Ob literarischer Realismus bei Tommie Goerz oder romantisch-magische Geschichten von Evie Woods – aktuelle Buchneuheiten finden auch in der Region großen Anklang. Doch hinter dem Interesse an neuen Titeln steht ein sich wandelnder Buchmarkt, dem sich auch die Buchhandlung Dörner in Wiesloch, Walldorf und am Bahnhof Wiesloch-Walldorf stellen muss.
Im Gespräch mit der WieWo berichten Ute und Uwe Dörner von veränderten Lesegewohnheiten, aktuellen Buchtrends, wirtschaftlichen Herausforderungen und den Maßnahmen, mit denen sie ihr inhabergeführtes Unternehmen zukunftsfähig halten wollen.
Fast noch ein Kind, bricht Anton Rosser auf, um seinem unbarmherzigen Vater zu entkommen. Abseits des väterlichen Hofes lernt er die Welt kennen und erlebt die großen Umwälzungen des zwanzigsten Jahrhunderts – als Metzgergehilfe, als Flößer und als Soldat.
Immer wieder führt ihn sein Weg zurück in das heimatliche Dorf in der Hoffnung, dort doch noch sein Glück zu finden. Die Rede ist von dem im Piper Verlag erschienenen Roman „Im Tal“ von Tommie Goerz, der schon kurz nach seinem Erscheinen im Mai 2025 auf die Spiegel-Bestseller-Liste kam und auch in der Buchhandlung Dörner sehr gefragt war.
Ähnlich erfolgreich sind Bücher von Evie Woods. In dem Roman „Der verschwundene Buchladen“ wird von drei ganz unterschiedlichen Menschen erzählt, die vor Gewalt und Zwängen fliehen, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Dies gelingt ihnen durch ihre Liebe zu Büchern und in der Umgebung von Buchhandlungen und Bibliotheken.
Während Goerz als Krimischriftsteller hautnah und realistisch menschliches Verhalten beschreibt, ist Woods auf einer Gratwanderung zwischen magischen Ereignissen, romantischen Begegnungen und tragischen Lebensumständen.
Sie trifft damit den Nerv ihres überwiegend jungen weiblichen Publikums, das Romane aus einer Mischung fantasievoller Elemente und aufregender Lebensgeschichten bevorzugt. Ihre Romane werden zudem als aufwendig gestaltete Schmuckausgaben mit dekorativen Farbschnitten veröffentlicht und zurzeit als Sammlerstücke über dem Einkaufspreis gehandelt.
Damit wird ein Trend bedient, bei dem wieder das Buch als solches im Mittelpunkt steht, eine deutliche Gegenbewegung zum ebenfalls erfolgreichen E-Book oder Hörbuch, bei dem nur der Inhalt zählt.
Die Nachfrage nach Büchern lässt zwar allgemein nach, wie von dem Ehepaar Ute und Uwe Dörner zu erfahren war, aber Hoffnung mache, dass nach einer seriösen Studie junge Leute im Alter von 19 bis 20 Jahren wieder zunehmend Bücher kaufen und dafür auch mehr Geld ausgeben. Überhaupt seien Kinder- und Jugendbücher Umsatztreiber.
Neben Romanze und Fantasy sind Pferdegeschichten und Erzählungen mit asiatischen Lebensweisen im Trend, im Sachbuchbereich das Thema „Longevity“ mit Tipps für ein langes gesundes Leben. Hier zeigt sich, dass rund 90 Prozent der Leser weiblich sind.
Eine steigende Nachfrage gibt es auch nach englischsprachigen Büchern, von denen Dörner rund 100 im Laden vorrätig hat. Erstaunlich ist, dass sich hochkarätige Buchpreise wie der „Deutsche Buchpreis“, der „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“ oder gar der Literatur-Nobelpreis kaum auf das Kaufverhalten auswirken, da sie anscheinend den deutschen Publikumsgeschmack sehr oft nicht treffen.
Ganz anders die Resonanz auf Plattformen wie Instagram und TikTok mit ihren Empfehlungen für junge Erwachsene. Dort macht eine kurze Vorstellung auf Video ein Buch oft über Nacht zum Bestseller.
Thema des Gesprächs war auch das „Sterben“ der eigentümergeführten Buchhandlungen, die meist von großen Ketten wie Thalia übernommen werden. Dafür nannte Uwe Dörner eine ganze Reihe von Gründen:
Die Verlage seien nicht mehr so großzügig mit Frei- und Ansichtsexemplaren, sodass der ganze Bestand im Laden zuerst einmal finanziert werden müsse, bevor ein einziges Buch verkauft werde und mit der Verödung der Stadtkerne gehe auch die Laufkundschaft verloren. Eine Belastung sei außerdem der zunehmende Ladendiebstahl.
Lesungen werden zwar immer noch gut besucht, aber dabei kaum noch Bücher verkauft. Die Finanzierung bekannter Autoren sei schwierig, da neben dem Honorar auch alle weiteren Kosten der Veranstaltung übernommen werden müssten. Schließlich gäbe es auch noch das Nachfolgeproblem, denn die Übernahme eines Buchladens könnten sich finanziell nur noch die großen Ketten-Buchhandlungen leisten.
Nach Aussage Dörners bietet er neben dem aktuellen Angebot Serviceleistungen an, um zurückgehende Einnahmen zu kompensieren. So beliefert er im weiten Umkreis Schulen mit Büchern, eine zwar sichere, aber wenig gewinnbringende Einnahmequelle. Außerdem bietet er einen eigenen Bestellservice an, der ähnlich funktioniert wie bei Amazon. Zur Kundenpflege gehört, regionale Autoren zu eintrittsfreien Lesungen einzuladen, und die Kunden im Laden ausführlich und kompetent zu beraten.
Ute und Uwe Dörner werden ihre Buchhandlungen in Wiesloch, Walldorf und am Bahnhof Wiesloch-Walldorf wohl noch einige Jahre mit viel Herzblut weiter betreiben, aber eine Nachfolge ist nicht in Sicht. (aot)