Nicht zuletzt mit Blick auf die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen wird deutlich: In Sachen gelungener Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte besteht Nachholbedarf. Umso wichtiger ist in diesem Kontext die Arbeit der Bildungspaten. Als sprachliche Kulturvermittler unterstützen sie in Kindergarten, Schule oder Gemeinde bei sprachlichen Hürden oder kulturellen Fragen. Eine von ihnen ist Cigdem Bender. „Ich bin bereits seit 2011 als türkisch sprechende Bildungspatin in Mühlacker und der Region tätig“, erzählt die 48-Jährige, die neben ihrem Ehrenamt halbtags im kaufmännischen Bereich tätig ist. Die Bedeutung ihrer Tätigkeit zeigt ihre eigene Vita: „Da meine Eltern nicht gut Deutsch sprachen, war ich oft auf meinen eigenen Elternabenden oder denen meiner Geschwister“, berichtet sie. Heute unterstützt Cigdem Bender mit rund 30 weiteren Bildungspaten Eltern mit geringen Deutschkenntnissen durch ihre Vermittlungs- und Übersetzungsarbeit dabei, ihren Erziehungsauftrag eigenverantwortlich wahrnehmen zu können. „Oft werde ich angefordert, um Elterngespräche oder Elternabende an Schulen oder Kindergärten zu begleiten“, schildert Bender. Nach anfänglicher Reserviertheit öffneten sich die Eltern oft schneller, wenn jemand aus dem eigenen Kulturkreis bei solchen Gesprächen dabei sei. „Oft geht es um auffälliges Verhalten der Kinder, fehlende Hausaufgaben oder mangelnde Hygiene“, weiß die 48-Jährige. „Doch auch Eltern mit Migrationshintergrund wollen das Beste für ihre Kinder“, ist Bender überzeugt. Jedoch lägen oft Überforderungssituationen vor, gerade wenn es viele Kinder in der Familie oder traumatische Fluchterfahrungen gebe. Daher verliefe die Arbeit als Bildungspate nie eingleisig: Es gelte, das berechtigte Interesse von Schule, Kindergarten oder Gemeinde unter Berücksichtigung der kulturellen und individuellen Situation der jeweiligen Familie zu vermitteln. Häufig würden zu diesen Gesprächen daher auch die Schulsozialarbeiter hinzugezogen. „Beide Seiten müssen sich verstehen, um gut miteinander zu arbeiten“, verdeutlicht Bender ihre Aufgabe.
Begleitet, qualifiziert und vermittelt werden die Bildungspaten von den Kolleginnen der FRAG (Freiwilligenagentur PforzheimIEnzkreis) des Vereins „miteinanderleben“(ml). Martina Koch und Angelika Schweizer werden auch im kommenden Jahr – dann jedoch nicht mehr unter dem Label der FRAG – bei ml diese wichtige Aufgabe übernehmen. „Unsere Bildungspaten müssen über gute Deutsch- und muttersprachliche Kenntnisse verfügen und qualifizieren sich mit acht Unterrichtseinheiten“, erläutert Martina Koch. Inhalte seien unter anderem das deutsche Bildungssystem, Gesprächsführung oder Datenschutz. „Der Aspekt der Selbstfürsorge ist uns außerdem sehr wichtig“, ergänzt Angelika Schweizer. „Die Bildungspaten müssen sich abgrenzen können.“ Man achte darauf, dass gerade in kleinen Ortschaften vorrangig Bildungspaten aus anderen Orten eingesetzt würden, die in der jeweiligen Situation neutral agieren könnten. Die Nachfrage nach dem Unterstützungsangebot sei groß: „Wir hatten in diesem Jahr bereits rund 100 Einsätze unserer Bildungspaten“, berichtet Teamleitung Gabi Esposito. Dabei könne man auf einen Pool von rund 18 Sprachen zurückgreifen.
Bislang setzen die Kommunen Mühlacker, Neulingen, Ötisheim und Illingen auf die Arbeit der sprachlichen Kulturvermittler. „Mit anderen Kommunen im Enzkreis und der Region sind wir im Gespräch“, so Bereichsleitung Cora Kranz. Weitere Interessierte für dieses Ehrenamt seien herzlich willkommen. „Aktuell suchen wir Türkisch oder auch Polnisch sprechende Bildungspaten, besonders im westlichen Enzkreis.“ Dass die Arbeit als Bildungspatin lohnenswert ist, daran lässt Cigdem Bender keinen Zweifel: „Es ist wunderbar, wenn sich ein Kind nach unserem Einsatz gut weiterentwickelt“, sagt sie. „Ich wäre froh gewesen, meine Eltern hätten ein solches Hilfsangebot gehabt.“
Kontakt:
Interessierte können sich an Martina Koch oder Angelika Schweizer vom Verein „miteinanderleben“ wenden:
Martina Koch, Mobil 0176 15787239, E-Mail: martina.koch@miteinanderleben.de
Angelika Schweizer, Mobil 0176 15787445, E-Mail: angelika.schweizer@miteinanderleben.de
Büros: Bahnhofstraße 17-23, Mühlacker (Sämann-Gebäude), und Bahnhofstraße 26, Pforzheim