Lernort Kislau e. V.
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76137 Karlsruhe
Bürgerforum informierte über Planung

Bad Schönborn: Lernort Kislau – Jetzt kommt er wirklich

Angesichts klammer Kassen war die Zusage von 1,8 Millionen des Landes BW für den Bau des Lernorts Kislau im Dezember ein wichtiges Signal.
Bei einem Bügerforum präsentierte das Team Lernort-Kislau in Bad Schönborn die Planung.
Bei einem Bügerforum präsentierte das Team Lernort-Kislau in Bad Schönborn die Planung.Foto: cm

Angesichts klammer Kassen war die Zusage von 1,8 Millionen des Landes Baden-Württemberg für den Bau des Lernorts Kislau im Dezember ein wichtiges Signal.

Im Namen des ehrenamtlichen Vorstandsteams begrüßte Angela Dänner die Gäste im Haus des Gastes. Auch wenn nicht ganz so viele Menschen wie in der letzten Woche zum Ballonglühen gekommen seien, freue er sich über jeden Interessierten und Neugierigen über das, was seit vielen Jahren wachse, so Bürgermeister Klaus Detlev Huge. Dann musste auch er zum nächsten Termin in das im letzten Jahr im Gedenken an eine enteignete jüdische Familie in Gustav-Basnizki umbenannte Bürgerhaus eilen. „Ich gratuliere nicht nur für die klaren Zeichen aus Stuttgart, dass die Geschichte Kislaus als erstes badisches KZ in die Neuzeit übersetzt werden soll, sondern auch dazu, dass ihr die Zeit des Wartens mit Dokumentations- und mobiler Bildungsarbeit so gut genutzt habt und mit vielen Ideen, Enthusiasmus und Terminen in die Schulen getragen habt“, lobte er.

„Geschichte muss von vorne vermittelt werden“

Zu zeigen, wohin der Weg führt, wäre wichtiger denn. Bereits vor 10 Jahren habe der Gemeinderat den Bebauungsplan auf den Weg gebracht. „Schon bei der Vereinsgründung vor 13 Jahren war es unser Anspruch historische und politische Arbeit integral denken zu verbinden, woraus sich auch das Motto Demokratie erleben ergeben hat“, führte Dr. Andrea Hoffend aus, die das derzeit vierköpfige hauptamtliche Team mit einer Mitarbeiterin des Bundesfreiwilligendienstes anführt. Dabei könne man nur Impulse geben und Demokratie nicht aufoktroyieren, sondern nur mit demokratischen Mitteln und auf Augenhöhe vermitteln. „Geschichte muss von vorne erklärt werden“, sagte sie, von daher habe man die Weimarer Republik in den Blick genommen, denn die Diktatur sei nicht auf einmal da gewesen, sondern habe sich eingeschlichen. So sei gerade ein frühes Lager wie Kislau eine Zäsur gewesen und ein Scharnier, denn die, die hier inhaftiert wurden, seien oft die gewesen, die versucht hatten zu verhindern, was passierte. Genau ab dann habe Willkür geherrscht. Kislau sei nicht nur eines der wenigen frühen Lager gewesen, die nach 1934 und somit am längsten existierten, sondern außer Dachau das Einzige in Süddeutschland, in dem zudem verschiedenste Häftlingsgruppen inhaftiert wurden. Ein wesentlicher Grund für Kislau sei auch gewesen, dass es lediglich Erinnerungsstätten gebe, die die württembergische NS-Geschichte im Landesmaßstab vermitteln und keine im badischen Teil.

Modelle der Vermittlungsarbeit

Die Historikerin Fabienne Bitz stellte die verschiedenen Modelle der Vermittlungsarbeit vor, wie das interaktive mobile Geschichtslabor, ein Onlineportal und viele Jugendprojekte. Damit habe man nicht nur viel Erfahrung sammeln könne, sondern auch viel Aufmerksamkeit bekommen, sodass es schon jetzt viele Anfragen von Schulen gebe, die kommen wollten. Das Angebot solle sich aber an alle Altersgruppen richten. Kai Lohse, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, der in Bad Schönborn lebt, ging auf die Chancen des Lernorts ein. Für die Qualität garantiere nicht nur die hervorragende Arbeit des Teams, sondern auch ein elfköpfiger Beirat mit Fachleuten aus Forschung und Praxis unterschiedlicher Disziplinen, zu dem er selbst und auch Dr. Klaus Gaßner gehöre, der den Lernort begleite. So nehme man auch die Gesamtgeschichte in den Blick. „In Kislau hat man die Umgebung und konkrete Schicksale, mit denen man sich beschäftigen kann und das sorgt für Authentizität und macht alles weniger abstrakt“, betonte er. Ein dritter Aspekt sei die Begegnung auch durch andere Formate wie „Forum Kislau“, Gedenkveranstaltungen und „Zeichen setzen“. Viele Partnerschaften wären möglich, wie mit der Stiftung Forum Recht und auch in Bezug zu den Partnergemeinden wie Niederbronn-les-Bains gebe es sehr viel Anknüpfungspunkte. Der Historiker Michael Börner stellte den Neubau vor, der in Holzständerbauweise entstehen soll und sich in seiner Lage auch an einer geplanten Renaturierung des Kraichbachs orientiert.

„Vorhof der Hölle“

„Das verschandelt ja total den Blick“, entfuhr es einem Zuhörer. „Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn man das historische Gebäude nutzen könnte“, erklärte Börner, was durch die Nutzung als Außenstelle der JVA leider nicht möglich sei. Auch eine Villa komme nicht infrage, da sie als Freigängerhaus gebraucht wird. Das Konzept sieht ein Forum und 13 Themenfelder vor, wobei bisher nur der siebte Bereich „Verfolgung und KZ“ festgelegt sei. Das hängt auch mit der Finanzierung zusammen, weil die Landesmittel nur für den Bau des Gebäudes reichen. Rund 700.000 Euro sollen in Form eines Fundraisings generiert werden. Hier gebe es allerdings auch schon Zusagen von Unterstützern, so sei man beispielsweise mit der Hopp-Stiftung im Gespräch. Luise Helm regte Patenschaften mit Schulen, Vereinen und Kirchen an und betonte auch, wie ideal die Lage direkt am öffentlichen Nahverkehr sei. Für eine lebhafte Diskussion sorgte der Einwurf eines Zuhörers, dass Kislau doch kein KZ gewesen sei und dort schließlich nur ein Mensch umgekommen sei. „Mit Juden hätte das rein gar nichts zu tun gehabt, und dort waren auch Asoziale untergebracht“, rief der Mann erregt. Mit einem Originalplan des „Arbeits- und Konzentrationslagers“ konnte die erste Behauptung schnell widerlegt werden. Kislau sei zwar kein Vernichtungslager gewesen, aber ein Ort der Entrechtung, und viele wurden von diesem „Vorhof der Hölle“ weitertransportiert, hielten ihm das Kislau-Team und andere Zuhörer entgegen. Gerade beim Gedenken in Kislau wurden Biografien von Häftlingen vorgelesen, in denen deutlich wurde, aufgrund welcher Nichtigkeiten angebliches „Gesindel“ inhaftiert wurde. Nach 13 Jahren des Wartens könnte der Lernort nun wirklich bald stehen. (cm)

Infos unter www.lernort-Kislau.de

Erscheinung
Bad Schönborner Woche
Ausgabe 07/2025

Orte

Bad Schönborn
Karlsruhe

Kategorien

Bildung
Panorama
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
11.02.2025
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