Was für eine beeindruckende Veranstaltung durften diejenigen erleben, die am Mittwochabend, den 14. Mai, den Weg ins Evangelische Blaulach-Gymnasium gefunden hatten! Und es waren viele – das Foyer war voll und die Aufmerksamkeit groß – man hätte eine Stecknadel fallen hören. Gebannt lauschten die Besucherinnen und Besucher der Lesung des berühmten Autors und Juristen Bernhard Schlink aus seinem Roman „Die Enkelin“, den dazu selbstverfassten Texten der Schülerinnen und Schüler und den musikalischen Einlagen, die von Celina Dominikovic vorgetragen wurden. Überhaupt Musik: sie erwies sich nicht nur in Schlinks Roman als etwas Verbindendes bei den Begegnungen zwischen dem linksliberalen Buchhändler Kaspar und seiner Stief-Enkelin Sigrun, die in eine völkische Gemeinschaft hineingeboren und dort mit dem entsprechenden Weltbild groß geworden war. Auch für die Schülerinnen und Schüler spielt Musik, das machten ihre Texte deutlich, eine große Rolle beim Selbstfinden und Andere Wiederfinden. Schlink und die eigenen Texte der Jugendlichen wechselten sich ab, wobei die Texte Themen aus Schlinks Romanpassagen aufgriffen und sehr persönliche Überlegungen daran anknüpften – zur Musik, zu rechtsextremistischem Denken, zu völkischen Gemeinschaften, zur Holocaust-Leugnung, aber auch zur Bedeutung von Opa und Oma. An Letztere waren ebenfalls mehrere, das Publikum sehr bewegende Beiträge gerichtet, als Würdigung dessen, was man von ihnen an Zuneigung, Geborgenheit und Hilfe erfahren hatte, ohne es ihnen auch gesagt zu haben.
Nach der Lesung gab es noch eine intensive Befragung des Autors durch die Schülerinnen der 10. Klasse. Sie fragten nach biographischen Elementen in den Romanen, nach möglichen Schreibblockaden, ob er von einem Roman schon vor dem Schreiben das Ende wisse und nach der Zeit, die es brauche, einen Roman zu schreiben. Aber auch Fragen zur aktuellen Lage spielten eine Rolle, als Schlink befragt wurde, wie die junge Generation in dieser Gesellschaft etwas ändern könne oder was er von einem AfD-Verbot halte. Organisiert und eingeladen hatte den Autor Bernhard Schlink eine Gruppe von „Menschsein auf den Härten“ um Friedel Nielebock, die Durchführung des Abends lag in den Händen des Blaulach-Gymnasiums, wobei es dem Lehrer Jan Halmazna hervorragend gelang, die in seinem Unterricht verfassten Texte als Kommentierung und Weiterführung von Schlinks Romanpassagen erscheinen zu lassen, nur unterbrochen durch zu den Texten passenden klassischen Klavierstücken. Das Publikum war begeistert und spendete reichlich Beifall und in die Spendenkasse, deren Erlös der Jugendfarm Kusterdingen zugutekam.