Amnesty International Gruppe 1289 Calw-Althengstett : Maryia Kalesnikava

Amnesty International ist in großer Sorge um die Gesundheit und das Leben von Maryia Kalesnikava.

Die Berufsmusikerin (Flötistin) Maryia Kalesnikava aus Belarus wurde einer breiten Öffentlichkeit hierzulande 2020 bekannt. Bei den Präsidentschaftswahlen im August 2020 schloss sie sich dem Wahlkampf der unabhängigen Kandidatin Swjatlana Tsikhanouskaja gegen den Machthaber Lukaschenko an. Kalesnikava und Tsikhanouskaja bildeten zusammen mit der Oppositionspolitikerin Veranika Tsapkala ein beeindruckendes Frauen-Trio. Sie traten an die Stelle der inhaftierten oder geflohenen männlichen Kandidaten der belarussischen Opposition und gaben vielen Menschen in Belarus Hoffnung auf Veränderung.

In Belarus kam es 2020 zu landesweiten Protesten, nachdem Amtsinhaber Alexander Lukaschenko zum Sieger der mutmaßlich gefälschten Präsidentschaftswahlen erklärt worden war. Kalesnikava stand im Zentrum dieser Bewegung. Während ihre Mitstreiterinnen ins Exil gezwungen wurden, widersetzte sich Kalesnikava der versuchten Abschiebung.

Im September 2020 ist Kalesnikava wegen "Untergrabung der nationalen Sicherheit" und "Extremismus" zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seitdem sitzt sie in der Strafkolonie in Homel, 300 Kilometer von der belarussischen Hauptstadt Minsk entfernt – aber ganz sicher ist nicht einmal das. Denn von der 42-Jährigen gibt es seit mehr als anderthalb Jahren kein Lebenszeichen mehr. Wenige Wochen nach einer Not-OP verschwand sie im Februar 2023 spurlos. „Wir haben keinerlei Kontakt zu Maryia. Es gibt keine Infos, keine Kommunikation, keine Anwaltsbesuche“, sagt ihre jüngere Schwester Tatsiana Khomich. Derzeit reist Tatsiana Khomich durch ganz Europa, um auf die Situation ihrer Schwester aufmerksam zu machen. „Wir haben große Angst, dass Maryia diese Haft nicht überleben wird. Jeder Tag könnte ihr letzter sein“, sagt sie.

Die einzigen aktuellen Informationen, die über den Zustand von Maryia Kalesnikava bekannt sind, stammen von ehemaligen Mitgefangenen. „Sie haben erzählt, dass meine Schwester extrem abgemagert ist und nur noch 45 Kilogramm wiegen soll. Bei einer Größe von 1,75 Meter ist das lebensgefährlich“, schildert Khomich. Zudem braucht Maryia Kalesnikava seit ihrer Operation eine spezielle Nahrung. „Diese spezielle Nahrung wird ihr verwehrt und sie wird systematisch ausgehungert“, ist sich die 38-jährige Schwester sicher. Den belarussischen Behörden wirft sie eine „perfide Taktik“ vor. „Wir wissen von ihren ehemaligen Mitgefangenen, dass Maryia seit Monaten in einer winzigen Isolationszelle sitzt. Als Toilette dient ein Loch im Boden und an der Wand hängt eine Pritsche“, so Khomich. Sie dürfe keine Bücher und keine Essenspakete erhalten. „Sie darf nicht mal im Gefängnishof spazieren gehen und sich nur einmal in der Woche waschen. Wie soll man unter solchen Haftbedingungen nicht kaputtgehen?“, fragt ihre Schwester mit brüchiger Stimme.

Einen Anwalt hat Maryia Kalesnikava nicht mehr. Denn alle, die sie verteidigten, haben ihre Lizenz verloren. Teilweise wurden die Anwälte selbst verhaftet oder mussten aus Belarus fliehen.

Maryia Kalesnikava hat enge Beziehungen zu Württemberg und zu Stuttgart. Sie hat viele Jahre an der Musikhochschule in Stuttgart studiert und gelehrt, sie spricht fließend deutsch. Zahlreiche Initiativen von Kulturschaffenden in Stuttgart und Umgebung setzen sich seit 2020 für Ihre Freilassung ein.

Wenn Sie Amnesty und Maryia Kalesnikava unterstützen wollen, besuchen Sie folgende Internetseite:

www.amnesty.de/briefmarathon-2024-maryia-kalesnikava-belarus