In einer dunklen Sturm- und Regennacht im Dezember 1921 wurde die 54-jährige Witwe Auguste Supper in Begleitung ihrer gleichnamigen Tochter und des Hundes Harras am Bahnhof Winterbach von einem Einspänner erwartet, in dem die beiden Frauen samt Tier die Fahrt auf die Höhen des Schurwaldes antraten. Ihr Ziel war das Pfarrhaus in dem kleinen Ort Hohengehren, wo ihr Schwiegersohn Johannes Daimelhuber Pfarrer war. Nach dem Verkauf ihres Hauses in Korntal wollte sie vorläufig auf dem Schurwald bleiben, der Aufenthalt währte dann ein gutes Jahr. In ihren unter dem Titel „Aus halbvergangenen Tagen“ 1937 in einem Münchener Verlag veröffentlichten Memoiren befasste sich Supper auch ein paar Seiten lang mit ihrem Aufenthalt in Hohengehren und ihrem verstorbenen Schwiegersohn, dem sie übrigens den 1923 erschienenen Roman „Das hölzerne Schifflein“ zum Gedächtnis widmete.
Wer war nun diese Frau, die Mauz fast ehrfurchtsvoll als „Altmeisterin der schwäbischen Dichtung“ bezeichnete? Die Gastwirtstochter war am 22. Januar 1867 in Pforzheim als Auguste Luise Schmitz zur Welt gekommen und hatte 1887 den Juristen Otto Heinrich Supper geheiratet. Ihre seit der Jahrhundertwende erschienenen Romane und Erzählungen spielten zumeist in der Schwarzwaldregion und waren schon früh von einem entschiedenen Antikatholizismus und völkischen, antisemitischen sowie (vor allem in den Jahren des Ersten Weltkriegs) kriegsverherrlichenden Tendenzen geprägt. Supper verehrte überdies zutiefst den letzten württembergischen König Wilhelm II., auch über dessen Tod 1921 hinaus.
Diese Verehrung für den Monarchen sollte die Autorin später auf Adolf Hitler, den Führer der NSDAP und Reichskanzler (ab dem 30. Januar 1933), übertragen, in dem sie den „Heilsbringer“ sah. In ihren Memoiren findet sich folgende Passage: „Jene Stunde wird mir immer unvergesslich und immer eine heilige bleiben, da es unvermittelt und durch keinerlei besondere Anlässe vorbereitet, plötzlich erschütternd klar und deutlich vor mich hintrat, dass das Emportauchen des unbekannten Gefreiten ein wirkliches Eingreifen des Obigen in unser erbärmliches, auf dem Tiefpunkt angelangtes deutsches Schicksal bedeutet.“ Im Jahr 1939, in dem im ganzen Reich Hitlers 50. Geburtstag gefeiert wurde, veröffentlichte sie ein Gedicht mit dem Titel „Der Retter“. Darin verglich sie Hitler mit dem Drachentöter Sankt Georg und verstieg sich gar zu dem Vers: „In seinem Kommen ist uns Gott begegnet.“
Zwar kein Mitglied der NSDAP, aber ab 1936 in der NS-Volkswohlfahrt, gehörte Supper unter anderem dem am 16. Dezember 1938 gegründeten „Schwäbischen Dichterkreis“ an und war ab 1938 auch Mitglied der antisemitischen protestantischen Glaubensbewegung „Deutsche Christen“. Nach dem Ende des „Dritten Reichs“ lehnte sie weiterhin die Demokratie ab und bewahrte ihre nationalsozialistische Überzeugung.
Im Entnazifizierungsverfahren vor der Spruchkammer Ludwigsburg wurde die inzwischen 81-Jährige 1948 in die Kategorie „Mitläufer“ eingestuft. Als Sühnemaßnahme hatte sie einen einmaligen Beitrag in Höhe von 50 DM zu einem Wiedergutmachungsfonds zu leisten, zudem wurden die Kosten des Verfahrens auf den Mindestbetrag von 20 DM ermäßigt. Als Begründung für das milde Urteil gab der Vorsitzende Richter das hohe Alter Suppers und ihre geringen Einkünfte an. Die Schriftstellerin starb am 14. April 1951 in Ludwigsburg.
Zum Glück ist der Wunsch einer Würdigung der Dichterin in Form einer Straße in Hohengehren nicht verwirklicht worden, wäre doch in der Folgezeit hoffentlich eine Diskussion darüber entbrannt, ob man eine solche Straße abermals umbenennen müsste.