Die angespannte Haushaltslage stand im Fokus der Kreistagssitzung, die am Donnerstag, 8. Mai, in der Aschingerhalle in Oberderdingen stattfand. Der Landkreis Karlsruhe möchte als Sparmaßnahme für den Haushalt bestimmte Projekte priorisieren.
Vor dem Hintergrund des vorläufigen Jahresergebnisses 2024, das durch eine weitere Verschlechterung gegenüber der Planung gekennzeichnet ist, und einer ersten Einschätzung zum Verlauf des Haushaltes 2025, nahm das Gremium eine Neubewertung von eingeplanten Baumaßnahmen und ÖPNV-Leistungen vor. „Der Zug der Kommunalfinanzen fährt ungebremst in den Abgrund, nicht nur bei uns, sondern in allen Landkreisen und Gemeinden“, trug Landrat Dr. Christoph Schnaudigel vor. „Wenn dann noch Einnahmen wegfallen, ist im wahrsten Sinne Land unter.“
Dies schmerze, weil der Landkreis verantwortungsvoll mit dem ihm anvertrauten Geld umginge. Eine Ausgabensteigerung von mehr als 30 Millionen Euro innerhalb eines Jahres durch Einsparungen kompensieren zu können, sei aber schlichtweg unmöglich. „Wir können gar nicht so viel sparen, wie andere unser Geld ausgeben“, kritisierte der Landrat.
Um die Dimensionen zu verdeutlichen, führte er an, dass die jährliche Belastung für das KARLA-Neubauprojekt von sieben Millionen Euro nicht einmal ein Drittel der diesjährigen Mehrausgaben in der Eingliederungshilfe ausmacht und um drei Millionen unterhalb der Summe liegt, die im vergangenen Jahr für die Schulbegleitungen ausgegeben wurden. Gespart werden soll trotzdem: Dort, wo möglich und sinnvoll, werden Leistungen reduziert, man werde alles daransetzen, die globale Minderausgabe zu erwirtschaften, die man sich vorgenommen habe.
Bei der Klausurtagung nach der Sommerpause werde die Verwaltung weitere Vorschläge unterbreiten. Vordergründige Einsparungen zu Lasten der Gemeinden werde man ebenso wenig vornehmen wie bewährte Strukturen zu zerstören, zum Beispiel im Sozialbereich oder beim ÖPNV. Deshalb müssen im Kreishaushalt Projekte priorisiert und Investitionen verschoben werden, ohne die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und des Landkreises als Ganzes zu gefährden.
Das Gremium entschied konkret, die geplante Sanierung der Werkstätten im Gewerblichen Bildungszentrum Bruchsal auch 2026 nicht vorzunehmen und um mindestens ein weiteres Jahr zu verschieben, ebenso wie die Sanierung der Astrid-Lindgren-Schule in Forst, da für die Ausgestaltung der Ganztagsbetreuung noch konkrete Rahmenbedingungen vom Land Baden-Württemberg fehlen. Um ein Jahr zurückgestellt wird die Sanierung des Erd- und Untergeschosses im Haus A der Handelslehranstalt Bruchsal, die hierfür vorgesehenen Mittel in Höhe von zwei Millionen Euro werden stattdessen für die Sanierung des Daches und des dritten Obergeschosses verwendet, das durch das jüngste Starkregenereignis in Mitleidenschaft gezogen wurde. Für den Gebäudeteil C in der Orbinstraße soll vor weiteren Investitionen zunächst eine Grundsatzentscheidung getroffen werden, ob eine Veräußerung oder anderweitige Nutzung denkbar sind.
Weiter geplant wird dagegen der Neubau der Hardtwaldschule in Linkenheim-Hochstetten. Der Kreistag hatte den Umzug der aktuell auf fünf Standorte verteilten Förderschule in einen Neubau bereits im Januar 2024 beschlossen, aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit der Interimslösungen kann das Projekt nicht verschoben werden. Der Neubau wird gemeinsam mit einem Schülerhort und einer Kita auf einem neuen Grundstück in zentraler Lage erfolgen. Die Investitionen im Bereich der Schulen können sich trotzdem sehen lassen: 40 Millionen Euro sind vorgesehen, 23,5 Millionen davon fließen in das Berufliche Bildungszentrum Ettlingen.
Unter der Prämisse von Einsparungen nahm der Kreistag auch die Kosten des ÖPNV in den Blick. Für den Defizitausgleich hat der Landkreis rund 30 Millionen Euro eingeplant, die 32 Städte und Gemeinden müssen nochmals den gleichen Betrag erbringen. Um den Haushalt zu entlasten, wurde beschlossen, zum Freitag, 1. August, die Eigenanteile für Anruf-Sammel-Taxis auf 4 Euro mit bzw. 6 Euro ohne Fahrkarte zu erhöhen, was die erste Anpassung seit 2012 bedeutet. Außerdem soll die Schülerbeförderungssatzung überarbeitet werden, um mögliche Einsparpotenziale aufzuzeigen.
Im Busverkehr werden zukünftig keine neuen Linien eingerichtet, bestehende Verkehre nur bei Kostenneutralität geändert und Probebetriebe eingestellt. Für Schul- und Sonderverkehr wird eine Neukonzeption vorbereitet.
Im Schienenverkehr wird die seit 2024 bestehende Reduzierung der Leistungen um drei Prozent beibehalten, was Einsparungen von etwa einer Million Euro jährlich bedeutet. Zudem fordert der Kreis das Land Baden-Württemberg auf, die Verantwortung für die Regionalzüge S1/S11 und S31/S32 in seine eigene Zuständigkeit als Schienenpersonen-Nahverkehrsträger zu übernehmen, was den Kreishaushalt um bis zu 13,4 Millionen Euro entlasten würde. Parallel dazu werden verschiedene Infrastrukturprojekte wie der zweigleisige Ausbau der S4, die Reaktivierungen stillgelegter Strecken sowie der barrierefreie Ausbau erneut auf den Prüfstand gestellt. Künftige Beteiligungen an Projekten der Deutschen Bahn werden ausgeschlossen, die ÖPNV-Finanzierungsrichtlinie für Städte und Gemeinden wird überprüft.
Auch für eine eventuelle Nicht-Weiterfinanzierung des Deutschlandtickets durch Bund und Land hat sich der Kreistag gewappnet: Obwohl die Finanzierung für 2025 durch eine Preisanpassung auf 58 Euro und die nun vorliegende Zusicherung der Landesministerien gesichert scheint, bleibt die Situation ab 2026 ungeklärt. Der Kreistag fordert daher einen landesweiten Tarifanwendungsbefehl, der den vollständigen Ausgleich kommunaler Einnahmeausfälle sicherstellt. Sollte dieser ausbleiben, soll die Verwaltung einen geordneten Ausstieg aus dem Deutschlandticket vorbereiten. (pm/red)