Bürgermeisteramt Leingarten
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Aus den Rathäusern

Alle Fragen und Antworten zu den Musterverfahren des Bundes der Steuerzahler und den neuen Grundsteuerbescheiden von den Kommunen

1. Musterverfahren Bereits im Dezember 2022 wurde die erste vom Bund der Steuerzahler und den Verbänden Wohneigentum und Haus und Grund unterstützte...

1. Musterverfahren

Bereits im Dezember 2022 wurde die erste vom Bund der Steuerzahler und den Verbänden Wohneigentum und Haus und Grund unterstützte Musterklage gegen das Landesgrundsteuergesetz vor dem Finanzgericht (FG) eingereicht. Im Juni 2024 fand nun die mündliche Verhandlung in diesem und in einem im August 2023 eingereichten Musterverfahren in Stuttgart statt. Das Finanzgericht hat beide Klagen abgewiesen, die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung aber zugelassen und inzwischen eingelegt. Die Aktenzeichen für die beiden beim BFH anhängigen Klagen lauten II R 26/24 und II R 27/24. Des Weiteren sind noch zwei weitere Klagen beim Finanzgericht Baden-Württemberg anhängig (8 K 1860/24 sowie 2 K 351/24).

1. Worum geht es in den beiden beim BFH anhängigen Fällen?

Im Fall 1 handelt es sich um eine Doppelhaushälfte (Baujahr 1938) in Stuttgart, die Grundstücksgröße beträgt ca. 400 qm. Ein Teil des Gartens wird zum Obst- und Gemüseanbau genutzt und dient Bienen und anderen Insekten als Futterquelle. Der Bodenrichtwert beträgt 1.400 Euro je Quadratmeter und wird in der Höhe im Wesentlichen nicht bestritten. Im zweiten Fall hat das Grundstück eine Größe von ca. 1.100 qm. Es ist rechteckig geschnitten, wobei es etwa 63 m lang und 17 m breit ist. Auf dem Grundstück, das im Alleineigentum einer Rentnerin ist, befindet sich ein Zweifamilienhaus. Beide Wohnungen sind vermietet. Der Gutachterausschuss hat für das Grundstück in seinen Erläuterungen zur Ermittlung der Bodenrichtwerte angegeben, dass der volle Bodenrichtwert nur bis zu einer Grundstückstiefe von 40 m anzusetzen sei. Die darüber hinausgehende Fläche ist nach Auffassung des Gutachterausschusses nur mehr zu 33 Prozent anzusetzen. Gesonderte Bodenrichtwertzonen wurden nicht gebildet, sodass sich das Grundstück komplett innerhalb der Bodenrichtwertzone 510 Euro/qm befindet. Die Klägerin hatte in ihrer Feststellungserklärung auf die Differenzierung durch den Gutachterausschuss hingewiesen, das Finanzamt hatte eine Differenzierung mit Hinweis auf den Gesetzeswortlaut abgelehnt.


2. Welche Rechtsfragen wurden erörtert?

Anders als in allen anderen Bundesländern knüpft die Landesgrundsteuer in Baden-Württemberg als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuerbelastung alleine an den Bodenrichtwert und die Größe des Grundstücks an. Nach Auffassung der Kläger ist das reine Abstellen auf den Grund und Boden gleichheitswidrig. Die Kläger sehen ihre Auffassung durch ein Gutachten von Prof. Dr. Gregor Kirchhof bestätigt, der die Landesgrundsteuer Baden-Württemberg aus mehreren Gründen für verfassungswidrig hält. So spielt es keine Rolle, ob auf dem Grundstück kein Haus, ein altes Einfamilienhaus aus den 30er-Jahren oder ein Reihenhaus aus den 70er-Jahren, eine uralte oder höchst moderne Villa oder sogar ein Mehrfamilienkomplex gebaut ist.

