200 schon im Vorverkauf erworbene Tickets zeugten davon, dass der Chef der Tourist-Information Klaus Heinzmann und Vollblutmusiker Norbert Dirolf – beide zudem Fans der badischen Mundart – sich mit Format „Musik, Magie und Witz“ in nunmehr 11. Auflage die Herzen eines treuen Publikums erobert haben. So konnte Heinzmann einmal mehr ein volles Haus in der Ohrenberghalle begrüßen, wohin die Veranstaltung vor einigen Jahren von der Kleinkunstbühne im Sigelsaal verlegt wurde.
Das silberne Jubiläum feierte die Band Happy Hour zunächst in ihrem Markenzeichen – dem schwarzen Hut und Sonnenbrille – und ging mit „Everybody needs somebody to love“ von den Blues Brothers gleich in die Vollen. Frontman Jens Heidelberger, der seit 16 Jahren an Bord ist, stellte diesmal die Band mit den Gründungsmitgliedern Klaus Schenk (Kontrabass) und Uli Rothardt (Percussion) sowie Norbert Dirolf und Joachim Braun (Gitarre) und Ralf Bender (Akkordeon) unter viel Jubel gleich zu Beginn des Abends vor.
Zu den über 30 Songs in drei Sets hatte der Mann mit dem unwiderstehlichen Hüftschwung diesmal viel Hintergrundwissen mitgebracht, wie zu der Band CCR um die einst zerstrittenen Fogerty-Brüder. An diesem Abend sollte jedoch der Spaß im Vordergrund stehen, einfach alle Sorgen einmal vergessen und nostalgisch werden, denn im Hintergrund liefen über 200 Bilder Happy Hour-Geschichte, die, wie Heidelberger sagte, beim Raussuchen Pipi in den Augen stehen ließ.
Mundart zum Mitsingen
Derweil hatten sich schon einige Paare Platz zum Tanzen gesucht und einige hielten sehr lange durch. Wenn Not am Mann ist, dann lässt sich Charly Weibel aus „Reilinge newe Hoggene“ nicht lange bitten. Aufgrund der drohenden krankheitsbedingten Absage eines Programmpunktes sagte der preisgekrönte und überregional bekannte Mundartsänger am Morgen spontan sein Kommen zu und hatte mit seinen Song „Geelariewesalohd“ zum „kostenlosen Mitsingen“ das Publikum sofort auf seiner Seite, das gerne einstimmte. Immer Vertelpfundweise wird der „Uffschnitt“ mit Lewer- und Grieweworscht bestellt und manchmal „kummt ma efach net noh“.
Nach diesem köstlichen Angriff auf die Lachmuskeln sorgte der 1. Rock’n’Roll Club Speyer für atemloses Staunen, denn hier handelt es sich nicht um Tanz- sondern um Hochleistungssport. Zwei Paare, die 2023 den Weltmeistertitel in Rock’n’Roll-Akrobatik holten, sorgen mit Todesspiralen und meterhohen Würfen für riesige Begeisterung. Als Vanessa Gottschalk auch noch berichtete, dass für ihren plötzlich erkrankten Tanzpartner Christian Lehr spontan am Mittag Hannes Ullrich einsprang, der sich seit 10 Jahren im „Tanzruhestand“ befindet und das Paar in dieser Konstellation noch nie tanzte, konnte sich die Halle schier nicht mehr beruhigen. Schade nur, dass die sagenhafte Performance natürlich auf dem Hallenboden stattfinden musste und so nicht von allen gut gesehen werden konnte. Nach diesem durchaus „magischen“ Moment, legte Happy Hour mit Hits von Queen bis Drafi Deutscher nach.
Marianne Schätzle, eine mit dem renommierten Kleinkunstpreis Schnellertshamer Heugabel ausgezeichnete und fernsehbekannte Kabarettistin aus Hitzlingen, berichtete daraufhin von ihrem Eheleben mit einem Handwerksmeister, der, wenn er ein Schräuble braucht, eine Bohrmaschine im Angebot aus dem Baumarkt mitbringt, aber das Schräuble vergisst. Das „Filetstück“, so steht es zumindest auf seiner Schürze, grillt nicht gerne vegetarisch, und das heißt auf indianisch schließlich so viel wie „zu blöd zum Jagen“. Schätzle lässt Tofuwurst auch ohne Serviette in der Handtasche verschwinden. Bereitwillig summte das Publikum die Nationalhymne, um die Altkanzlerin Angelika Merkel willkommen zu heißen – „Tut so, als ob ihr euch freut“ – Denn für diese Rolle ist die Komödiantin, die mit ihrer großen Ähnlichkeit sogar ihren eigenen Sohn verblüffte, schließlich bekannt.
Für das letzte Set hatte Happy Hour die schwarzen mit weißen Hemden getauscht und erfreut das Publikum noch einmal mit allem, was der Rock’n’Roll zu bieten hat, aber auch Sweet Caroline und natürlich dem immer noch heiß geliebten Twist. Nun hieß es Abschied nehmen von Norbert Dirolf, der nach 50-jähriger Bühnenpräsenz die Gitarre an den Nagel hängt. Seine Anfänge nahm er gemeinsam mit Joachim Braun in der Band „Jeans“, worauf die Show- und Tanzband „San Franzisco“ sowie die Projektband „Thannhäuser“ folgte und mit den „Troubadours“ war er ebenfalls überregional unterwegs. Das Publikum dankte mit stehenden Ovationen und Dirolf mit „Barbara Ann“ von den Beach Boys. Immer mehr Paare tanzten, und dann ging der rund vierstündige Abend zu Ende. „Sie finden, das war Spitze“, rief Heinzmann, als, wie er sagte, glücklichster Mensch im Saal, und altersmäßig erinnerten sich sicherlich die meisten an die Sendung, in der Hans Rosenthal diesen Satz bekannt machte. Steffen Weidmann war an diesem Abend für die Technik zuständig und hatte mit langem Aufbau mit Klaus und Ulrich Haßfeld für beste Akustik und Beleuchtung gesorgt. Die KJG hielt ebenfalls tapfer durch und sorgte abermals für die Bewirtung. (cm)