Was Stadtarchivar Martin Mundorff und Fotograf Paul Kottmann in dem Buch „Gaststätten in Eislingen“ niedergeschrieben haben, kann man auch bei Führungen der Volkshochschule nachvollziehen. Der Termin im April war so stark nachgefragt, dass eine Zusatzführung am 28. Juni angesetzt wurde. Heute berichten wir vom ersten Teil der Führung, der zweite folgt in einer späteren Ausgabe.
Wenn’s um den Bierpreis geht, ist mit den Eislingern nicht zu spaßen. Im Jahr 1910 brach deshalb sogar ein „Bierkrieg“ in der Stadt aus. Nachdem einige Wirte den Preis für eine Halbe von 11 auf 12 Pfennig erhöht hatten, riefen die Zeitungen dazu auf, sie zu boykottieren; gleichzeitig versuchte die Konkurrenz mit besonderen Angeboten einen Vorteil aus der Auseinandersetzung zu ziehen. Am Ende fand sich, nach langem Hin und Her, ein Kompromiss: Es wurde ein Preis festgelegt, den die Boykott-Kommission vorgeschlagen hatte und den die Wirte schließlich akzeptierten.
Beim Stadtrundgang der Volkshochschule, „Gaststätten in Eislingen – vom Abendschein bis ins Zweigwerk“ kam natürlich auch diese Geschichte zur Sprache. Grundlage für die Führung war das gleichnamige Buch, das im vergangenen Herbst erschienen ist. Die Stadtführer und Geschichtenerzähler machten Eberhard Schmid, den man bereits von anderen geschichtlichen Rundgängen kennt, und Walter Lörcher, der als Ur-Eislinger mit großem Gedächtnis Erinnerungen und Anekdoten beisteuerte.
Schwarz auf Weiß erhalten ist, was 1886 der neue Kleineislinger Pfarrer Dr. Theodor Engel im Pfarrbericht über das Leben in der Gemeinde festhielt. Unter anderem schrieb er: „Wirtshäuser sind sehr voll… Familienleben stört altgermanische Trunksucht und zu geringe Kirchenzucht“. Auch übers Vereinsleben äußerte er sich kritisch. Klagen wie diese über den Lebenswandel der Bevölkerung waren damals auch in anderen Gemeinden an der Tagesordnung.
Theodor Engel kritisierte die „altgermanische Trunksucht“ in Eislingen
Fakt ist, dass die lokalen Gaststätten überall Orte des gesellschaftlichen Lebens und einer besonderen Begegnungskultur waren, wie sie heute nicht mehr besteht. Im Gaststättenbuch seien insgesamt 88 Wirtshäuser verzeichnet, berichtete Eberhard Schmid zum Start den rund 20 Interessierten, die mit auf die Spuren- und Geschichtensuche gingen: vom Rathausplatz ausgehend führte die Runde zunächst nach Eislingen-Süd, zum einstigen Gasthaus Löwen, das im Name „Treff im Löwen“ weiterlebt. Es war einst das nächtsgelegene Wirtshaus zum Bahnhof und durch einen Klingelzug mit selbigem verbunden. Wenn die Abfahrtszeit des nächsten Zuges näher rückte, zog der Bahnwärter an der Schnur und machte so darauf aufmerksam – so konnten die Gäste sich noch rechtzeitig auf den Weg machen.
Café Steimel und das Gasthaus Krone
Das einstige Café Steimel, schräg gegenüber, sei einst eine gehobenere Adresse gewesen, erinnerten sich die Teilnehmer. Heute ist an dieser Stelle der Diakonieladen.
Die Krone, die nächste Station der Runde, kann man ebenfalls nur noch auf alten Fotos bewundern, von denen Eberhard Schmid etliche dabeihatte. Ihr verdankt der Platz am Kreisverkehr den Namen. In Eislingen-Nord gab es ebenfalls eine „Krone“: das Vereinsheim des Athletiksportvereins und dann „Centro Italiano“. 2010 wurde das Gebäude abgerissen, heute steht an seiner Stelle der Neubau mit der Bäckereifiliale Kauderer.
Aber bleiben wir noch in Eislingen-Süd beziehungsweise „Kleineislingen“: Spezialität der „Sonne“, auch Schmidlesbeck genannt, waren die länglichen „Briegel“ mit Kümmel und die „Katholischen Wecken“ ohne Kümmel, die einigen Führungsteilnehmern noch lebhaft im Gedächtnis waren.
Im einstigen Gasthaus Neue Post gab’s Metzelsuppe und Ulmer Hechtbier, im Gasthaus Hirsch waren 1492 Napoleons Truppen einquartiert und leerten den Weinkeller. Zu diesem Lokal gehörte, wie auch zum Adler in Großeislingen, ein etwas außerhalb der Stadt gelegener Bierkeller, der nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel war, sondern zeitweise auch als Luftschutzbunker diente. kaa