3. Sind die Bodenrichtwerte korrekt?

Weiterhin wurde die Frage untersucht, wie die Bodenrichtwerte ermittelt werden. Dabei ging es darum, wie viele Verkaufsfälle es gab und ob die gesetzlichen Vorgaben für die Bewertung eingehalten sind. Die Gutachterausschüsse sind nicht weisungsgebunden, sodass die Gutachterausschüsse die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben selbst verantworten. Im Musterfall 2 hatte der Gutachterausschuss zur Anwendung der Bodenrichtwerte ausdrückliche Hinweise gegeben, wonach bei übertiefen Grundstücken Abschläge vom Bodenrichtwert vorgenommen werden müssen, die aber vom Finanzamt mit Verweis auf das Gesetz nicht beachtet wurden. Daher stellte sich für die Klägerin die Frage, ob diese wertbeeinflussenden Merkmale zwingend bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts für Zwecke der Grundsteuer berücksichtigt werden müssen.

4. Was bedeutet die Entscheidung des Finanzgerichts für mich?

Die Klageabweisung bei gleichzeitiger Zulassung der Revision bedeutet, dass die Rechtsfragen weiterhin „offen“ sind. Die Finanzämter werden daher Einsprüche gegen die Grundsteuerwertbescheide weiterhin ruhen lassen. Dies bedeutet aber nicht, dass das weitere Verfahren der Grundsteuererhebung aufgehalten wird. Die Grundstückseigentümer werden daher Ende 2024 bzw. Anfang 2025 den Grundsteuerbescheid von der Kommune erhalten.

5. Lange Verfahrensdauer

Erst das Bundesverfassungsgericht kann über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Landesgrundsteuer entscheiden. Die Verfahrensdauer vor dem BFH beträgt durchschnittlich ein bis zwei Jahre. Bis zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht werden weitere Jahre vergehen. Insgesamt muss mit einer Verfahrensdauer von fünf bis zehn Jahren gerechnet werden.

6. Gutachten prüfen

Da die neue Grundsteuer daher (zunächst) zu zahlen sein wird, sollten Eigentümer, die davon ausgehen, dass der Wert ihres Grundstücks um mehr als 30 Prozent vom durch das Finanzamt festgestellten Wert abweicht, prüfen, ob ein Gutachten rentabel ist. Einige Gutachterausschüsse bieten für Zwecke der Grundsteuer sog. Kurzgutachten an, die erheblich günstiger sind als sog. Vollgutachten.

Hat der Eigentümer Einspruch gegen seinen Grundsteuerwertbescheid eingelegt, kann ein Gutachten jederzeit eingereicht werden. Wer keinen Einspruch eingelegt hat, sollte prüfen, ob eine Wertfortschreibung in Betracht kommt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung von Gutachten ist der Zeitpunkt der Antragstellung auf Festsetzung eines niedrigeren Wertes beim zuständigen Finanzamt. Die Wertfortschreibung wird dann im Folgejahr berücksichtigt. Aber im Jahr 2025 gibt es eine Billigkeitsmaßnahme der Finanzverwaltung.

Sonderregelung des Finanzministeriums: Wird das Gutachten bis zum 30. Juni 2025 beauftragt, wird es vom Finanzamt rückwirkend zum 1. Januar 2025 berücksichtigt – unabhängig davon, wann der Antrag beim Finanzamt gestellt oder das Gutachten eingereicht wurde. Wichtig ist, dass das Auftragsdatum im Gutachten vermerkt ist.


2. Grundsteuerbescheid von der Kommune

In den nächsten Wochen, ggf. auch Monaten, werden voraussichtlich die Hebesätze der Kommunen bekannt gegeben. In der Folge werden die Grundstückseigentümer einen Grundsteuerbescheid von der Kommune erhalten. Hier einige Fragen und Antworten zum neuen Grundsteuerbescheid:

1. In welcher Größenordnung wird voraussichtlich der neue Hebesatz sein?

Ursprünglich haben die Kommunen versprochen, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral umgesetzt werden soll und dementsprechend die Hebesätze angepasst werden sollen. Der Bund der Steuerzahler hat bewirkt, dass die aufkommensneutralen Hebesätze für die Grundsteuer B in einem Transparenzregister veröffentlicht werden sollen. Dieses findet sich unter dem Link fm.baden-wuerttemberg.de/de/ steuern/grundsteuer-dossier/transparenzregister. Diese Hebesätze sind allerdings nicht rechtsverbindlich. Sie können somit nur einer ersten Orientierung dienen.

2. Wie ermittle ich die konkrete betragsmäßige Grundsteuerbelastung für mein Grundstück, wenn der Hebesatz veröffentlicht ist?

