Bäume sind schützenswert. Sie kühlen im Sommer unsere überhitzte Stadt, sie filtern Feinstaub aus der Luft, produzieren den lebenswichtigen Sauerstoff zum Atmen, binden klimaschädliches CO2 und sind durch ihre vielfältigen Lebensräume ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt.
Auf der Grundlage des § 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg und des § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes hat der Gemeinderat der Stadt Wendlingen am Neckar folgende Baumschutzsatzung beschlossen.
Die im Folgenden genutzte männliche Form gilt für alle Geschlechter.
§ 1 Schutzzweck
(1) Die Erklärung zu geschützten Bäumen erfolgt mit dem Ziel sie zu erhalten, weil sie
das Orts- und Landschaftsbild prägen und gliedern
zur Verbesserung der Lebensqualität und des Kleinklimas beitragen
der Luftreinhaltung dienen und
vielfältige Lebensräume darstellen.
(2) Der Geltungsbereich erstreckt sich über die gesamte Gemarkung der Stadt Wendlingen am Neckar.
(3) Die Baumschutzsatzung umfasst zwei Zonen:
Zone 1 befindet sich innerhalb des bebauten Stadtgebiets
Zone 2 umfasst den unbebauten Außenbereich
§ 2 Schutzgegenstand
(1) Bäume im Geltungsbereich dieser Satzung mit einem Stammumfang von mindestens 80 cm, gemessen 100 cm über dem Boden, werden zu geschützten Bäumen erklärt. Bei mehrstämmigen Bäumen ist die Summe der Stammumfänge maßgebend. Zum Schutzgegenstand gehören der Baum sowie der Wurzelbereich nach § 3 (2) Satz 2.
(2) Diese Satzung gilt nicht für:
a) Wald im Sinne von § 2 des Landeswaldgesetzes Baden-Württemberg.
b) Bäume in Baumschulen, Gärtnereien und Erwerbsobstanlagen.
c) Schutzgebiete in denen abweichende Regelungen gelten.
§ 3 Verbotene Handlungen
(1) Es ist verboten geschützte Bäume zu beseitigen, zu zerstören oder zu beschädigen. Verboten sind weiter Eingriffe, die die typische Erscheinungsform der Bäume wesentlich verändern oder die Bäume in ihrem Bestand oder im weiteren Wachstum beeinträchtigen können.
(2) Beeinträchtigungen und Schädigungen sind insbesondere Maßnahmen im Wurzel-, Stamm- und Kronenbereich:
a) Unsachgemäßer Rückschnitt oder Kappung
b) Mechanische Beschädigung
c) Anbringen von Gegenständen, welche die Bäume schädigen können
d) Abgrabungen oder Überschüttungen des Wurzelbereichs
e) Verdichtung des Wurzelbereichs durch Lagerung und Überfahren
f) Befestigung des Wurzelbereichs durch Versiegelung
g) Ausbringen chemischer Substanzen auch von Waschwasser, Herbiziden und Streusalz
h) Errichten von baulichen Anlagen im Wurzelbereich und der Baumkrone
Als Wurzelbereich gilt die senkrechte Projektion der natürlichen Baumkronen Außenkante auf den Boden zuzüglich 1,5 m, bei Säulenformen zuzüglich 5 m nach allen Seiten.
(3) Nicht verboten sind:
a) Formschnitte an Formgehölzen
b) Pflegeschnitte zur Erhaltung der Bäume (auch Kronenentlastung)
c) Entfernen von Totholz, beschädigten Ästen und Krankheitsherden
d) Belüften und Bewässern des Wurzelbereichs
e) Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit
Bei allen Maßnahmen sind die Belange des Arten- und Naturschutzes zu beachten.
Müssen geschützte Bäume oder Teile davon zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr beseitigt werden, ist dies der Stadt unverzüglich schriftlich anzuzeigen und durch bildliche Dokumentation nachzuweisen.
