzeit im Besitz der Freiherren von Stein. Es ist bekannt, dass seine Besitzerin gelegentlich Besuch von einem gewissen Herrn von Goethe erhielt, der den weiten Weg von Weimar (immerhin 30 km) oftmals per Pferd zurücklegte. Ein kleines Liebhabertheater mit 75 Plätzen bietet heute noch Konzerte und Theateraufführungen an. Bevor das Schloss besichtigt wurde, konnten die Besucher noch die kleine Dorfkirche besichtigen. Sie schmückt sich mit einer Holzdecke mit einem wunderschönen Deckengemälde sowie farbenfrohen Bildtafeln und einem Schnitzaltar aus dem Jahre 1490 aus der Saalfelder Schule. Es ist nachzulesen, dass in Thüringen ein großer Teil der kleinsten Dorfkirchen mit frohen Farben und aussagekräftigen Bildtafeln sowie wertvollen Schnitzaltären ausgestattet ist.
Am Nachmittag begann dann in Stadtilm auf der großen Wiese neben dem sehr schön renovierten Rathaus das erste Stadtilmer Stadtmauerfest. Vieles gab es zu sehen und zu probieren. Natürlich durften die Stadtilmer Bratwürste nicht fehlen. Eine Besonderheit ist der gut erhaltene Zinsboden. Im Jahr 1350 erbaut, diente er seinerzeit dem Zisterzienser Nonnenkloster (heute das Rathaus) als Naturalienlager. In seiner wechselvollen Geschichte war er ab 1890 ein Gefängnis und nach 1945 sogar Wohnquartier. Man lagerte auch wieder Getreide. Seit 1991 steht das imposante Gebäude leer und kann am Tag des Denkmals besichtigt werden. Vielleicht findet sich ja doch einmal wieder eine Nutzung, die dem Gebäude gerecht wird. Am Tag des Festes haben die Freunde des Stadtilmer Fotoclubs die
Räumlichkeiten für eine sehenswerte Fotoausstellung genutzt. Bürgermeister Lars Petermann begrüßte die zahlreichen Gäste, unter anderem auch die Waldbronner Freunde. Gudrun Baer berichtete von den mehr als zwei Jahre dauernden umfangreichen Recherchen zu den 13 Tafeln, die sowohl am Zinsboden als auch an verschiedenen Stellen der Stadtmauer angebracht worden sind und über die Geschichte Stadtilms Auskunft geben. Über ihre Arbeit hat sie am
Tag vorher bereits einen sehr interessanten Vortrag vor 200 Besuchern gehalten. Bereits dort wurden ihr weitere Materialien aus der Bevölkerung zugesagt, das heißt, die Arbeit geht sicherlich weiter! Und sie ist lobens- und lohnenswert. Leider konnte nur ein kleiner Teil den Zinsboden besichtigen, da immer nur 10 Personen gleichzeitig hineingelassen wurden.
Anschließend ging es weiter nach Kleinhettstedt. Dort konnten die Besucher das unter Denkmalschutz stehende Industriedenkmal Senfmühle Kleinhettstedt besichtigen. Das große gut erhaltene Fachwerkgebäude aus dem 16. Jahrhundert ist seit 1732 in 9. Generation im Besitz der Familie Morgenroth. Es hat selbst die DDR-Zeit überdauert. Die Besitzerin Elke Morgenroth hat in anschaulichen Worten den Werdegang geschildert und die Gruppe durch die Mühle geführt, die jetzt seit 1999 zunächst von Friedrich Morgenroth und jetzt vom Sohn als Senfmühle geführt wird. Neben der Senfmüllerei (der Herstellung) und dem Senfladen ist das schmucke Gebäude als Museum zu besichtigen. Zum Anwesen gehört noch ein Restaurant „Zum Mühlenwirt“, ein Mühlenladen mit Geschenkartikeln und zum Verweilen bei Kaffee und Selbstgebackenem sowie zwei große Ferienwohnungen. Das ganze Ensemble liegt in einer Talmulde direkt an der Ilm. Ein Abendessen beim Mühlenwirt rundete den Abend ab.
Sonntag hieß es nun schon wieder Abschied nehmen. Es wurde vereinbart, dass sich alle im kommenden Jahr am letzten Wochenende in April, also vom 25. bis 27.4., in Waldbronn wiedersehen wollen.
Die Freunde haben die Heimreisenden noch bis nach Ohrdruf begleitet. Ohrdruf liegt bereits auf dem Heimweg zur A71. Die Residenz- und Bachstadt mit ca. 1200 Einwohnern kann auf eine über 170-jährige Bachtradition zurückblicken. J.S. Bach hat hier nicht nur 5 Jahre bei seinem Bruder gelebt und das Orgelspiel erlernt, auch zahlreiche Familienmitglieder haben als Organisten, Kantoren und Superintendenten hier gelebt. Sehr sehenswert ist Schloss Ehrenstein, zwischen 1550 - 1950 errichtet, 2013 niedergebrannt und seit 2021 wiedereröffnet. Großartig und einmalig die Art der Ausstellungen, u.a. von der Familie Bach. Nach diesem letzten Höhepunkt und einem anschließenden Klößeessen ging es dann ohne Stau zurück nach Waldbronn.
Herzlichen Dank auch an den Busfahrer Pascal Cramer.
(Text Marianne Müller)