Nehmen Sie den Grundsteuermessbescheid und multiplizieren Sie den Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz für die Grundsteuer B und teilen Sie ihn durch 100.

Beispiel: Der Grundsteuermessbetrag beläuft sich auf 300 Euro. Der Hebesatz der Kommune beträgt 350 Prozent. 300 Euro * 350 : 100 = 1.050 Euro Grundsteuer.

3. Ab wann gilt dieser?

Die neue Grundsteuer gilt ab 2025. Wie bisher wird die Grundsteuer in Vierteljahresraten fällig, sodass die Grundsteuer zu je einem Viertel ihres Jahresbetrags am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig wird. Für Kleinbeträge (i.d.R. betrifft dies die Grundsteuer A) kann es abweichende Regelungen geben, sodass beispielsweise ein Jahresgrundsteuerbetrag bis zur Höhe von 15 Euro in einem Betrag fällig wird.

4. Ich habe gegen meinen Grundsteuerwertbescheid, den ich vom Finanzamt bekommen habe, rechtzeitig Einspruch eingelegt. Warum bekomme ich jetzt trotzdem noch einen Grundsteuerbescheid mit Zahlungsaufforderung von der Kommune?

Der Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid ruht zwar. Dennoch läuft das Grundsteuererhebungsverfahren ganz normal weiter. Will man dies verhindern, muss man zusätzlich zum Einspruch eine „Aussetzung der Vollziehung“ beantragen. Nur dann würde das weitere Verfahren gestoppt. Die Finanzämter lehnen Anträge auf Aussetzung der Vollziehung bei Einsprüchen wegen der Verfassungsmäßigkeit derzeit ab. Sie berufen sich dabei auf die Rechtsprechung des BFH, wonach bei verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrundeliegenden Norm, die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung voraussetzt, dass ein besonderes Aussetzungs- bzw. Aufhebungsinteresse des Antragstellers besteht. Dies müsste im Einzelfall begründet werden und höher zu gewichten sein als das Interesse der Kommune an einer verlässlichen Haushaltsführung. Das FG Baden-Württemberg hat in seiner Presseerklärung Nr. 1/2024 vom 11.6.2024 zu den Urteilen 8 K 2368/22 und 8 K 1582/83 angedeutet, dass es das Vollzugsinteresse der jeweiligen Kommune an einem geordneten Städtehaushalt höher einstuft als das Aussetzungsinteresse der Eigentümer. Dies hat das FG auch in seinem Aussetzungsbeschluss vom 20.11.2024 bestätigt (Az. 8 V 1469/24). Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass das Finanzamt, das Finanzgericht oder die Kommune die Zahlung in diesen Fällen aussetzen. Die Grundsteuer muss demnach gezahlt werden.

Sollte man jedoch ein Gutachten vorlegen können, welches für das Grundstück eine Wertabweichung von mehr als 30 Prozent attestiert, kann eine Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Nach der kürzlich ergangenen Rechtsprechung des BFH müsste dem auch stattgegeben werden (Az. II B 79/23 (AdV)).

5. Muss bzw. soll ich gegen den kommunalen Grundsteuerbescheid für 2025, der erst mal nach neuem Recht erlassen wird, Einspruch einlegen?

Die Grundsteuer wird in einem dreistufigen Verfahren erhoben. Der Grundsteuerwertbescheid bildet den Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbescheid, welcher wiederum der Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid der Kommune ist. Einsprüche wegen grundsätzlicher Erwägungen, beispielsweise bei einem Zweifel bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer, müssen immer gegen den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Dies ist in diesem Fall der Grundsteuerwertbescheid. Ein Einspruch gegen diesen Bescheid war innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids möglich. Daher ist wegen „lediglich“ verfassungsrechtlichen Bedenken kein zusätzlicher Rechtsbehelf gegen den Grundsteuerbescheid der Gemeinde erforderlich und auch nicht angezeigt.

Dennoch sollte man den Grundsteuerbescheid der Kommune prüfen. Sollte sich herausstellen, dass beispielsweise ein falscher Grundsteuermessbetrag verwendet wurde, sollte Widerspruch (Achtung: nicht Einspruch) gegen den Grundsteuerbescheid der Kommune eingelegt werden. Wird der Fehler von der Kommune korrigiert, ist der Widerspruch kostenfrei.

