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Allgemeinverfügung

Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis als untere Wasserbehörde erlässt gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz...
Landratsamt

Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis als untere Wasserbehörde erlässt gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 2 Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG), § 21 Abs. 2 WG und § 35 Satz 2 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) folgende

Allgemeinverfügung

1. Der wasserrechtliche Gemeingebrauch gemäß § 20 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) wird hiermit im Rems-Murr-Kreis wie folgt eingeschränkt:

Die Entnahme von Wasser aus allen oberirdischen Gewässern im gesamten Rems-Murr-Kreis wird hiermit bis auf weiteres untersagt. Dies gilt für jegliche Form der Wasserentnahme.

Die gemäß § 8 Absatz 2 und 3 WHG zulässige Wasserentnahme zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit, z.B. zum Schutz von Leib und Leben im Falle eines Brandes, bleibt von dieser Allgemeinverfügung unberührt.

2. Die mit wasserrechtlicher Erlaubnis des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis zugelassenen Wasserentnahmen aus oberirdischen Gewässern zum privaten Zweck der Bewässerung, insofern diese keine pegelstandsgebundene Nebenbestimmung zur Einschränkung der Entnahme in Niedrigwasserzeiten enthalten, werden bis zum Außerkrafttreten dieser Allgemeinverfügung untersagt.

3. Die Entnahme von Grundwasser aus Quellen und Brunnen, die zu einem oberirdischen Gewässer werden oder diesem zugeführt werden, wird hiermit bis zum Außerkrafttreten dieser Allgemeinverfügung untersagt.

Dies betrifft nicht die Grundwasserentnahmen, für die eine wasserrechtliche Erlaubnis vorliegt.

4. Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird hiermit angeordnet.

5. Die Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft und gilt zunächst bis zum 30.09.2025.

6. Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis, Amt für Umweltschutz, als untere Wasserbehörde, kann auf Antrag eine widerrufliche Ausnahme von dieser Allgemeinverfügung erteilen, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern oder das Verbot bzw. die Beschränkung im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt.

II. Begründung:

Rechtsgrundlage dieser Allgemeinverfügung sind § 21 Abs. 2 WG und § 35 Satz 2 LVwVfG. Die Zuständigkeit des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis als untere Wasserbehörde ergibt sich aus § 82 Abs. 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 WG, § 15 Abs. 1 Nr. Landesverwaltungsgesetz Baden-Württemberg und § 3 Abs. 1 LVwVfG.

Danach kann der Gemeingebrauch aus Gründen des Wohles der Allgemeinheit, insbesondere der Ordnung des Wasserhaushaltes oder des Schutzes der Natur, geregelt, beschränkt oder verboten werden.

Die unter Nummer 1 geregelte Beschränkung des Gemeingebrauches, hat den Zweck die Gewässer im Rems-Murr-Kreis vor weiteren Störungen durch die Verringerung der Wasserführung zu schützen und eine Verschlechterung der derzeit kritischen Gewässerstände zu vermeiden. Sie ist erforderlich, um bei der derzeit anhaltenden außerordentlichen Trockenheit die Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern vor Schaden zu bewahren. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich.

Nummer 2 der Allgemeinverfügung erfolgt vor dem Hintergrund, dass die untere Wasserbehörde nach pflichtgemäßen Ermessen die Maßnahmen anordnet, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes zu vermeiden oder zu beseitigen. Wasserentnahmen, die über den Gemeingebrauch hinausgehen, bedürfen gemäß §§ 8 und 9 WHG einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Die Regelung in Nummer 2 ist geeignet und erforderlich, um sicherzustellen, dass durch die erlaubten Wasserentnahmen in extremen Trockenzeiten, Beeinträchtigungen des ökologischen und chemischen Gewässerzustands vermieden werden können. Die derzeit kritischen Gewässerstände macht ein Verbot zur Entnahme für private Zwecke erforderlich, lediglich eine Beschränkung der Entnahme reicht nicht aus.

Die wasserrechtliche Erlaubnis gewährt nach § 10 WHG lediglich eine widerrufliche öffentlich-rechtliche Befugnis zur Benutzung eines Gewässers. Sie gibt keinen Anspruch auf den Zufluss von Wasser in einer bestimmten Menge und Beschaffenheit. Die angeordneten Maßnahmen entsprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie sind geeignet, den durch sie angestrebten Zweck zu erreichen, nämlich eine Schädigung der Gewässerökologie zu vermeiden. Sie sind angemessen, da sie keine Nachteile herbeiführen, die erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung nach § 6 WHG stehen. Aufgrund der Widerruflichkeit wasserrechtlicher Erlaubnisse gemäß § 18 WHG ist die temporäre Reduzierung der Wasserentnahmen für private Bewässerungszwecke während der Niedrigwasserperiode auch als mildes Mittel anzusehen.

