
Musik solle in erster Linie Vergnügen bereiten, das Publikum direkt ansprechen und auf romantisierende Klangfülle möglichst verzichten, so eine Forderung des französischen Schriftstellers und Universalkünstlers Jean Cocteau zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts.
In diesem Sinne gestalteten die als Solisten weltbekannten Musiker Albrecht Mayer, Theo Plath gemeinsam mit dem Pianisten Fabian Müller ein Programm mit ausschließlich französischen Komponisten, die größtenteils mit ihren Werken diesen Ansprüchen folgten. Zum Vergnügen – da denkt man im Zusammenhang mit Frankreich doch gleich an das „Savoir-vivre“, diese besondere Lebensart und das raffinierte Zubereiten exquisiter Speisen, wie sie wohl nur Gott in Frankreich genießen soll. Ein besonderes Programm, das die Künstler für die seltene Besetzung mit Oboe, Fagott und Klavier zusammengestellt hatten.
Eröffnet wurde der französische Abend mit dem Trio von Jean Françaix. Nach zwei ungemein fetzig, mit Jazz-Rhythmen durchsetzten Anfangssätzen zeigten Mayer und Plath in den melancholisch gefärbten Passagen des Andante die ganze Klangfülle ihrer Instrumente, bevor ein duftig und leichtfüßig hingeworfenes Finale das effektvolle und eingängige Werk beschloss.
In „Interférences I“ von Roger Boutry für Fagott und Klavier hatte dann Theo Plath als Solist Gelegenheit, dem Publikum Virtuosität und klangliche Gestaltung auf dem Fagott in höchster Vollkommenheit zu präsentieren. Vom nicht minder genialen und auch in schwierigsten Passagen scheinbar mühelos agierenden Fabian Müller wurde er immer wieder unterbrochen – so das zu Beginn knapp erläuterte Konzept des kurzen, aussagestarken Werkes. Rasend schnelle Läufe bis in die höchsten Lagen des Instruments sowie abrupte Klangwechsel gelangen in gemeinsamer Perfektion, die das Publikum nur atemlos staunen ließ. Und wer es bis jetzt noch nicht bemerkt hatte: Das Fagott zeigte sich an diesem Abend nicht als der allgemein bekannte Großvater der Holzblasinstrumente, sondern vielmehr als äußerst agiler Jungspund, der viele Überraschungen parat hatte.
Im Zentrum des Kammermusikabends standen zwei Sonaten von Camille Saint-Saëns. Der bedeutendste französische Komponist des 19. Jahrhunderts hatte gegen sein Lebensende hin mehrere Werke für Holzbläser komponiert. Aus dieser Reihe spielte Albrecht Mayer zunächst die Sonate für Oboe und Klavier D-Dur op. 166. Mit heller und klarer Tongebung, perlenden Läufen und einer plastisch zupackenden Artikulation brachte Mayer dem begeisterten Publikum dieses spätromantische Werk nahe, das durch eine kurze Einführung mit einer Geschichte durch das Stück begleitet wurde.
Nach der Pause folgte das Pendant mit der Sonate für Fagott und Klavier G-Dur op. 168. Saint-Saëns hatte das sonst von den großen Komponisten aller Epochen eher vernachlässigte Instrument mit einem viersätzigen Werk gegenüber der oft das Orchester überstrahlenden Oboe ausführlicher bedacht. Der warm strahlende Klang des Fagotts war wunderbar homogen eingebettet in die Klangpassagen des Klaviers; Theo Plath und sein äußerst einfühlsamer Begleiter Fabian Müller agierten als ein homogenes Team, das alle Wendungen und Bögen der Musik wie aus einem Guss gleichsam gestaltete.
Dass Müller nicht nur als kongenialer Begleiter in den Palatin nach Wiesloch gekommen war, zeigte er in den beiden folgenden Stücken aus „Miroirs“ von Maurice Ravel. In „Oiseaux tristes“ konnten die Zuhörer Vögel beobachten, die sich in einem schattigen Waldstück vor der Hitze verbergen, während mit der „Alborada del gracioso“ ein Sänger, begleitet von einer in spanischen Rhythmen auftretender Banda, seine Liebe in einem etwas ungelenk wirkenden Solo auszudrücken versucht. Die beiden äußerst virtuosen Klavierstücke spielte Fabian Müller so anschaulich mit orchestraler Farbgebung, dass das Publikum Gitarren und Kastagnetten aus dem Klangbild des Flügels gleichsam heraushören konnte.
Am Ende dieses ganz besonderen französischen Menüs stand das Trio für Oboe, Fagott und Klavier von Francis Poulenc. Der Bogen zurück zu den Komponisten der Groupe des Six schloss sich also mit diesem selten gespielten Kammermusikwerk. Die im seelischen Befinden des Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts begründeten plötzlichen Stimmungswechsel malten die drei Künstler mit einerseits kräftig strahlenden Farben, dagegen standen zart dahin gehauchte Pastelltöne der lyrischen Abschnitte in großem Kontrast. Absolute rhythmische Klarheit auch in höchstem Tempo ließ das Publikum eine rasante Fahrt durch die Welt der Musik erleben. Am Ende dieses opulenten musikalischen Menüs folgte dann nach begeistertem Applaus noch ein kleiner „Gruß aus der Küche“, eine Bearbeitung des bekannten „Abendsegens“ für die drei Musiker, verbunden mit einer Improvisation des auch als Komponist agierenden Pianisten Fabian Müller als Zugabe. (woth)