Kirche & Religion

Amulette und Schutzbriefe in Volksfrömmigkeit und Aberglauben II

Neben den Breverln mit christlichen Motiven, die mit ihren Marien-, Heiligen- und Papstbildern vor allem bei der katholischen Bevölkerung beliebt waren,...
Abbildung eines Gebetszettels, der alsTalisman getragen wurde
Foto: Otti Knobloch

Neben den Breverln mit christlichen Motiven, die mit ihren Marien-, Heiligen- und Papstbildern vor allem bei der katholischen Bevölkerung beliebt waren, konnten solche mit Christus- und Abendmahlsdarstellungen, aber auch bekannten Bibeltexten bei der evangelischen Bevölkerung abgesetzt werden. Die Bilderbogen-Verlage von Neuruppin, aber auch protestantische Augsburger Verleger lieferten die entsprechenden Druckerzeugnisse, die vor allem auf Messen, Jahrmärkten und Volksfesten von fahrenden Händlern angeboten wurden. Oft geschah dies im Zusammenhang mit dem Vertrieb christlicher Jahreskalender, Erbauungsschriften und Gebetsbüchern.

In den christlichen Breverln konnten eingenäht in ein kleines kissenförmiges Beutelchen außer dem Heilsbrief auch Schabematerialien von Heiligenfiguren, Sarkophagen, Kapellenwänden oder ein Stückchen Stoff von der jährlich zu wechselnden Kleidung von Marienskulpturen in Wallfahrtskirchen (Mariengewand) enthalten. Man kann in diesem Fall auch von einem Medizinbeutel sprechen, wie er auch in anderen Kulturen üblich ist. Ungeachtet des jeweiligen religiösen Hintergrundes hielt sich der Brauch, solche Beutelchen eingenäht in die Kleidung oder an einer Schnur um den Hals am Körper zu tragen in ganz Mitteleuropa über viele Jahrhunderte bis in die Neuzeit. Noch während des Ersten Weltkriegs trugen Hundertausende von Soldaten vieler Nationen ihre Amulette, die oft von besorgten Müttern, Ehefrauen oder Freunden den in den Krieg ziehenden Angehörigen mitgegeben wurden. Dass dies nicht nur bei katholischen Gläubigen, sondern auch bei vielen evangelischen bzw. protestantischen aber auch jüdischen Soldaten üblich war, ist wegen des Aberglauben-Tabus weithin unbekannt.

In dem folgenden Fall sollte sich dies gründlich ändern. Dank der Lebensgeschichte eines Eggensteiner Veteranen der Kriege 1866 zwischen Österreich und den süddeutschen Staaten gegen Preußen sowie des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 kam Erstaunliches zutage. Der 1843 in Eggenstein geborene Wilhelm Dürr III (OSB Egg 808) war am 01.05.1864 als Freiwilliger in das Badische Leibgrenadier-Regiment in Karlsruhe eingetreten. Er sollte während des deutschen Bruderkrieges zwischen den süddeutschen Staaten unter österreichischer Führung und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens 1866 den Ernstfall erleben und zum Einsatz kommen. Bei der Verteidigung der Tauber-Linie waren neben bayerischen und württembergischen Truppenkontingenten auch badische Einheiten beteiligt. Während des Gefechtes bei Werbach an der Tauber nahe Tauberbischofsheim wurde der 1844 geborene Kanonier Ludwig Keller (OSB Egg 2316.3) tödlich verwundet. Wilhelm Dürr und ein weiterer Eggensteiner, der Grenadier Wilhelm Bolz (OSB Egg 0378), erhielten nach Kriegsende 1866 die Tapferkeitsmedaille Für Badens Ehre. Auf dem nach dem Krieg bei Werbach errichteten Denkmal ist bis heute der Name Ludwig Kellers zu lesen.

Wolfgang Knobloch

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