Liegt kein Fehler vor, ist ein Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid bei der Kommune zwar grundsätzlich möglich, er kann sich aber ausschließlich gegen die Höhe des Grundsteuerhebesatzes richten. Hierzu sollte man wissen, dass die Kommunen, genauer der Gemeinde- oder Stadtrat, weitgehend frei sind in der Festlegung des Hebesatzes.

Das Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg ermöglicht es den Kommunen, unter bestimmten Bedingungen ab 2025 eine Grundsteuer C, mithin einen gesonderten Hebesatz für unbebaute, aber baureife Grundstücke, zu erheben. Sollte die Kommune bei einem Grundstück einen gesonderten Hebesatz für die Grundsteuer C anwenden, sollte geprüft werden, ob die Voraussetzungen für diesen Hebesatz gegeben sind.

Bitte beachten Sie, dass der Widerspruch bei der Kommune, anders als der Einspruch beim Finanzamt, kostenpflichtig ist, sofern der Widerspruch keinen Erfolg hat. Die Höhe der Gebühr hängt unter anderem von der Gebührensatzung der Kommune ab.

6. Gegenüber wem und in welcher Form und in welcher Frist ist dieser Widerspruch einzulegen?

Wer gegen den Grundsteuerbescheid der Kommune Widerspruch einlegen möchte, kann dies formlos unter Angabe seines Buchungszeichens bei der Kommune tun. Der Widerspruch muss entweder schriftlich (mit eigener Unterschrift), in elektronischer Form mit von der Kommune anerkannter Signatur oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden. Ein Anruf bei einem Mitarbeiter der Behörde mit der Bitte um Protokollierung des Anliegens oder die Zusendung einer E-Mail reichen hierfür nicht aus. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat. Für den Widerspruch ist grundsätzlich die Gemeinde zuständig, die den Grundsteuerbescheid erlassen hat – es sei denn, in der sog. Rechtsbehelfsbelehrung steht etwas anderes.

7. Hat der Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid der Kommune aufschiebende Wirkung oder muss ich den Grundsteuerbescheid dennoch bezahlen?

Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Die Grundsteuer muss trotzdem bezahlt werden. Will der Betroffene die Grundsteuer nicht bezahlen, muss er zusätzlich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen.

Will man die Zahlung der Grundsteuer verhindern, könnte man alternativ für den Grundsteuerwertbescheid beim Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Dies ist aber nur möglich, wenn zuvor rechtzeitig beim Finanzamt Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid eingelegt wurde. Würde die Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids ausgesetzt, würde dies auch bedeuten, dass die Grundsteuer bei der Kommune nicht bezahlt werden muss, weil der Grundsteuerbescheid ein Folgebescheid des Grundsteuerwertbescheids ist. Derzeit lehnen die Finanzämter Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab.

Sollte man jedoch ein Gutachten vorlegen können, welches für das Grundstück eine Wertabweichung von mehr als 30 Prozent attestiert, kann eine Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Nach der kürzlich ergangenen Rechtsprechung des BFH müsste der Aussetzung auch stattgegeben werden (Az. II B 79/23 (AdV)).

Bitte beachten Sie, dass für einen ausgesetzten Steuerbetrag Aussetzungszinsen in Höhe von 0,5 Prozent je vollem Monat, d. h. 6 Prozent pro Jahr fällig werden. Diese muss der Steuerzahler zahlen, sofern sein Einspruch bzw. Widerspruch nicht erfolgreich ist.


8. Muss ich gegen den kommunalen Grundsteuerbescheid auch dann (nochmals) Widerspruch einlegen, wenn ich dies schon gegen den Grundsteuermess- und/oder -wertbescheid getan habe?

Dies ist nur notwendig, wenn im Widerspruchsverfahren bei der Kommune gegen den Hebesatz vorgegangen werden soll oder der Bescheid der Kommune einen Fehler enthält (z. B. falscher Messbetrag) (siehe Antwort auf Frage Nr. 10). Geht es generell um die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer, ist durch den Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid auch der Grundsteuerbescheid bei der Kommune in dieser Frage automatisch „offen“.