Von einer generellen Untersagung der Wasserentnahme für Zwecke der gewerblichen Bewässerung wird zunächst abgesehen, da eine generelle Einstellung der Bewässerung zu Ausfällen bzw. Verlust der produzierten Erzeugnisse führen würde. Dies kann im Einzelfall zu existenzgefährdenden Situationen bei den Betrieben führen. Zudem liegt auch die regionale Nahrungsmittelproduktion im öffentlichen Interesse.

Die Niederschlagsmengen in Baden-Württemberg liegen seit Februar 2025 deutlich unter den langjährigen Mittelwerten. In den letzten Wochen hat sich die Situation in den Fließgewässern aufgrund der langanhaltenden Trockenheit in Verbindung mit hohen Tagestemperaturen weiter verschärft. Die Pegelstände der Gewässer im gesamten Rems-Murr Kreis bewegen sich auf bzw. unter dem Niveau des mittleren Niedrigwassers.

Die Grundwasserneubildung, die insbesondere in den Wintermonaten erfolgt, war nicht ausreichend, so dass nun ein Zulauf aus Quellen bzw. dem Grundwasser in die Gewässer nur in geringer Weise erfolgen kann. Aufgrund der niedrigen Grundwasserstände und der fehlenden Niederschläge muss davon ausgegangen werden, dass sich diese Situation noch bis zum 30.09.2025 weiter verstärkt. Erst nach länger anhaltenden Niederschlägen kann mit einer Verbesserung gerechnet werden. Kurze starke Niederschläge führen nur sehr kurzfristig zu einer Erhöhung des Abflusses im Gewässer.

Niedrige Wasserstände in den Gewässern verursachen erhöhte Wassertemperaturen und verringerte Sauerstoffwerte bei gleichzeitig erhöhten Schadstoffkonzentrationen. Zudem werden die Durchgängigkeit und die Verfügbarkeit von Teillebensräumen im Gewässer eingeschränkt. Durch die langanhaltende geringe Wasserführung drohen nicht nur dem Fischbestand, sondern sämtlichen im Gewässer lebenden wassergebundenen Tieren und Pflanzen gravierende Schäden. Zudem ist eine Verschlechterung der Selbstreinigungskraft der Gewässer zu befürchten. Wasserentnahmen verschärfen diese Situation und können das Erreichen eines guten ökologischen Zustands nach der Wasserrahmenrichtlinie gefährden. Grundwasserzuflüsse aus Brunnen und Quellen, die in oberirdische Gewässer münden, leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Wasserführung in den oberirdischen Gewässern. Entnahmen aus diesen Brunnen und Quellen können derzeit den Wasserhaushalt beeinträchtigen.

Aufgrund des zu geringen Wasserdargebots sind wie oben ausgeführt bei fortlaufenden uneingeschränkten Wasserentnahmen erhebliche Beeinträchtigungen für die Gewässerökologie und den Wasserhaushalt zu befürchten.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß Nummer 4 der Allgemeinverfügung erfolgt gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach kann der Sofortvollzug angeordnet werden, wenn es im öffentlichen Interesse geboten ist. Der umgehende Schutz der durch die Trockenheit bedrohten aquatischen Tier- und Pflanzenwelt sowie der Aufrechterhaltung des Ökosystems Gewässers liegt eindeutig im öffentlichen Interesse. Es ist daher nicht vertretbar, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln weiterhin Wasserentnahmen getätigt werden können, die zu einer weiteren Verschlechterung der Selbstreinigungskraft und des Mindestwasserabflusses der Gewässer und der Lebensbedingungen im Naturhaushalt führen. Etwaige Einzelinteressen haben sich daher dem öffentlichen Interesse unterzuordnen, da die geforderten Maßnahmen keinen weiteren Aufschub mehr dulden.

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis mit Sitz in 71332 Waiblingen eingelegt werden.

IV. Hinweise

Die Einhaltung des Entnahmeverbotes wird überwacht. Auf die Bußgeldvorschriften des § 103 Absatz 1 Nr. 1 WHG wird hingewiesen. Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit Bußgeldern bis zu einer Höhe von 50.000 Euro geahndet werden.

Bei bestehenden wasserrechtlichen Erlaubnissen zur Wasserentnahme, mit einer pegelstandsgebundenen Nebenbestimmung, ist diese zwingend einzuhalten. Unterhalb des genannten Pegelstandes ist eine Wasserentnahme nicht zulässig. Dies kann ebenfalls mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro geahndet werden (§ 103 Abs. 1 Nr. 2 WHG). Die Pegelstände können unter hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de abgerufen werden.

Waiblingen, den 3. Juli 2025

Landratsamt Rems-Murr-Kreis

gez.

Dr. Richard Sigel

Anhang
Dokument
Erscheinung
Die Brücke Burgstetten
NUSSBAUM+
Ausgabe 28/2025
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