Das ist unangenehm: Sodbrennen, saures Aufstoßen und Brennen hinter dem Brustbein. So kann sich die Reflux-Krankheit äußern. Wenn die Beschwerden trotz einer Anpassung des Lebensstils und gezielter Verhaltensmaßnahmen bleiben, müssen Ärzte ran, Internisten, die den Patienten medikamentös behandeln und in speziellen Fällen Chirurgen, die die Problematik operativ angehen. In dieser Besetzung ging nun auch „Ärzte im Dialog“ im Aesculapium über die Bühne – die Leitenden Oberärzte Dr. Ulrich Schöll, Gastroenterologe, und Professor Dr. Silke Mertmann, Viszeralchirurgin, stellten dar, wie sie am Klinikum Landkreis Tuttlingen (KLT) Betroffenen mit modernsten Methoden behandeln.
„Sodbrennen ist ein sehr häufiges Problem“, erklärte Dr. Schöll. In der westlichen Welt leiden zwischen zehn und 20 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal pro Woche an saurem Aufstoßen. Besonders Schwangere haben gehäuft mit Sodbrennen zu tun. Unter krankhaftem Reflux leiden ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung. Ulrich Schöll: „Das ist also eine Volkskrankheit“. Die meist dann entsteht, wenn der Druck im oder auf den Magen hoch ist und der untere Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre beim Schlucken erschlafft. Dieser Muskel umfängt die Speiseröhre ringförmig und verhindert normalerweise, dass Magensäure zurückgelangt und der Nahrungsbrei ordentlich in den Magen transportiert wird.
Dass dieser Mechanismus streikt, kann viele Ursachen haben: Bei Übergewichtigen und Schwangeren begünstigt ein erhöhter Druck im Bauchraum die Refluxkrankheit, die auch durch eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der Speiseröhre oder einen Zwerchfellbruch ausgelöst werden kann. In diesem Fall rutscht der Magen aufgrund des Bruchs ein Stück nach oben in den Brustraum. Das Zwerchfell ist dann nicht mehr in der Lage, den Verschluss des Schließmuskels zu unterstützen.
Das ist ein Fall für Professor Mertmann und ihre Kollegen. Wie sie dann vorgeht, führte sie den Zuhörern im Aesculapium mit eindrucksvollen Videobildern aus dem Körperinneren vor, aufgenommen mit dem Laparaskop, einem speziellen Videoendoskop, das die Chirurgen tagtäglich verwenden, weil sie häufig minimalinvasiv operieren. „Es wird kaum noch offen operiert“, erklärte die Leitende Oberärztin der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie.
Allerdings wägen die Mediziner am Klinikum Landkreis Tuttlingen ganz genau ab, bevor ein Patient im OP landet. Dazu kommen Gastroenterologen und Chirurgen in einem Reflux-Board zusammen, einem Gremium, in dem sie die beste Therapie für den jeweiligen Patienten gemeinsam besprechen und festlegen. Entscheiden sich die Experten, dass eine medikamentöse Therapie zum Ziel führe, verordnen Dr. Schöll und seine Kollegen vor allem so genannte „Protonenpumpenhemmer“. Das sind Präparate, die die Produktion der Magensäure bremsen, indem sie ein spezielles Enzym blockieren. Landläufig werden sie auch als „Säureblocker“ bezeichnet.
Silke Mertmann betonte, dass man ohne internistische Abklärung keinesfalls operiere. Operiert wird dann meist, wenn der Patient sich entschieden habe, nicht lebenslang Säureblocker zu schlucken, oder wenn ein Zwerchfellbruch vorliegt. In schweren Fällen kann ein großer Teil oder sogar der gesamte Magen durch die Bruchstelle im Zwerchfell in die Brusthöhle verrutschen; das muss dann operativ korrigiert werden.
Das klassische OP-Verfahren bei Reflux ist die „Fundoplicatio“. Der Begriff geht auf das lateinische Wort „Fundus“ zurück, das in der medizinischen Fachsprache den oberen Teil des Magens bezeichnet. Denn bei der „Fundoplicatio“ wird eine Manschette aus dem Magen um die untere Speiseröhre gelegt, um den schwächelnden Verschlussmechanismus zu verstärken. Silke Mertmann und ihre Kollegen arbeiten allerdings auch mit Implantaten, die es seit geraumer Zeit gibt. Verwendet wird beispielsweise ein Magnetband, das mit dem Laparoskop am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen positioniert wird: Rutscht ein Klumpen mit Nahrungsbrei durch, werden die Magneten auseinander gerückt und ziehen sich danach wieder selbsttätig zusammen. Des Weiteren können die Chirurgen eine Art Ball in die obere Magenwand einnähen, der dann gegen das Zwerchfell drückt und den Schließmuskel der Speiseröhre in dessen natürlicher Position hält.
Ein ausgewiesener Spezialist auf diesem Gebiet ist auch Valery Kravtsunov, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, der sich den Vortrag seiner Kollegin Professor Dr. Mertmann nicht entgehen ließ und den interessierten Besuchern im Anschluss ebenfalls für Fragen zur Verfügung stand, wie es bei „Ärzte im Dialog“ üblich ist. Die beliebte Vortragsreihe wird nach der Sommerpause im Oktober fortgesetzt. Den Auftakt wird dann ein Podiumsgespräch zum Thema „Moderne Chirurgie“ im Gesundheitszentrum Spaichingen bilden.