„Ich gehöre zu den Menschen, die gern Zeit auf der Couch verbringen“ – mit dieser Einleitung beginnt am vergangenen Freitag der Journalist und Bestsellerautor Stephan Orth seine Lesung am LÖWENROT-Gymnasium und nimmt damit von der ersten Sekunde an alle Schüler*innen für sich ein.
Vor den Deutsch-Leistungskursen der Kursstufe 2 präsentiert er sein neuestes Buch: „Couchsurfing in der Ukraine – meine Reise durch ein Land im Krieg“, das 2024 im Piper Verlag erschienen ist. Im Gepäck hat Stephan Orth eine professionell auf den Vortrag zugeschnittene Präsentation, die zahlreiche Fotografien, volkstümliche Musik und eine interaktive Landkarte vereint, die seine Reiserouten visualisiert.
Orth sucht bei seinen Reisen aber nicht die besten Spots für Touristen, nein, er sucht Authentizität und schläft deswegen bei seinen Gastgebern zuhause, auf deren Sofa. Zahlreiche Fotos zeigen ihn in Ländern wie China, Russland oder dem Iran auf den unterschiedlichsten Couches, mal mit Samt überzogen, mal mit der Toilette im selben Raum.
Seine Bedenken, ob es nicht pietätlos sein könnte, „als ungekämmter privilegierter Backpacker in ein Kriegsgebiet zu reisen“, werden von ukrainischen Gastgeber*innen der Plattform couchsurfing.com zerstreut, die auf seine Anfragen antworten: „Deutschland hat eine Million Ukrainer*innen aufgenommen, da können wir wohl einen Deutschen aufnehmen!“. So unternimmt er also eine achtmonatige Reise ins Kriegsgebiet.
Lebensnahe und ergreifende Anekdoten
Eine dreiminütige Video-Fahrt bringt uns in die tiefste U-Bahn-Station der Welt in Kiew, wo eine berührende Ausstellung zu sehen ist: Während sie monatelang hier Schutz suchen mussten, haben Kinder im Alter von 6-16 Jahren Kunstwerke auf die Säulen gemalt.
Stephan Orth betont die große Bedeutung von Kunst für die Menschen in der Ukraine, erzählt von beinahe prophetischen Briefmarken und der Kraft der Bilder. Er zeigt Street-Art von Banksy und Graffiti des Charkiwer Künstlers Gamlet. Er zeigt uns eine App, die anzeigt, wann und wo man mit einer funktionierenden Stromversorgung oder mit Luftangriffen zu rechnen hat. Er erzählt von seinem Versuch, an der Front zu helfen, einer Autopanne nah der Front, einer 85-Jährigen, die stark und widerständig im Keller lebt, der niedrigen Schwelle zwischen dem, was wir „Zivilisation“ nennen und menschlichen Abgründen.
Orth zeigt uns einen deutschen Youtube-Touristen, der die Einkaufsstraße Odessas filmt und kurz vor den Ruinen einer zerstörten Kirche die Kamera umschwenkt. Auch die Seite „Russian Media Monitor“ stellt er den Schüler*innen vor, um sie für Fakenews und Propaganda zu sensibilisieren.