9. Ist es sinnvoll bzw. erforderlich, dass ich die Kämmerei der Kommune, die den Grundsteuerbescheid erlässt, auf meinen Einspruch, den ich gegen den Grundsteuerwert- und/oder -messbescheid eingelegt habe, hinweist?

Aus unserer Sicht ist dies nicht erforderlich, da die Kommune nur das nachvollziehen kann, was ihr vom Finanzamt vorgegeben wird. Stellt sich irgendwann heraus, dass der Einspruch beim Finanzamt gegen den Grundsteuerwertbescheid erfolgreich ist, wird der Grundsteuerwertbescheid geändert oder aufgehoben. In der Folge wird der Grundsteuermessbescheid ebenfalls geändert bzw. aufgehoben. Zuletzt vollzieht die Kommune dann die Änderung des Grundsteuermessbescheids im Grundsteuerbescheid der Kommune automatisch nach.

10. Macht es Sinn, gegen den kommunalen Grundsteuerbescheid auch dann Widerspruch einzulegen, wenn ich einen solchen gegen den Grundsteuerwert- und/oder -messbescheid nicht eingelegt habe?

Dies macht nur Sinn, wenn gegen den Grundsteuerbescheid gesonderte Einwendungen vorgebracht werden sollen, die sich daraus ergeben, dass der Bescheid einen Fehler (z. B. falscher Grundsteuermessbetrag wurde verwendet) enthält oder wegen der Höhe des Hebesatzes (siehe Antwort zu Frage 3). Wegen grundsätzlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer kann nicht erstmals gegen einen Folgebescheid Einspruch eingelegt werden. Diese Einwendungen hätten innerhalb der Einspruchsfrist gegen den Grundlagenbescheid, mithin den Grundsteuerwertbescheid vorgebracht werden müssen.

Fläche in qm x Bodenrichtwert

Einspruch kann nur gegen das eingereicht werden, was im jeweiligen Bescheid erstmals festgesetzt wird: Grundsteuerwertbescheid vom Finanzamt:

= Grundsteuerwert

Grundsteuermessbescheid vom Finanzamt:

Steuermesszahl

Grundsteuerwert x = Grundsteuermessbetrag

Grundsteuerbescheid von der Kommune:

Grundsteuermessbetrag x Hebesatz = Grundsteuer

11. Ich kann die Grundsteuer nicht bezahlen, da ich nur ein sehr geringes Einkommen habe. Was kann ich tun?

Sie können auf Ihre Kommune zugehen und einen ganzen oder teilweisen Erlass der Grundsteuer beantragen. Der Erlass der Grundsteuer wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag auf Erlass muss in der Regel bis zu dem auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März gestellt werden. Für die Grundsteuer 2025, also spätestens bis zum 31.3.2026. Der Erlassantrag ist an die Kommune zu richten. Dort entscheidet dann der Gemeinde- bzw. Stadtrat über den Erlass. Wie die Kommunen mit diesen Anliegen umgehen werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Es ist aber davon auszugehen, dass im Einzelfall eine für die Existenz bedrohliche Höhe der Grundsteuer durch Belege über die eigene wirtschaftliche Situation nachgewiesen werden muss. Dann kann der Gemeinde- bzw. Stadtrat über einen (Teil-)Erlass der Grundsteuer befinden.

12. Was muss ich tun, wenn ich bis zum 15. Februar 2025 noch keinen neuen Grundsteuerbescheid von meiner Kommune erhalten habe? Soll ich den alten Betrag bezahlen?

Die Grundsteuer auf Basis der alten Einheitswerte darf ab 2025 nicht mehr erhoben werden. Sie sollten also abwarten, bis der neue Bescheid kommt. Der Hebesatz in der Kommune kann im Grundsatz rückwirkend auf den 1. Januar bis 30.6.2025 festgelegt werden. Es kann daher sein, dass ein Grundsteuerbescheid der Kommune erst später im Jahr 2025 bei Ihnen eintrifft.


