So ökologisch bauen wie möglich – das war von Anfang das Ziel von WIGL e. V., kurz für „Wollen in Gemeinschaft leben“. Seit vergangenem Herbst entstand so im Schwabenheimer Hof ein nachhaltiges Mehrfamilienhaus aus Holz, Stroh und Lehm. Zum ökologischen Bauen gehört in seiner Gesamtheit auch, ressourcenschonend zu bauen und in und um das Haus herum Lebensraum für Wildtiere zu ermöglichen.
Die Anfrage an den BUND Dossenheim, am Neubau ein Konzept zu entwickeln, um mit zur Habitatausstattung passenden Quartieren den Neubau zu optimieren, haben wir gerne aufgegriffen und unterstützt. Vorgeschlagen wurde die Montage von zwei geräumigen Spaltquartieren für Zwerg- und Breitflügelfledermaus sowie acht Mehlschwalbennisthilfen, zwei „Spatzenhotels“ mit je drei Quartiermöglichkeiten für Haussperlinge und eine Halbhöhle für Hausrotschwanz, Grauschnäpper oder Bachstelze vor. Diese wurden in den vergangenen Wochen nun installiert.
Mehlschwalben sind Kulturfolger, die Städte und Dörfer als Lebensraum nutzen. Gebäude und Bauwerke sind für sie „Ersatz-Felslandschaften“, die sie für ihre Niststandorte nutzen. Dabei sind sie sehr anpassungsfähig. Bruten sind sowohl an Häusern, Brücken, Ornamenten von Burgen und Schlössern, Fensternischen und Balkone, als auch an „Doppel-T“-Stahlträgern oder Schiffen nachgewiesen. Als Brutplätze bevorzugen sie meist ausreichend breite Dachüberstände ab 4 m Höhe mit einem freien An- und Abflug. Mehlschwalben sind ausgesprochene Koloniebrüter, können aber auch Einzelnester an Gebäuden besiedeln. Ihre Orts- und Nesttreue ist sehr ausgeprägt. Der Bestand der Mehlschwalben ist in Deutschland stark rückläufig. In den letzten 36 Jahren gingen sie um 44 % zurück, so der Nationale Vogelschutzbericht, den der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) 2019 veröffentlichten. Mehlschwalben werden daher in der Roten Liste der bestandsgefährdeten Brutvogelarten Deutschlands in der Kategorie 3 „gefährdet“ aufgeführt. In Baden-Württemberg steht sie auf der Vorwarnliste.
Das Spatzenhotel ist gezielt für Haussperlinge geeignet. Sie sind sehr gesellig und brüten gerne kolonieartig. Daher auch die Gestaltung mit drei Höhlen nebeneinander. Haussperlinge gelten als „Feld-, Wald- und Wiesenvogel“ sind aber inzwischen stark im Rückgang begriffen, sodass teilweise in ganzen Stadtteilen – auch in Heidelberg – inzwischen keine Haussperlinge mehr vorkommen. Gründe hierfür sind eine Nahrungsverknappung durch Flächenversiegelung und das Kurzhalten der Rasenflächen sowie ein Rückgang der Nistmöglichkeiten durch Abdichtung der Fassaden. In Baden-Württemberg steht sie auf der Vorwarnliste.
Bis auf die Mehlschwalbennisthilfen wurden alle Quartiere von der Schülerfirma MIDENA – Mit der Natur per Du – vom Stift Sunnisheim in Sinsheim angefertigt, die Spaltquartiere sogar passgenau für die beiden Giebelseiten. Finanziert wurden die Quartierhilfen vom BUND Dossenheim. Vorgestellt wurde die vorbildhafte Maßnahme im Juli bei einem gemeinsamen Pressetermin. Den entstandenen Artikel finden Sie im Pressespiegel auf unserer Homepage.
Patricia Reister