Die kleine Emma, geboren 1933, wuchs mitten in der Kriegszeit in Stettfeld auf. Auch sie kann sich noch lebhaft an diese Zeit erinnern, vor allem an den Tod des älteren Bruders, der mit 16 Jahren noch zum Volkssturm eingezogen wurde und 1945 bei Danzig gefallen ist. Auch einige weitere Schulkameraden des Bruders blieben im Krieg.
Wenn nachts Fliegeralarm war, traf sich die Nachbarschaft im Keller der Familie, der immerhin noch ein stabiles Gewölbe hatte. Eine Zuflucht suchte die kleine Emma mit ihren Freunden eines Tages auch im Wald, als in Langenbrücken die Bombardierung der Bahnstrecke durch eine Flugstaffel einsetzte. Die kleine Schar drückte sich flach auf den Waldboden und rechnete mit dem Schlimmsten.
Bei der Bombardierung von Bruchsal hatte Emmas Familie besonders große Sorgen, da die ältere Schwester mit dem Fahrrad gerade dorthin zum Einkaufen unterwegs war. Wie groß war die Freude, als diese gesund wieder nach Hause kam.
Nicht so viel Glück hatten an diesem Tage über 1.000 Menschen, die den Bomben zum Opfer fielen. Auch einige Stettfelder ließen ihr Leben durch den verheerenden Bombenangriff, was heute noch die steinernen Mahnmale an der Stettfelder Friedhofsmauer bezeugen.
Einige Tage nach dem 1. März 1945 wurden die zwölfjährige Emma und ihre Freunde und Nachbarn traurige Zeugen davon, wie Verwandte ihre Toten in Leintücher gewickelt, zum Teil mit dem Fahrrad oder Ziehwägelchen, aus dem zerstörten Bruchsal abholten und dabei in Stettfeld Rast machten.
Beim Einmarsch der Amerikaner am Ostersonntag 1945 ist ihr noch in guter Erinnerung, wie ein großer hagerer amerikanischer Soldat die Straße herunterkam, bewaffnet mit einem gefährlich aussehenden Gewehr, geschmückt mit bunten Quasten. Er forderte die Bevölkerung laut und in barschem Tonfall auf, in die Keller zu gehen. Dieser Aufforderung folgten die Familien umgehend, und bei Emmas Eltern füllte sich der Keller schnell.
Die amerikanischen Soldaten bauten ihre Feldküche für die Versorgung der Truppe beim Rathaus auf. Die neugierigen Stettfelder Kinder waren hier gerne Zaungäste und bekamen das ein oder andere Mal auch ein Stück Schokolade zugesteckt.
Ein weiteres trauriges Kapitel für die Dörfer in unserer Gegend war die Ankunft der Heimatvertriebenen. Emma war ganz entsetzt, als sie die abgerissenen Gestalten sah, die mit einem Hand- oder Pferdekarren und ihrem ganzen Hab und Gut ankamen. Viele Kilometer lagen hinter ihnen, nachdem sie Haus und Hof hatten verlassen müssen und schließlich in Stettfeld ankamen. Sie wurden bei den ohnehin beengten Wohnverhältnissen in der damaligen Zeit von den Bürgern aufgenommen und viele fanden eine neue Heimat im Kraichgau.
In der Nachkriegszeit ging bald wieder der normale Alltag für die Kinder los, die Schule begann wieder und für die Schulabgänger stellte sich die Frage, wie es weitergehen sollte. Emma arbeitete in einem Haushalt in Bruchsal und sammelte so alle wichtigen Fertigkeiten für ihren zukünftigen Haushalt.
Autorin: Beate Harder mit den Erinnerungen von Emma aus Stettfeld