Christian Schünemann, Bis die Sonne scheint, Roman, 251 Seiten, Diogenes
Familie Hormann wohnt nahe Bremen und hat vier Kinder. Daniel, der Jüngste, ist 1982 14 Jahre alt und erwartet seine Konfirmation. Doch ihm wird bald schon klar, dass seine Eltern, die sich beide selbstständig gemacht haben, das Fest nur noch in kleinstem Rahmen ausrichten können, da sie vor der Pleite stehen. Zugeben will das niemand und selbst vor den beiden Omas wird die Lage vertuscht. Als das Eigenheim zwangsversteigert werden soll, reagieren die Lebenskünstler auf ungewöhnliche Weise. Christian Schünemann, bisher bekannt durch seine beiden Krimireihen legt hier eine anrührende Familiengeschichte mit etlichen Rückblenden vor, die auf seiner eigenen beruht. Eine Zeitreise von Vorkriegstagen über das Wirtschaftswunder bis 1983, die das Werden und Handeln der Beteiligten nachvollziehbar erklärt. Ein wunderbares Buch, empathisch und klug, ein Coming-of-Age-Roman prall voll mit Leben und einer Welt, die mit der Digitalisierung unterging.
Tobias Wagner, Death in Brachstedt, Jugendbuch, 206 Seiten, Beltz und Gelberg, 2025
Der 15-jährige Leo lebt bei seinem zunehmend dementen Vater. Als dieser eines Morgens verschwindet, nutzt Leo die Gelegenheit: Gemeinsam mit seinem besten Freund Henri dreht er einen Kurzfilm im Hotel von dessen Onkel. Während sich die beiden in das kreative Chaos stürzen, wächst die unausweichliche Erkenntnis, dass Leos Realität nicht einfach auf Pause gesetzt werden kann. Wagners mit dem Peter-Härtling-Preis ausgezeichnetes Debüt verbindet Leichtigkeit mit ernsten Themen und erinnert stilistisch an Tschick. Neben humorvollen Szenen bleibt die Coming-of-Age-Geschichte von Verlust und Verantwortung geprägt. Die jugendliche Freundschaft steht im Mittelpunkt, während andere Themen – Demenz, Erwachsenwerden, erste Liebe – eher angerissen werden. Das abrupte Ende könnte manche Leserinnen unzufrieden zurücklassen, fügt sich aber in das fragmentarische Erzählkonzept ein. Sprachlich präzise und mit gelungenem Spannungsaufbau überzeugt der Roman als authentisches Jugendporträt.
Christoph Kramer, Das Leben fing im Sommer an, Roman, 246 Seiten, Kiepenheuer & Witsch,2025
Es ist der heiße Sommer 2006 und Chris ist 15 Jahre alt. Er hängt mit seinen Freunden ab, trainiert, um Fußballprofi zu werden, schämt sich wegen seiner Pickel und wünscht sich eine Freundin. Er ist verliebt in Debbie. Und dann passiert das Unglaubliche: Es kommt tatsächlich zu einem Date mit Debbie und zu einem Kuss. Chris schwebt auf Wolke 7, nur um kurz darauf in Panik und Trauer zu verfallen, als er sieht, wie Debbie einen anderen küsst. Kurzerhand leihen sich Chris und ein Kumpel ein Auto und fahren nach Düsseldorf - denn Chris kann schließlich auch Traktor fahren - um auf eine Party zu gehen. Dort kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung. Christoph Kramer schreibt offen über Gefühle, Selbstzweifel und Verliebtsein. Der Fußballer und TV-Experte ist sehr beliebt, und das Buch bietet viel Identifikationspotenzial. Gerne sei das Buch auch allen New-Adult-Lesern empfohlen, die etwas Neues ausprobieren möchten.
Tamara Böhm, Büchereimitarbeiterin