13. Bei Mietverhältnis: Es ist davon auszugehen, dass über die Themen der Musterklagen vor dem Bundesverfassungsgericht und/oder dem Landesverfassungsgericht erst zu einem späteren Zeitpunkt, vermutlich 2026/2027 oder noch später, entschieden wird. Bis dahin werden mehrere Grundsteuerbescheide der Kommune ergehen, die dann auch in der jeweiligen Betriebskostenabrechnung an die Mieter weiterzugeben sind. Sollten die Klagen Erfolg haben und die neue Grundsteuer in ihrem System keinen Bestand haben und es deswegen auf kommunaler Ebene nachlaufend zu Korrekturen kommen, muss dies gegenüber dem Mieter korrigiert werden und wenn ja, wie?

Bei einer Grundsteuernachberechnung ist zwischen dem Leistungs- und Abflussprinzip zu unterscheiden. Welche Methode für die jeweilige Kostenart zur Anwendung kommt, wird im Mietvertrag vereinbart oder vom Vermieter mit der ersten Betriebskostenabrechnung festgelegt. Liegt der Abrechnung das Kalenderjahr zugrunde, mag diese Unterscheidung in der Praxis keine Relevanz haben. Erhält und begleicht der Vermieter im Jahr 2027 eine Grundsteuernachforderung für die Jahre 2025 und 2026 und gilt für diese Kostenposition das Leistungsprinzip, so sind die Abrechnungen der Jahre 2025 und 2026 nachträglich zu korrigieren. Diese Vorgehensweise ist auch in Bezug auf einen bereits ausgezogenen Mieter zu bevorzugen, da so die Belastung desjenigen erfolgt, welcher in der maßgeblichen Zeit gewohnt hat. Dies hat zur Folge, dass eine Abrechnung auch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses geändert werden kann.

14. Bei Mietverhältnis: Kann bei einer nachlaufenden Erhöhung diese zu einem späteren Zeitpunkt noch von den Mietern ersetzt / verlangt werden, auch wenn die 12-monatige Abrechnungsfrist abgelaufen ist?

Grundsätzlich hat der Vermieter die Abrechnung der Betriebskosten innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes dem Mieter zuzustellen.

Nachforderungen nach Ablauf der Abrechnungsfrist sind nur ausnahmsweise möglich, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat.

Nach Begründung des Gesetzesentwurfs zur Mietrechtsreform ist diese Ausnahmeregelung gerade mit Rücksicht auf die Fälle eingefügt worden, bei welchen Steuern und Abgaben er nach Ablauf des Abrechnungszeitraums festgesetzt werden. Der Vermieter darf jedoch nach Erhalt der Grundsteuernachberechnung nicht unbegrenzt warten, bis er die Abrechnung erstellt bzw. die Nachforderung erhebt. Der Bundesgerichtshof ist dabei der Auffassung, dass es dem Vermieter zuzumuten ist, die Nachforderung innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis der Nachforderung geltend zu machen. Sollte der Vermieter auch diese Frist versäumen, wäre er mit der Nacherhebung endgültig ausgeschlossen.

15. Bei Mietverhältnis: Muss bei einer späteren Herabsetzung die Erstattung an den Mieter weitergegeben werden?

Ja. Spätere Erstattungen müssen an die Mieter des betroffenen Zeitraums ausbezahlt werden, was sogar nach Beendigung des Mietverhältnisses gilt (siehe auch 13.).

16. Bei Mietverhältnis: Ist es sinnvoll, einen Vorbehalt zur Grundsteuer in die Betriebskostenabrechnung aufzunehmen?

Aus Gründen der Transparenz und des Vertrauensverhältnisses zwischen Vermieter und Mieter ist es immer sinnvoll, den Mieter über Maßnahmen hinsichtlich der Grundsteuer in der Abrechnung zu informieren. Da bei Wohnungen und Häusern mit großem Grundstücksanteil mit deutlichen Grundsteuererhöhungen zu rechnen ist, sollten die Mieter darüber informiert werden, wenn der Grundsteuerwertbescheid auf den 1.1.2022 oder ein geänderter späterer Grundsteuerwertbescheid in späteren Jahren offen gehalten wurde, um eine niedrigere Grundsteuerzahllast zu erlangen, sollten die Musterverfahren gegen die Grundsteuer erfolgreich sein.

Quelle: Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg

Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg hat diesen Text zur Verfügung gestellt

Erscheinung
Amtsblatt der Stadt Leingarten
NUSSBAUM+
Ausgabe 05/2025

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