Die Leiterin des Hospiz Agape, Kirsten Karran, hatte zum ersten Mal im Rahmen einer Fortbildung vom Konzept „Tageshospiz“ gehört. Als die evangelische Erwachsenenbildung aus dem Erdgeschoss in der Heidelberger Straße auszog, bot sich eine große Chance. Durch die Großzügigkeit der Dietmar Hopp Stiftung wurde das Agape von Anfang an auf eine solide Basis gestellt. Mithilfe vieler Unterstützer war es darauf aufbauend möglich, die Räume bedarfsgerecht umzubauen. Jetzt ist das Tageshospiz in Wiesloch eines von nur drei Tageshospizen in ganz Baden-Württemberg.
Das Tageshospiz ist Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr geöffnet. Bis zu acht Gäste können hier allein oder in der Gemeinschaft mit anderen Gästen ihren Tag gestalten. Es gibt unterschiedlichste Kreativ- und Therapieangebote. Die Pflegekräfte sind auf die Palliativpflege spezialisiert und bei Bedarf unterstützen auch Palliativmediziner. Manche Gäste kommen nur einen oder zwei Tage die Woche, ein anderer später am Vormittag, da er gerne ausschlafen möchte. Andere Gäste kommen jeden Tag.
Es gibt Zimmer, um sich zurückzuziehen oder hinzulegen. Für pflegerische und ärztliche Behandlung gibt es separate Zimmer.
Lichtdurchflutete, modern eingerichtete Räume heißen die Gäste willkommen. Es herrscht eine leise, fröhliche Atmosphäre. Ein Radio spielt und jemand lacht. Die großen Fenster lassen die Sonne herein und auf der Glasveranda fühlt man sich wie im Freien, hört jedoch nichts vom Verkehr auf der Heidelberger Straße. Seit ein Wintergarten die Terrasse überdacht, ist er zu einem Lieblingsplatz vieler Gäste geworden. Im Garten bepflanzt eine Mitarbeiterin ein rollstuhlgerechtes Gemüsehochbeet.
Ein reich ausgestatteter Kreativraum bietet eine große Auswahl an Materialien zum Malen, Basteln oder Nähen. Im großen Aufenthaltsraum, der an ein sehr großzügiges privates Wohn- und Esszimmer erinnert, liegt ein angefangenes Puzzle eines Gastes. Ein Gemälde eines Künstlers und Gastes des Tageshospizes schmückt die Wand des Gemeinschaftsraumes.
Im Zentrum der Räume liegt die Küche. Die Wand ist verglast und die Tür steht offen. Ein großer Tisch lädt ein sich zu setzen und Christo, einem leidenschaftlichen Koch, bei der Arbeit zuzusehen. Während er frische Gnocchi mit Spargel und Ossobuco zubereitet, schwärmt er von der toskanischen Küche. Er kocht jeden Tag fast ausschließlich individuelle Wunschgerichte aus frischen Zutaten. Das Gnocchi-Rezept hat ihm die Frau eines Gastes mitgebracht. Meistens wünschten sich die Gäste jedoch Gerichte aus ihrer Kindheit. Christo berührt, wie die sie sein Essen genießen und er sie mit den einfachen Dingen erfreuen kann.
Der Zeit mehr Leben geben, ist das Leitbild des Hospizes Agape. Pflegedienstleiterin Johanna Helfrich sieht aus der Erfahrung als das Wesentliche, die vielen kleinen Dinge, mit denen die letzten Tage besonders gestaltet wurden. Es sei eher nicht der eine große, spektakuläre Wunsch, der die Sterbenden umtreibt. Neben ihrem Pflegeteam unterstützen Ärzte und Therapeuten sowie Ehrenamtliche, die die Hospizbegleiter-Ausbildung durchlaufen haben. Ziel ist immer, die letzten Tage würdevoll, ohne Schmerzen und in schöner Umgebung zu gestalten.
Mit dem Tageshospiz kann das Agape noch mehr auf die Bedürfnisse seiner Gäste eingehen. Für die Gäste und ihre Angehörigen ist der Weg ins Hospiz ein großer Schritt. Nicht selten geschieht er erst, wenn die Angehörigen an ihre Belastungsgrenze gekommen sind. Das flexible Tagesangebot ermöglicht eine schrittweise Ausweitung der Unterstützung genau dann, wenn sie notwendig wird. In 95 Prozent der Fälle übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Das Tageshospiz bietet Beratung und einen Kennenlerntag an, um das Angebot unverbindlich auszuprobieren.
Die Hospizbewegung befasst sich mit der Verbesserung der Situation Sterbender und ihrer Angehörigen sowie der Integration von Sterben und Tod ins Leben. Dazu dient vor allem die Sterbebegleitung im Sinne der Palliative Care. Die Bewegung entwickelt sich seit Ende der 1960er Jahre, ausgehend von England. Dort war es die Krankenschwester und Ärztin Cicely Saunders, die (an die mittelalterliche Bedeutung des „Hospizes“ nicht als medizinische Heileinrichtung, sondern als Ort der Pflege und Betreuung anknüpfend) 1967 mit dem St. Christopher’s Hospice das erste stationäre Hospiz im heutigen Sinne gründete und damit die weltweite Initiative auslöste. (ch)