
In einem war sich der Gemeinderat einig: Die Barrierefreiheit des Bahnhofs soll kommen. Nicht nur die Fraktionen, auch Bürgermeister Jürgen Kirchner sah sich genötigt, das in der letzten Sitzung des Gremiums im Jahr 2025 nochmals zu betonen. Dazu geführt hatte eine Ausführung in der Bürgerfragestunde.
Dass die neue Variante zur Anbindung des Mittelgleises per Aufzug, die die Verwaltung zur Diskussion stellte, nicht optimal war, das befand auch Abteilungsleiter Tobias Schork. „Die Wege sind weit“, gab er zu. Deren tiefere Prüfung sei aber verantwortungsvoll vor dem Hintergrund von Kostenexplosion und miesen Haushaltszahlen. Ursprünglich hatte die Verwaltung in Zusammenspiel mit dem Kreis und der Bahn dessen Einbau ausgehend von der Unterführung favorisiert. Daraus ableitend müssten dort verlaufende Wasserleitungen verlegt werden. Die Kosten liegen mit 2,2 Mio. Euro allein für die Verlegung weit über der ursprünglich angenommenen 1 Mio. Euro, den Aufzug noch nicht eingerechnet. Die neue Variante wäre wesentlich kostengünstiger: Sie sah zwei Aufzüge als Anbindung an die Brücke der Beethovenstraße – einer auf Gleis 1, einer auf dem Mittelgleis – vor, die den Bahngästen mit mobilen Einschränkungen den Gleiswechsel ermöglichten. Die Stadt müsste dafür lediglich knapp 1 Mio. Euro Kosten zahlen, der andere Teil käme über den Kreis und Fördergelder, die man für beide Aufzüge versuche zu bekommen.
Bei Walter Metz (Lebenshilfe Weinheim) fiel die Variante durch. Er bemängelte zu weite Wege. Und mehr: „Mit fehlt jegliche Emotion und jegliche Empathie“, so sein Vorwurf an die Verwaltung und deren ausgearbeiteten Vorschlag. „Emotionalität ist nicht zielführend“, setzte Schork dem entgegen. Er berief sich auf einen Beschluss zur Barrierefreiheit des Bahnhofs. Damit hatte Metz dann auch zugleich die von ihm gewünschte politische Aussage, dass die kommen sollte. Die hatte ihm zuvor bereits Bürgermeister Jürgen Kirchner gegeben. Allerdings in schärferen Worten. Kirchner wollte auch von fehlender Empathie nichts wissen. „Wir kämpfen seit Jahren“, so der Bürgermeister. An wem die unendliche Geschichte liegt, machte Tobias Schork deutlich: „Es ist nichts schwieriger, als von der Bahn verlässliche Aussagen zu kriegen.“ Daher konnte Metz Wunsch nach einer Aussage zum Umsetzungszeitpunkt nicht erfüllt werden. „Es gibt Millionen von Fragezeichen“, sagte Schork. Für den Einbau des Aufzugs ausgehend von der Unterführung sei eine Sperrpause notwendig. Die gibt es 2027, 2030 und 2035. Beim Jahr 2027 winkte die Verwaltung ab. Schork machte sich aber Hoffnungen, dass nach Fundamenteinbringung während einer Sperrpause der eigentliche Einbau an der Brücke im laufenden Betrieb umgesetzt und damit Zeit gespart werden könnte. „Ich weiß es aber nicht“, wollte er das nicht als Fakt verstanden wissen.
SPD, Grüne, Freie Wähler und FDP begrüßten den Vorschlag der Verwaltung ohne Umschweife. Zustimmung kam letztlich auch von Pro Hemsbach, wenngleich Marlies Drissler massiv haderte. Zum einen mit der neuen Variante selbst, die sie als unzureichende Lösung ansah, zum anderen mit dem ganzen Projekt, das einen Akteur finanziell aussparte. „Das ist eine Unverschämtheit“, wettere sie mit Blick darauf, dass für die Kosten des barrierefreien Ausbaus einzig Kommune, Kreis und Bund aufkommen, nicht aber die Bahn. „Die zahlt keinen Cent“, bestätigte Schork. „Die Bahn hat kein Interesse an Hemsbach“, schloss daraus Thorsten Rheinfrank (Freie Wähler). Wolle man für die Bürger etwas erreichen, müsse man selbst in die Bresche springen. Drissler mahnte, dass der Bahnhof eigentlich drei Aufzüge benötige: einen jeweils auf den beiden Parkplätzen Ost und West sowie einen auf dem Mittelgleis, die durch eine Brücke verbunden sein sollten. Nur so wäre Barrierefreiheit gegeben.
Teile der CDU konnten sich nicht damit anfreunden, dass die Planung der ursprünglichen Variante zugunsten einer Prüfung der neuen Idee vorerst gestoppt werden sollte. „Wir machen uns gegenüber der Bahn unglaubwürdig“, sagte Martin Schild. Zudem sollte man nicht noch mehr Zeit verlieren, so Schild weiter. Er fügte seinen Ausführungen zudem an, dass der städtische Anteil durch die Kosten nicht exorbitant steige. So kamen am Ende zwei Nein-Stimmen aus der Fraktion. Sie standen 15 Zustimmungen zur Prüfung der Variante entgegen, für die im Haushalt 2026 nun 100.000 Euro als Planungsrate verankert werden. Tobias Schork hatte noch vor Beschlussfassung erklärt, dass man das Thema zeitnah angehen werde.
Noch eine weitere Zustimmung gab es: Der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan des Minera-Geländes ist gefasst. Er fiel einstimmig. Damit kann auf dem Gelände nun eine Neuplanung samt Umsetzung stattfinden. Es sollen ein Café mit Drive-in und E-Ladeparkplätze entstehen, außerdem soll es laut Plan eine neue Anordnung von Werkstatt und Waschstraße geben. (cs)