§ 4 Schutz- und Pflegemaßnahmen
(1) Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken mit Baumbestand haben die Bäume fachgerecht zu unterhalten, schädigende Einwirkungen zu unterlassen und die Lebensbedingungen für die Bäume zu erhalten und zu fördern, um eine gesunde Entwicklung langfristig zu sichern.
(2) Die Stadt kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte zu entsprechenden Erhaltungsmaßnahmen verpflichten. Bei Weigerung kann die Stadt auf Kosten der Eigentümer oder Nutzungsberechtigten eine Fachfirma mit entsprechenden Maßnahmen beauftragen.
§ 5 Befreiung
(1) Im Einzelfall kann auf Antrag eine Befreiung von den Verboten nach § 3 erteilt werden, wenn
a) der Baum nachweislich krank ist und die Erhaltung einen unzumutbaren Aufwand darstellt,
b) vom Baum Gefahren für Personen und Sachen von besonderem Wert ausgehen,
c) eine nach den rechtlichen Vorschriften zulässige Nutzung nicht verwirklicht werden kann.
d) das Verbot zu einer nicht beabsichtigten Härte für den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten führen würde.
(2) Der Antrag auf Befreiung ist vom Grundstückseigentümer schriftlich beim Stadtbauamt zu stellen und unter Vorlage von Nachweisen hinreichend zu begründen.
(3) Die Befreiung erfolgt durch einen Bescheid des Stadtbauamtes.
(4) Bäume, die im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben von den Verboten des § 3 befreit sind, dürfen nur unmittelbar vor Baubeginn unter Berücksichtigung des Bundesnaturschutzgesetzes gefällt werden.
§ 6 Ersatzpflanzung
(1) Im Fall einer Befreiung nach § 5 ist der Antragsteller zu einem ökologischen Ausgleich durch Pflanzung von Ersatzbäumen verpflichtet.
(2) Die Anzahl der Ersatzbäume richtet sich nach dem Stammumfang des beseitigten Baumes und muss angemessen und zumutbar sein. Bis 100 cm Stammumfang, gemessen 100 cm über dem Boden, ist ein Ersatzbaum, bei einem Stammumfang von 100 bis 150 cm ein zweiter Ersatzbaum und ab 150 cm Stammumfang ein dritter Ersatzbaum zu pflanzen. Bei kranken, abgängigen Bäumen, die einer Befreiung nach § 5 (1) a) unterliegen, muss nur 1 Ersatzbaum gepflanzt werden. Ausnahmsweise können anstatt einer Neupflanzung bestehende, noch nicht durch die Baumschutzsatzung geschützte, Bäume auf dem gleichen Grundstück als Ersatzpflanzung festgesetzt und geschützt werden.
(3) Ersatzpflanzungen sind grundsätzlich mit gebietstypischen, standortgerechten, einheimischen Laubbäumen oder sogenannten Zukunftsbäumen in handelsüblicher Baumschulqualität vorzunehmen und in jedem Fall mit dem Stadtbauamt abzustimmen. Der Mindeststammumfang der Ersatzpflanzung beträgt grundsätzlich in Zone 1 16–18 cm, in Zone 2 7–8 cm gemessen 100 cm über dem Boden.
(4) Die Ersatzpflanzungen sind auf dem betroffenen Grundstück auszuführen. Ist dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, nicht oder nur teilweise möglich, kann die Ersatzpflanzung nach vorheriger Genehmigung oder in Absprache mit der Stadtverwaltung auch auf einem anderen privaten oder öffentlichen Grundstück durchgeführt werden. Eine Ersatzpflanzung kann nur anerkannt werden, wenn für den Ersatzbaum ein unverdichtetes Baumbeet von 4 m² Fläche oder eine wasser- und luftdurchlässige Baumscheibe und ein Wurzelraum mit Erdanschluss zur Verfügung steht.
(5) Die Ersatzpflanzung ist spätestens in der Pflanzperiode nach Entfernung des Baumes, bei Bauvorhaben spätestens in der Pflanzperiode nach Fertigstellung des Bauvorhabens durchzuführen. Die Durchführung der Nachpflanzung ist schriftlich anzuzeigen und zu belegen.
