Das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Restaurant „Einhorn“ dürfte – laut verschiedener Recherchen – wohl die älteste immer noch betriebene Gaststätte der Region sein. In der Umgebung gab es sicherlich noch Wirtschaften mit früheren Nachweisen, aber diese Lokale existieren nicht mehr: etwa der „Schwanen“ von 1623 in Wiesental oder der geschichtsträchtige „Drachen“ von 1677 in Philippsburg, der 1985 einem Abriss zum Opfer gefallen ist.
Explizit wird das „Einhorn“ 1694 schriftlich erwähnt. Doch es dürfte eine längere Vorgeschichte haben. Als älteste noch vorhandene Gaststätte Deutschlands gilt ein Wirtshaus von 1658 im bayerischen Eilsbrunn. So der Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde.
1694 befand sich die Bastion Philippsburg in französischen Händen. Erst 1697 wurde die Stadt wieder deutsch – und zur Reichsfestung erklärt. Wirtin Lilia Siebert, im Besitz von allerlei Unterlagen, vermutet sogar eine 500-jährige Existenz. Denn bei der Volkszählung von 1530 tauchen zwei „Michel“ als Köche auf. Für sie liegt es nahe, dass sie damals zum Personal der wohl gutgehenden Herberge gehörten. In der Urkunde von 1694 ist ein Bernhard Bayer als Bürgermeister und Einhornwirt verzeichnet. 1712 stiftete er mit seiner Frau eine prachtvolle Monstranz, die heute zu den Kostbarkeiten der Pfarrkirche zählt.
1733 wurden die Wirte der Stadt, auch der vom Einhorn, beschuldigt, ein grassierendes Fieber mit Magenkrämpfen durch ausgeschenkten neuen Wein verursacht zu haben. Für Lokale mit Tanzangeboten bestand ein striktes Verbot für „Schleifen und Walzen“. Bei diesen Drehbewegungen, so die behördliche Warnung, komme es zu „Ausschweifungen“.
In der Stadtgeschichte spielte das Gebäude immer wieder eine wichtige Rolle. So diente es nicht nur als gut besuchte Einkehr, ein Teil als Rathaus im barocken Baustil. Von etwa 1705 bis 1748 betrieben mehrere Murmanns die außer der Gastwirtschaft noch bestehende Bäckerei. Im Biergarten versammelten sich aufmüpfigen Anhänger des Demokratischen Volksvereins während der Badischen Revolution 1848/49, heißt es in der Hauschronik. Wirt Konrad Hildenstab musste hinterher wegen seiner „Gastfreundlichkeit“ eine Gefängnisstrafe verbüßen.
1899 kam Großherzog Friedrich I. zur Einweihung des Salm- und Kriegerdenkmals nach Philippsburg und nahm an einem üppigen Festmahl im Einhorn teil. Auch Theateraufführungen fanden im Saal statt, so 1920 mit Genesius, ein Märtyrer aus der Zeit der Christenverfolgung. Daran beteiligten sich etwa 70 Schauspieler.
Beim markanten Einhorn in und an der Gaststätte handelt es sich um ein pferdeähnliches Fabelwesen mit einem Horn auf der Stirnmitte. Seit dem Mittelalter gilt es als das edelste aller Fabeltiere und steht als Symbol für das Gute, aber auch für Freiheit und Autonomie, für Reinheit und Heilkraft.
Am 19. Juli ist ein Ausstellungsabend mit historischen Bildern und Musik vorgesehen.
W. Schmidhuber