Auch Rutesheimer

Auch Rutesheimer – eine Artikelserie zu Rutesheimer Beinamen

D’r Barthlemais Erich

Dieser seltene und schöne Namen – abgeleitet von Bartholomäus – ist den Alt-Rutesheimern ein Begriff und bekannt, wegen nur einer Person – dem Erich.

Erich Philippin war Rutesheimer, aber wegen der vielen Philippin-Familien nicht leicht zuzuordnen. Seine Kindheit verlief ungewöhnlich, ja dramatisch.

Geboren ist er 1914 in Stuttgart als 7. Kind der Familie Karl und Magda Philippin. Der gebürtige Rutesheimer Karl wohnte und arbeitete in Stuttgart. Die Mutter Magda verstarb drei Monate nach der Geburt von Erich. Geplant war danach, dass das Kleinkind zu einer Tante auf die Schwäbische Alb kommt, dort aber katholisch erzogen wird. Damals waren die Konfessionsgrenzen noch drastisch, und der Vater wollte das nicht dulden und suchte nach einer anderen Hilfe.

Karl hatte noch Angehörige in Rutesheim, u.a. eine Schwester. Diese Rosine war verheiratet mit Karl Bartholomäi (Weissacher Name). Das Paar hatte einen Sohn, der aber schon 1913 mit 16 Jahren verstorben ist. Diese Tante erbarmte sich und nahm das drei Monate alte Kleinkind in Pflege und dann in die Familie auf. Das war für alle eine hilfreiche und gute Entscheidung. Die Barthlemais hatten ein familiennahes Kind und der Bub ein geborgenes Zuhause und liebe Pflegeeltern. Er sagte immer, er hätte es besser nicht haben können. Die Verbindung zu den Stuttgarter Angehörigen war immer auch noch gegeben.

Die Pflegemutter verstarb im Jahr 1946. Der Vater Karl Bartholomäi ist manchen Einheimischen vielleicht noch bekannt, er war Schuhmacher und u.a. beim Kaiser-Gotthilf in der Renninger Straße beschäftigt. Im Jahr 1953 ist er gestorben.

Der Barthlemais-Erich hat 1942 in Rutesheim geheiratet. Seine Frau wurde die Martha, geb. Kilper, Tochter vom „Ipserhannes“, wohnhaft in der Saigass 9 (Seestraße 9). Beruflich war Erich Metaller. Nach der Schulzeit hier lernte und arbeitete er bei verschiedenen Firmen als Werkzeugdreher, u.a. bei Porsche in Zuffenhausen.

Er war zum Glück UK (unabkömmlich), musste also zunächst nicht in den Krieg – bis drei Tage vor Kriegsende, dann wurde er noch eingezogen. Einer Gefangenschaft konnte er entkommen und ist dann auf abenteuerliche Weise aus Bad Aibling in Oberbayern bis nach Rutesheim „getrampt“.

Im Jahr 1948 wechselte er die Arbeitsstelle und ging von Porsche zur Firma Bammersberg in Leonberg und wurde dort auch Werkmeister. Privat war Erich ein angenehmer Mitbürger. Schon 1947 ist er in den Rutesheimer Sängerbund eingetreten und war 52 Jahre aktives Mitglied und Sänger, viele Jahre war auch Kassier. Im Dritten Reich waren nicht viele UK (unabkömmlich). So sollte auch die Martha als Arbeitshilfe nach Brandenburg verschickt werden. Nur Mütter und werdende Mütter mussten das nicht mehr machen – man benötigte doch Nachwuchs. So verdanken wir, dass der Sohn Armin schon im Juni 1944 das Licht der Welt erblickte. Erwähnenswert ist, dass die Haustaufe vier Wochen später wegen Fliegerangriffen im Hauskeller stattgefunden hat.

Beim Barthlemais Erich und seiner Martha können wir mit einer positiven Bilanz abschließen. In der Bibel steht geschrieben: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, und ein Sprichwort sagt: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“.

Der Sohn Armin ist seit jungen Jahren Mitglied beim Sängerbund und war bis vor kurzer Zeit 36 Jahre Vorstand vom Verein und Enkel Frank ist verantwortlich im großen Rutesheimer Tennisclub. Danke Erich.

Martin Schaber