Aus den Rathäusern

Aufklärung nach vielen Jahrzehnten

Zum Artikel „Das Schicksal des jungen Soldaten Josef Böhm“ vom 11.09.2025 in der Schwetzinger Zeitung – Seite 12 Wer hätte das gedacht: Auf einen...
Grabkreuz mit drei Namen der bestatteten Gefallenen, in der Mitte der Name des Grenadiers Josef Böhm aus Plankstadt.
Das Grab von Josef Böhm in AndillyFoto: © Gemeinde

Zum Artikel „Das Schicksal des jungen Soldaten Josef Böhm“ vom 11.09.2025 in der Schwetzinger Zeitung – Seite 12

Wer hätte das gedacht: Auf einen Hinweis des „Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ ehrte Bürgermeister Nils Drescher auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Andilly im Departement Meuthe-et-Moselle den gefallenen jungen Plänkschder Josef Böhm mit einer Blumenschale und Worten der Erinnerung; dieser ließ beim Rückzug der deutschen Truppen vor den herannahenden Amerikanern sein Leben „fürs Vaterland auf dem Feld der Ehre“ – wie das damals in den offiziellen Todesbenachrichtigungen der Wehrmacht mit markigen Worten bezeichnet wurde.

Überraschende Aufklärung

Die Recherchen von Gemeindearchivar Ulrich Kobelke nach möglichen Hinterbliebenen und Verwandten ergaben zunächst nur ein unklares Ergebnis. Aktenrecherche und Befragungen waren nicht zielführend. Aber dann erschien am 11.09.2025 ein Bericht in der Schwetzinger Zeitung über den Besuch der Plankstädter Delegation in Andilly und tatsächlich meldete sich noch am gleichen Tag Herr Michael Leber aus Plankstadt und teilte mit, dass seine Ehefrau die einzige Schwester des Gefallenen ist!

Das war vielleicht eine Überraschung! Auch die Eheleute Leber haben beide bereits ein gesegnetes Alter erreicht: Michael Leber ist 97 Jahre und seine Ehefrau Frieda Wilma ist 90 Jahre alt; er kam als Heimatvertriebener aus Budaörs nach Plankstadt, seine Ehefrau lernte er in Plankstadt kennen, sie wohnte damals in der Hildastraße. Für die beiden war nun die Überraschung sogar noch größer, denn bislang wusste die Schwester nicht, wo sich das Grab ihres gefallenen Bruders befindet! Die Familie Böhm, deren Vorfahren ursprünglich aus Eppelheim stammen, sei weit verstreut und nach so langer Zeit wäre der im Krieg gefallene Verwandte auch sehr selten Gesprächsthema – so berichtete der Verwandte.

Recherche-Ergebnis

Nach ein paar Telefonaten und Recherchen in den alten Personenstandsbüchern der Gemeinde traten dann für Archivar Kobelke die verwandtschaftlichen Beziehungen deutlicher hervor.

Der Vater von Frau Leber war ein Bruder des Vaters von Horst Böhm, den älteren Plänkschdern unter seinem Spitznamen „Worschtler“ noch besser bekannt. Und somit war der Gefallene ein Cousin von Horst Böhm, der ja auch schon viele Jahre nicht mehr unter uns weilt. Dessen Ehefrau Erika wiederum kennen die meisten älteren Plänkschder noch aus der Zeit, als sie als Nachfolgerin des legendären Mitsche-Schorschs das Rathaus-Kiosk führte, bevor es dann Werner Kapp übernahm.

Warum noch Recherchen nach so langer Zeit?

Nun mögen es manche Zeitgenossen vielleicht lächerlich finden, nach so langer Zeit akribisch in der Familiengeschichte von Mitbürgern herumzustöbern! Nicht jedoch ein Archivar, zu dessen Aufgaben es auch gehört, nach den Wurzeln der Bevölkerung zu suchen, solange dies überhaupt noch möglich ist. Natürlich schreibt man dann das so Gefundene nieder und verwahrt es in den Archiven und dort ruht es dann über Jahrzehnte – aber möglicherweise will irgendwann mal jemand es doch etwas genauer wissen und wie froh wird der dann sein, ein paar Angaben zu seiner Vergangenheit vorzufinden. Wer weiß, wozu er es braucht!

Die heutige weltpolitische Situation braucht dringend Erinnerung

Aber noch ein anderer Aspekt ist bemerkenswert: Auch nach über 80 Jahren werden die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs wieder lebendig – die Plankstädter Delegation erlebte es im September 2025 hautnah auf dem riesigen deutschen Soldatenfriedhof von Andilly und der Besuch hinterließ einen bedrückenden Eindruck gerade bei den jüngeren Teilnehmern. Und die gegenwärtige politische Weltlage trägt natürlich auch dazu bei, den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges mit all seinen Schrecken wieder eine größere Bedeutung zuzumessen, auch wenn alle hoffen, dass die Mächtigen dieser Erde noch rechtzeitig zur Einsicht gelangen und möglicherweise aus der Geschichte etwas lernen, obwohl ich da sehr skeptisch bin, denn erschreckendes „Anschauungsmaterial“ wäre aus den Kriegen der Vergangenheit in ausreichendem Maß vorhanden. Was die Kriege an finanziellen Mitteln verbrauchen, lässt denjenigen verzweifeln, der noch das Elend überall auf der Welt sieht! Wieviel Gutes könnte mit all den verpulverten Milliarden getan werden und wer wird den Wiederaufbau all des Zerstörten ermöglichen -von den zerstörten Lebensumständen und den Lebensträumen so vieler Menschen ganz zu schweigen?

Ulrich Kobelke, Gemeindearchivar

Erscheinung
Mitteilungsblatt Plankstadt
Ausgabe 38/2025
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