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Bundestagswahl 2025: FDP-Kandidat Tim Nusser im Gespräch

Im Wahlkreis Heidelberg kämpft Tim Nusser für die FDP um das Direktmandat – aber auch allgemein für die Positionen seiner Partei.
Tim Nusser kämpt für die FDP ums Direktmandat im Wahlkreis Heidelberg.
Tim Nusser kämpt für die FDP ums Direktmandat im Wahlkreis Heidelberg.Foto: Maximilian Mester

Tim Nusser hat Ausdauer. Schon zum dritten Mal will der Heidelberger Stadtrat – Jahrgang 1996 – für die FDP in den Bundestag. Bislang erfolglos. Auch dieses Mal sehen seine Chancen nicht sonderlich gut aus. Mit Listenplatz 22 und prominenter Konkurrenz ums Direktmandat ist ein Einzug in den Bundestag so gut wie ausgeschlossen. Trotzdem kämpft er weiter. Was ihn motiviert? „Für mich ist es eine Mischung aus Überzeugung und dem Wunsch, meinen Beitrag zu leisten, damit die FDP ein starkes Ergebnis erzielt“, erzählt er der Hemsbacher Woche. Es gehe ihm darum, Kontinuität zu zeigen, die man schließlich an anderer Stelle auch einfordere.

Letztlich, das wird im Gespräch mit Nusser immer wieder klar, ist es auch seine politische Haltung, die ihn antreibt. Er sehe viele Probleme, die nicht angegangen werden, etwa die schwächelnde Wirtschaft. Gleichzeitig gebe es große demografische Herausforderungen. „Deswegen bleibt die FDP meine politische Heimat, und deswegen bin ich auch bereit, erneut zu kandidieren“, so Nusser.

Bürokratie abbauen

In puncto Wirtschaft sieht Nusser viele Ansatzpunkte. Ein zentrales Thema sei etwa der Abbau von Bürokratie. Hier sei zwar in den letzten Jahren schon einiges geschehen, Versäumnisse sieht er eher bei den anderen Ampelparteien: „Beim Bürokratieentlastungsgesetz kamen die meisten Entlastungen aus FDP-geführten Ministerien – Justiz, Finanzen, Verkehr. Andere Ministerien haben sich zurückgehalten.“ Seitens der EU würden eher neue bürokratische Hürden aufgebaut als abgebaut. All das führe langfristig zu großen Problemen in der Wirtschaft. „Wenn ein Unternehmen drei Jahre auf eine Baugenehmigung wartet, siedelt es sich eben woanders an“, fasst es Nusser zusammen. Seine Lösung: Einerseits weitere Bürokratieentlastung. Andererseits eine Reform des Föderalismus, auch wenn er kein Freund davon sei, alles zentral zu steuern.

Wirtschaftsreform

Als große Belastung sieht Nusser außerdem zu hohe Steuern. „Wenn ich 50 Prozent meines Einkommens in Form von Steuern und Abgaben abgebe, bleibt mir weniger zum Leben. Wenn dann Mieten und Lebenshaltungskosten steigen, bleibt noch weniger – und das dämpft den Konsum“, erzählt Nusser. Insgesamt brauche es eine große Wirtschaftsreform, wie es sie seit der Agenda 2010 nicht mehr gegeben habe. Nusser verweist hierbei auf das Wirtschaftswendepapier, das dem Ende der Ampelkoalition vorangegangen war. Für große Änderungen habe aber bisher oft der politische Wille gefehlt, insbesondere bei den anderen Parteien, erklärt Nusser.

Neue Verteilungsschlüssel

Das komme dann auch oft bei den Kommunen an, die finanziell immer schlechter dastehen und gleichzeitig von bürokratischen Hürden überfordert seien. Nusser setzt dabei unter anderem auf einen anderen Verteilungsschlüssel auf der Einnahmenseite. So fordert er, dass mehr Geld aus der Einkommenssteuer bei den Kommunen bleibt. Bislang machen einige Kommunen mit ihren Einwohnern Minus, nur die Gewerbesteuer sorge für Einnahmen. Besonders wirtschaftlich schwache Kommunen hätten dadurch zu kämpfen.

