Von Jennifer Warzecha
Langsam wird es wärmer. Die Sonnenstrahlen sorgen für bessere Laune – und machen möglicherweise auch Lust aufs Heiraten. So oder so ähnlich dachte man es sich beim AWO-Geschichtsstammtisch am Dienstagnachmittag der Vorwoche. Nicht nur Geschichtliches erfuhr man dabei, sondern hatte wieder allerhand zu lachen.
Volker Ebendt lag es dabei am Herzen, aus seinem eigenen Leben zu erzählen. Wie Heiraten heute ist, wisse man, wie es damals war, darin gab er Einblicke. Er zeigte den Anwesenden ein Bild, auf dem seine Großeltern als Verlobte zu sehen sind. Das war 1916. Sein Opa sei zwei Jahre im Krieg, seine Oma in Mannheim gewesen. Sie war bei einem Pfarrer in Mannheim angestellt. Ebendt zeigte eine Bibel, die hinten auch noch Kinder und andere Verwandten aufgelistet hatte. Heute findet sich diese Art von Dokumentation im Stammbuch, das es aber erst seit der NS-Zeit gibt. Erst seit 1870 zu Napoleons Zeiten sei Heiraten auch eine staatliche Angelegenheit und rechtliche Sache, nicht nur die der Kirche.
Anne Lassmann las von der Geschichte der Ehe. In Europa gab es bis ins frühe Mittelalter hinein verschiedene Eheformen. So ist "Hîwa" das alte germanische Wort für „Heirat“. Das Wort bedeutete soviel wie Hausstand oder Hausgemeinschaft. Das Wort "Ehe" entstammt dem alt- oder mittelhochdeutschen „ewe“ oder „ewa“, dem „Gesetz“. Lassmann las weiter: „Die Ehe ist also eine Gemeinschaft, die einem Gesetz, bestimmten Regeln, folgt. In Deutschland war dies lange Zeit die auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau. Seit 2017 dürfen in Deutschland auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten.“ Im Mittelalter nun wechselte die Frau bei der sogenannten Muntehe von dem Schutzverhältnis ihrer Sippe in das des Bräutigams. Dieser musste dafür den Muntschatz zahlen. Das war eine Ablösesumme, die die Sippe der Braut bekam. Der Bräutigam wurde Vormund seiner Frau. Die Trauung war im frühen Mittelalter noch mit einer Reihe ritueller Handlungen verbunden. Der Bund wurde so besiegelt. „Zusammen mit der Braut wurden zum Beispiel Speer, Schwert oder Hut als Zeichen der Schutzgewalt übergeben. Der Bräutigam ergriff dann die Hände der Braut, trat auf ihren Fuß und ummantelte sie“, las Lassmann. Es folgte der „Brautlauf“, mittels dem der Bräutigam die Braut in sein Haus führte. Unter Zeugen fand hier die „Beschreitung des Ehebettes“ statt. „Erst dann galten beide als verheiratet“, so las Lassmann und sei hier ein Auszug aus der Geschichte der Heirat gegeben.
Von Elisabeth Habel erfuhr man zum Beispiel, dass die „Hochzich“ erst nach der Militärzeit stattgefunden hatte. Brigitte Hahn gab Tipps für angehende Ehemänner. So heißt es im „Witterungs Bericht“ zum Beispiel: „Zahlt er nicht, was sie bestellte, kann entstehen Eises … Kälte. Darum ehrt die Fraun wie Götter, dann habt ihr stets schönes … Wetter.“
Elke Bonning ist seit 1. Mai Mitglied. Sie war Standesbeamtin in Durlach und Grötzingen. Hier habe sie eine Standesamtstrauung mit Gerichtsvollzugsbeamten erlebt. Das Brautpaar sei hoch verschuldet gewesen. Die Ausstattung zeugte nicht davon, im Gegenteil. Auch, als die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt worden ist, war es für sie zunächst ungewohnt. „Soll ich sagen: 'Küssen Sie den Mann oder die Frau?'“ Auch, als zwei Frauen und beide mit Hochzeitsschleier ankamen, war das für sie zunächst ungewohnt.
Beate Ebendt berichtete, wie sich das rechtliche Verhältnis zwischen Mann und Frau verändert habe. „Erst seit den 1970er-Jahren hat der Mann nicht mehr zu bestimmen, ob die Frau arbeiten oder die Tochter unter 21 Jahren eine Berufsausbildung machen darf.“ Sie spricht auch davon, dass man bei der AWO auch mal jemanden gekannt habe, einen Mann, der dann seinen Lebensgefährten geheiratet habe. Erst sei man eine Sekunde lang ruhig geblieben und habe zuerst gefragt, wer denn die Glückliche sei. Dann habe man es akzeptiert. Lustig und musikalisch ging es mit der Vogelhochzeit von Anna Amsel und Dirk Drossel weiter.
Jürgen Kunzmann trug Gedichte aus dem Eheleben vor, über die Hochzeit, über die Ehefrau, der es schlecht geht und die vermeintlich etwas aus der Hausapotheke bekommt und einem Bräutigam, der die Hochzeitsnacht anschaut und am Fenster steht, weil sein Bruder gesagt habe, dass die Hochzeitsnacht das Schönste an der Hochzeit wäre. Alles in allem wieder ein interessanter und vergnüglicher Nachmittag.