(6) Die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung gilt erst dann als erfüllt, wenn der Baum zu Beginn der Vegetationsperiode nach Ablauf von 5 Jahren nach der Pflanzung angewachsen ist.
§ 7 Ersatzzahlung
(1) Ist die Erfüllung der Ersatzpflanzungspflicht gemäß § 6 aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich, ist für jeden, als Ersatz zu pflanzenden Baum eine Ersatzzahlung zu leisten. Von der Ersatzzahlungspflicht kann abgesehen werden, soweit diese eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
(2) Die Höhe der Ersatzzahlung richtet sich nach der Zone gemäß § 1 (3) in welcher der zu entfernende Baum steht. In Zone 1 beträgt die Ersatzzahlungspflicht
2.500,00 € pro Baum. In Zone 2 beträgt die Ersatzzahlungspflicht 1.500,00 € pro Baum
(3) Die nach dieser Satzung zu entrichtenden Ersatzzahlungen sind an die Stadt Wendlingen am Neckar zu entrichten. Sie sind zweckgebunden für städtische Baumpflanzungen und für den Erhalt von Stadtbäumen einzusetzen.
§ 8 Betreten von Grundstücken
Beauftragte der Stadt Wendlingen am Neckar sind berechtigt zur Durchführung dieser Satzung, Grundstücke gemäß den jeweils geltenden gesetzlichen Regelungen zu betreten, in Zone 1 nach vorheriger Anmeldung, und die im Rahmen dieser Satzung notwendigen Maßnahmen nach Rücksprache mit den Eigentümern durchzuführen. Sie sind verpflichtet, sich auf Verlangen des Grundstückeigentümers auszuweisen.
§ 9 Folgenbeseitigung
(1) Hat der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks geschützte Bäume ohne Befreiung von den Verboten nach § 3 entfernt, zerstört, beschädigt, in ihrem Bestand beeinträchtigt oder ihren Aufbau wesentlich verändert, hat er die Schäden oder Veränderungen zu beseitigen. Ist dies nicht möglich, ist eine Ersatzpflanzung und eine Ersatzzahlung gemäß § 7 zu leisten.
(2) Werden von einem Dritten ohne Verschulden des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten geschützte Bäume entfernt oder zerstört, so entsteht diesem Dritten die Verpflichtung gemäß Absatz (1).
§ 10 Verkehrssicherungspflicht
Die Verpflichtung der Eigentümer oder Nutzungsberechtigten Bäume im verkehrssicheren Zustand zu halten bleibt unberührt.
§ 11 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne dieser Satzung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
a) eine nach § 3 verbotene Handlung ohne die erforderliche Befreiung nach § 5 begeht,
b) der Anzeigepflicht nach § 3 (3) nicht nachkommt,
c) den Verpflichtungen nach § 4 (1) nicht nachkommt,
d) Bestimmungen einer Befreiung nach § 5 nicht erfüllt,
e) die Ersatzpflanzung nach § 6 nicht fristgerecht durchführt oder
f) bei Antragstellung keine oder falsche Angaben über geschützte Bäume macht.
(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1, in Verbindung mit § 17 des Ordnungswidrigkeitengesetzes, können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 € geahndet werden. Die Zahlung der Geldbuße befreit nicht von der Verpflichtung der Ersatzpflanzung.
§ 12 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
Hinweis:
Eine etwaige Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) oder aufgrund der GemO beim Zustandekommen dieser Satzung wird nach § 4 Absatz 4 GemO unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich oder elektronisch innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung dieser Satzung gegenüber der Stadt geltend gemacht worden ist; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist zu bezeichnen. Dies gilt nicht, wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Sitzung, die Genehmigung oder die Bekanntmachung der Satzung verletzt worden sind.
Wendlingen am Neckar, 22.10.2024
(gez.)
Steffen Weigel
Bürgermeister