Andererseits will Nusser weg von den zahlreichen Förderprogrammen, die sich seitens des Bundes und der Länder an die Kommunen richten. „Ich brauche keine dreihundert Förderprogramme und ich brauche nicht bei jeder Kommune, die mehr als zehntausend Einwohner hat, mindestens eine Person, die nichts anderes macht, als Förderanträge zu bearbeiten“, erzählt er. Das gelte insbesondere im Blick auf Pflichtaufgaben, die Kommunen vom Bund zugewiesen bekommen. Hier pocht er auf das im Grundgesetz festgeschriebene Konnexitätsprinzip: „Wer bestellt, der bezahlt.“

Bahnausbau voranbringen

Mit Blick auf das Hinterherhinken des Verkehrssektors bei den Klimazielen verweist Nusser auf die Erfolge des ehemals FDP-geführten Verkehrsministeriums. Erstmals habe man im Falle der Riedbahn auch gleich eine ganze Strecke saniert, statt kleinteilig zu arbeiten: „Bei aller Kritik, die man an der Ampel haben kann – die Generalsanierung der Bahnstrecken auf diese Art und Weise statt über fünfzehn Jahre in kleinen Abschnitten einmal richtig durchzuplanen, ist ein Erfolgsmodell. Da muss man auch anerkennen, dass die Investitionen in die Schieneninfrastruktur in dieser Bundesregierung mehr als verdoppelt wurden.“ Dies sei ein klares Zeichen für die Zukunft der Schiene.

Offenheit bei Antriebsarten

Zudem gebe es bereits Fortschritte in der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte. Jedoch habe Nusser hierbei Bedenken, insbesondere wegen der Sorge vor einer Überlastung der Stromnetze. Deshalb sei er offen für alle klimaneutralen Antriebe, auch Verbrenner. „Wir müssen den Verkehrssektor dekarbonisieren, aber die Frage nach der besten Technologie sollte nicht der Mittelpunkt der Diskussion sein“, fasst er es zusammen. Als bestes Mittel, dies durchzusetzen, sieht er eine CO2-Bepreisung durch einen Emmisionszertifikatehandel.

Kommunale Lösungen

Beim Thema Radwegenetzausbau sieht Nusser – selbst überzeugter Fahrradfahrer – den Bund nicht in der Pflicht. Kommunen könnten dies in der Regel besser lösen. Hierzu liefert er ein Beispiel aus dem Wahlkreis. In Schlierbach gebe es eine Unterführung, an der 2018 der Fußverkehr wegen einer Supermarkteröffnung rapide anstieg, gleichzeitig war der Fußweg viel zu schmal. „Die naheliegende Lösung wäre, den Fußweg zu verbreitern und einen ordentlichen Radweg daneben anzulegen. Aber weil es eine Bundesstraße ist, konnte die Kommune das nicht einfach entscheiden. Stattdessen wurde das Ganze als Verkehrsversuch eingestuft, der dann irgendwann gerichtlich gestoppt wurde, weil es mit der Straßenverkehrsordnung nicht vereinbar war. Das ist doch absurd!“ Ein paar Erleichterungen habe man immerhin in der letzten Legislatur durchgesetzt. So könnten Kommunen nun entscheiden, wo Tempo 30 gilt, oder wo ein Zebrastreifen gebaut werden soll.

Sorge vor Extremisten

Sorgen bereitet Nusser auch der Aufstieg von extremen politischen Positionen in Deutschland, aber auch in der Welt. Das sei in einer internationalen Entwicklung. „Ich würde daher auch nicht allein der Ampelregierung die Schuld geben. Vielmehr sehen wir seit der Corona-Zeit in vielen Ländern eine hohe Inflation und starke Existenzängste. In Deutschland sind diese Ängste besonders ausgeprägt. Das führt dazu, dass Menschen für populistische Parteien empfänglich werden“, erklärt er es.

Dennoch brauche es politische Lösungen, um etwa dem Erstarken der AfD entgegenzutreten. Zum einen sei die Ehrlichkeit in der Politik, das Anerkennen von Problemen und Ängsten. Zum anderen müssten diese Themen nun auch angegangen werden – ob Migration, Rentensystem, Gesundheitssystem, Wirtschaftswachstum, Bürokratie, hohe Lebenshaltungskosten im Allgemeinen. Dabei dürfe man die Positionen von Populisten nicht übernehmen, man dürfe ihnen bestimmte Themen aber auch nicht überlassen. „Ich glaube, wenn wir als demokratische Mitte zeigen, dass wir pragmatische Lösungen finden, dann wächst auch das Vertrauen in die Politik wieder. Und damit nehmen die Ränder hoffentlich ab“, so Nusser.

Nach der Wahl

Wo er den Wahlabend verbringt, ist sich Nusser zum Zeitpunkt des Gesprächs noch nicht sicher. „Was ich aber weiß: Die Tage danach werde ich mit einem Fahrradanhänger unterwegs sein und Plakate abnehmen“, erzählt er. Und auch danach gebe es im Heidelberger Gemeinderat sicher genügend Aufgaben für ihn.

Alle Infos zum Wahlkreis sowie Gespräche mit weiteren Kandidaten gibt es hier.

10 Fragen an FDP-Kandidaten Tim Nusser

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