Masken. Masken. Masken. Spätestens auf den zweiten Blick wird klar, dass alle Frauen auf den Fotografien eine Maske haben. Doch das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit, die sie „gesichtslos“ macht. Sie sind es vor allem, weil sie als Prostituierte arbeiten.
Wie sie dabei Selbstbestimmung, Sicherheit, seelische Gesundheit und körperliche Unversehrtheit verlieren und wie traumatisierend das ist, das wird deutlich in der Ausstellung „gesichtslos - Frauen in der Prostitution“, die derzeit im Rathausgewölbekeller in Durlach stattfindet. „Wir akzeptieren diese Gewalt gegen Frauen in Deutschland gesellschaftlich und lassen zu, dass die Notlage von Frauen ausgenutzt wird und dass Frauen gegen Geld benutzt werden“, sagt Brigitte Schmid-Hagenmayer, die Prostituierte therapeutisch begleitet.
Initiiert wurde die Ausstellung von der Beratungsstelle Amalia des Diakonischen Werks in Mannheim. Die Fotos hat Hyp Yerlikaya gemacht. Zehn Frauen in der Prostitution wurden fotografiert, wobei sie selbst entschieden haben, wie und wo sie aufgenommen werden möchten. Nach Durlach gebracht hat die Ausstellung die Bürgerinitiative Durlach gegen Prostitution, Träger ist die Evangelische Stadtkirchen-Gemeinde Durlach.
Bei der Eröffnung, musikalisch umrahmt von Klaus Braun, verweisen Moderatorin Dr. Judith Winkelmannund Ortsvorsteherin Alexandra Ries darauf, dass die Prostitution zur Lebenswirklichkeit in Durlach gehöre. Zum einen gebe es den Straßenstrich rund um die Ottostraße. Zum anderen befinde sich nahe beim Rathaus eine Wohnung, in der Prostituierte arbeiten.
„Solange Frauen als Ware käuflich zu haben sind, wird es keine Gleichstellung der Geschlechter geben“, sagt Judith Winkelmann. „Solange das erlaubt ist, akzeptieren wir Menschenhandel und eine Sexualität der Gewalt.“ Hinter der Prostitution stehe organisierte Kriminalität.
„Die Ausstellung bietet die Möglichkeit, sich sehr persönlich mit dem Thema auseinanderzusetzen“, sagt Oberbürgermeister und Schirmherr Frank Mentrup. „Jeder kann sich überlegen, wie es ihm in solcher Situation gehen würde.“ Versuche, Sexarbeiterinnen durch Gesetze zu stärken, seien gescheitert, weil die Machtdiskrepanzen zwischen Männern und Frauen, sprachlicher Art, die gesellschaftliche Struktur durch Tabuisierung und in Bezug auf die Menschenwürde nicht zu überwinden seien. Auch die Tabuisierung würde Sexarbeiterinnen gesichtslos machen. Unverständlich seien ihm auch die unzumutbaren Arbeitsbedingungen, die die Frauen dazu zwingen, in unzureichender Kleidung bei jedem Wetter auf der Straße zu stehen. Thomas Abraham wirft die Frage nach der Rechtslage in Deutschland auf, wenn das alles auf der Straße und hinter den Vorhängen passieren dürfe.
Gesichter sind dabei, das zeigt die Ausstellung „gesichtslos“, völlig unbedeutend. Denn es geht, wie Judith Winkelmann sagt, nicht um die Frauen, sondern darum, dass sie als Ware funktionieren. (rist)
gesichtlos – Frauen in der Prostitution
Foto-Ausstellung
8. bis 23. Juni 2024, freitags, von 15 bis 18 Uhr, samstags und sonntags, von 11 bis 17 Uhr im Rathausgewölbekeller Durlach, Pfinztalstr. 33, Durlach
Prostitution – mit Geld kaschierte Gewalt
Männer reden über Prostitution
Stadtkirche Durlach, Pfinztalstraße 31
Ohne die Liebe … – Gottesdienst
Kinemathek Karlsruhe, Kaiserpassage 6, 76133 Karlsruhe
Freier Wille - ein Film von Leni Breymeier
online, Anmeldungen über info@du-ge-pro.de
Pornografie und sexuelle Gewalt
Prostitution und Gleichstellung, Podiumsdiskussion