Eine kleine Mitgliedergruppe des Heimatvereins Rettigheim e. V. führte am 21. Juni eine Exkursion nach Untergrombach durch. Dieser Bruchsaler Stadtteil ist in vielfacher Hinsicht bekannt und einen Besuch wert. An diesem Nachmittag stand der Besuch des Heimatmuseums auf dem Programm.
Das Fachwerkgebäude, das um 1428 erbaut wurde, ist eines der ältesten Firstsäulenständerhäuser im Kraichgau. Zum Vergleich: auch die Rettigheimer historische Scheune ist in dieser Art und Weise erstellt, das heißt, die wichtigsten senkrechten Balken verlaufen von der Schwelle bis zum First an einem Stück durch und tragen die Firstpfette.
Das Museum, das im Oktober 1988 eröffnet wurde, steht auf einem Gewölbekeller, das vermuten lässt, dass das Gebäude ursprünglich von einer Winzerfamilie bewohnt wurde. Die Führung führte durch die verschiedenen Themenbereiche, die über das ganze Haus verteilt sind.
Die Abteilung „Ur- und Frühgeschichte“ geht ein auf die 1884 gefundenen Tonscherben auf der Kuppe des zur Gemarkung Untergrombach gehörenden Michaelsberg. Die gefundenen Tulpenbecher und weitere Werkzeuge aus der Eis- und Steinzeit begründeten den weit verbreiteten Begriff „Michelsberger Kultur.“
Das Firstsäulenständerhaus an sich ist das wichtigste Ausstellungsstück des Museums selbst. In zwei Räumen wird hier auf die Bauweise und den Fachwerkbau an sich eingegangen.
Ein Raum „Kirche und Glauben“ beherbergt verschiedene Statuen, einen Bildstock und verschiedene Devotionalien.
Im Untergeschoss sind in „Großmutters Küche“ viele alte Küchengeräte in einer authentisch eingerichteten Küche zu sehen. So ist es auch im Raum „Landwirtschaft.“ Es ist erstaunlich, wie vielfältig die für einen landwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Gerätschaften sind. Viele von diesen sind hier übersichtlich zu sehen.
Interessant sind auch die Ausstellungsgegenstände im Bereich „Wohnen und Leben um 1900.“
Viele Parallelen zu Rettigheim lassen sich in der Abteilung „Zigarrenherstellung“ ziehen und finden. Für über 100 Jahre war dieser für Nordbaden wichtige Wirtschaftszweig ein sicherer Broterwerb. Im Zigarrenraum kann ein Arbeitsplatz einer „Wickelmacherin“ bestaunt werden. Dazu auch eine Auswahl an verschiedenen Zigarren aus Untergrombacher Produktion, sowie weitere Utensilien der damaligen Zigarrenindustrie.
Im Obergeschoss sind dann auch Ausstellungsstücke der Städtepartnerschaft mit Sainte-Marie-aux-Mines, Vereinsutensilien Untergrombacher Vereine, Erinnerungsstücke Heimatvertriebener und jüdische Exponate zu sehen.
Im Mittelpunkt der Führung stand der aus Untergrombach stammende Bauernführer Joß Fritz (geboren um 1460, gestorben um/nach 1525). Er kehrte nach auswärtigen Landsknechtsdiensten nach Untergrombach zurück und begründete hier eine Bauernerhebung, die sich unter dem Begriff „Bundschuh“ (der damaligen bäuerlichen Schuhform) formierte. Man muss unterscheiden zwischen der ersten von ihm angestoßenen Bauernerhebung (1502), die durch Verrat schnell vereitelt wurde. Und zwei weiteren Versuchen (1513 und 1517), die ebenfalls nicht die von ihm und seiner Bauernschaft erhofften Veränderungen brachten.
Bei der großen Erhebung von 1525, die ebenfalls im Museum anschaulich aufgearbeitet ist, war Fritz schon nicht mehr im Kraichgau, sondern am Hochrhein, wo sich seine Spur verliert.
Im Anschluss an die Führung hatte die Gruppe die Gelegenheit, über das Gelände und die Gebäude des „Theater- und Kulturverein Bundschuh e. V.“ geführt zu werden. Das Gelände liegt unmittelbar hinter dem Museumskomplex und beherbergt u. a. ein Freigelände mit einer Freilichtbühne. Hier laufen zurzeit die Vorbereitungen zum Stück „Da geizich Humdert“ (Badische Fassung von Moliers „Der Geizige“), das am 9. August Premiere hat.
Der interessante Nachmittag klang im Biergarten der örtlichen Lokalität „Zum Bundschuh“ für die Teilnehmer der Fahrt aus. (R. Werner)