Radsport

Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC)

Fahrt in die Odenwälder Unterwelt Warum werden Zwerge in Märchen und Sagen aus dem Mittelalter so oft als Bergleute dargestellt? Man kennt es aus „Schneewittchen...
Zwei Dutzend Interessierte fahren mit dem Fahrradclub.
Zwei Dutzend Interessierte fahren mit dem Fahrradclub.Foto: Reck

Fahrt in die Odenwälder Unterwelt

Warum werden Zwerge in Märchen und Sagen aus dem Mittelalter so oft als Bergleute dargestellt? Man kennt es aus „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, aus dem Nibelungenlied und auch aus vielen späteren Fantasy-Geschichten etwa von J.R.R. Tolkien, aber woher kommt diese Idee? Dieser und vielen anderen Fragen gingen kürzlich zwei Dutzend Teilnehmer einer Radtour des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) an den Rand des Odenwalds auf die Spur.

ADFC-Tourguide Florian Reck hatte nämlich dazu eingeladen, sich gemeinsam auf die Spuren des historischen Bergbaus im Rhein-Neckar-Kreis zu begeben. „Ich kenne mich als Zugezogener ja in der Region nur bedingt aus – und wenn ich etwas entdecke, was ich interessant finde, dann versuche ich, das in eine Tour einzubinden, die auch andere interessieren könnte“, erklärt der Fahrradaktivist zu Beginn der Tour. „Im Grunde biete ich also die Tour nur an, weil mich das Abenteuer lockt“, meint er zudem mit einem Grinsen. Nach einer gemütlichen Etappe über Ladenburg nach Weinheim-Hohensachsen, zeigt sich: Diese Abenteuerlust teilt der Tourguide mit den Grubenführern Eberhard Baran, Ludwig Meitzler und Markus Gnirß von der Arbeitsgemeinschaft Altbergbau Odenwald. „Es gibt hier noch viele unerforschte Stollen und Schächte, die es zu erkunden gilt“, erzählen die Ehrenamtlichen ihren radfahrenden Gästen in mitreißender Begeisterung, ehe es zur Sache geht: In drei Gruppen aufgeteilt, erfahren die Teilnehmer der Exkursion spannendes zur Geschichte des Bergbaus, zur erdgeschichtlichen Entwicklung des Odenwaldes und natürlich zur Grube Marie in der Kohlbach, dem Forschungs- und Besucherbergwerk, dass die Arbeitsgemeinschaft oberhalb von Hohensachsen mit viel Leidenschaft betreibt.

Silberbergwerk

„Es wird auch tatsächlich noch mit archäologischer Akribiegegraben“, erfahren die Besucher. „Das Silberbergwerk, in dem vor allem Bleiglanz abgebaut wurde, hat sich zwar nie rentiert und es wurden nur minimale Mengen an Silber gefördert, aber heute können wir hier wertvolle Erkenntnisse über den Bergbau finden.“ Besonders beeindruckend für die Besucher, die jeweils in Gruppen von acht Personen ins Bergwerk einfuhren, war neben einer Harnischfläche, an der das „Abrutschen“ von Gesteinsschichten im Zuge der Absenkung des Oberrheingrabens beobachtet werden kann, der Blick in die Tiefe: Dorthin, wo das mittelalterliche Bergwerk im 18ten Jahrhundert erweitert wurde. Derzeit arbeitet die Arbeitsgemeinschaft daran, einen tieferen Stollen zur Entwässerung der tiefergelegenen Bergwerksteile freizulegen. Das allerdings ist mit einigen Hindernissen verbunden und sei durchaus aufwändig – aber eben auch immer wieder aufregend. Nach insgesamt guten zwei Stunden machte sich die Radgruppe wieder auf den Weg: entlang der Weinberge fuhr die Gruppe weiter nach Schriesheim, wo es ganz anders, aber ebenfalls abenteuerlich weiter ging. In der Grube Anna-Elisabeth erfuhren die Teilnehmer noch mehr über den Bergbau und durften nicht zuletzt in den engen Stollen und Schächten herumklettern und über freigelegte und kunstvoll beleuchtete Kavernen staunen. Dort erfuhr die Gruppe auch von einer der ersten Formen von gewisser „Inklusion“: In den Bergwerken wurden einfachere Tätigkeiten schon im Mittelalter auch von blinden Menschen ausgeübt. Zwar war das harte Arbeit, aber Bergleute waren durchaus angesehen und hatten Freiheiten, die nur wenige andere Berufsstände genossen – so waren Bergleute keine Leibeigenen und konnten frei entscheiden, wem sie ihre Dienste anboten. Allerdings ist die Geschichte des Bergbaus auch eine Geschichte der Unglücke und natürlich der Kinderarbeit: auch 12-Jährige schufteten in den Gruben im Odenwald in fast vollständiger Dunkelheit und ein hohes Alter erreichte kaum ein Bergmann. „Da sieht man mal wieder, wie gut wir es zumindest in Deutschland heute eigentlich haben“, kommentiert das eine Besucherin.

Mit Begeisterung dabei

Nachdem die Gruppe etliche Meter oberhalb des „Mundlochs“, des Eingangs zum Bergwerk, ausgefahren war, pedalierten sie durch die romantischen Weinberge unterhalb der Strahlenburg und des Odenwalds über Dossenheim und Heidelberg zurück in die Spargelstadt. Insgesamt herrschte große Begeisterung über das Erlebte, auch wenn die Runde dem einen oder anderen Teilnehmer doch etwas zu lang war. Der ADFC will die Tour im kommenden Jahresprogramm in leicht abgewandelter Version erneut anbieten, sodass sie Neulingen und Wiederholungsradlern etwas bietet. „Ich kann allen, die diese tolle Erlebnistour verpasst haben, nur empfehlen, nächstes Jahr an mitzufahren, um zu erleben, was es nun mit den sieben Zwergen wirklich auf sich hat“, rät Florian Reck, der sich zufrieden zeigt: „Die Kooperation verschiedener Vereine untereinander ist wichtig, wenn wir das Vereinsleben, wie es ist, nachhaltig erhalten wollen“, so der Aktivist. Die Ortsgruppe des ADFC freue sich deshalb, der Arbeitsgemeinschaft Altbergbau Odenwald aus den freiwilligen Spenden der Teilnehmer ein Dankeschön von 110 Euro zusagen zu können, mit dem zum Beispiel Material für die weiteren Projekte des Vereins angeschafft werden könne. (red)

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