Sebastian Weber, 33 Jahre alt, ist im Wahlkreis Karlsruhe-Land Kandidat der FDP für die Bundestagswahl. Im Zuge der Vorberichterstattung hat er der Redaktion des Kraichtalboten schriftlich Fragen zu seiner Kandidatur beantwortet.
Kraichtalbote (KB): Welche Themen aus Ihrem Wahlkreis haben für Sie aktuell Priorität?
Sebastian Weber: Wirtschaftswachstum und Entbürokratisierung sind zentrale Themen, die es anzupacken gilt. Wir brauchen einen Staat, der den Bürgerinnen und Bürgern nicht im Weg steht, sondern ihnen Raum für freie Entfaltung gibt. Dabei ist es wichtig, den Blick auch auf essenzielle Aspekte wie Sozialausgaben und Klimaschutz zu richten. Jedoch gilt: Bevor Gelder für Projekte verwendet werden können, müssen diese zunächst erwirtschaftet werden. Es sollte klar sein, dass nicht der Bürger Bittsteller des Staates ist, sondern der Staat in der Verantwortung steht, als Dienstleister für die Bürger zu agieren.
KB: Was hat Sie dazu bewogen, für den Bundestag zu kandidieren?
Weber: Wer Veränderungen anstrebt, muss bereit sein, sich aktiv dafür einzusetzen. Bloßes Zurücklehnen und Klagen führt weder zur Lösung von Problemen noch zu Fortschritt. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, mich stärker politisch zu engagieren und für den Bundestag zu kandidieren. Meine frühere Tätigkeit als Mitarbeiter eines Abgeordneten im Bundestag hat mir dabei wertvolle Einblicke verschafft und dazu beigetragen, mögliche Hemmschwellen vor einer solchen Kandidatur zu überwinden.
KB: Mieten, Lebensmittel, Energiekosten — die Preise in diesen Bereichen bleiben nach wie vor auf hohem Niveau. Wie bekommen wir die Preise wieder runter? Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Preise wieder zu senken?
Weber: Die Herausforderung bei den Mietpreisen lässt sich durch ein einfaches Prinzip erklären: Die hohe Nachfrage nach Wohnraum treibt die Preise in die Höhe. Die Lösung besteht darin, mehr Wohnraum zu schaffen. Durch ein breiteres Angebot verteilt sich die Nachfrage, und die Mieten sinken, da leerstehende Wohnungen keine Einnahmen generieren. Vermieter wären dadurch gezwungen, ihre Wohnungen zu günstigeren Konditionen anzubieten. Um diesen Wohnraum zügig zu schaffen, bedarf es einer Überarbeitung und Vereinfachung der bestehenden Auflagen. Derzeit dauern Bauanträge zu lange, und die Vorgaben treiben die Baukosten in die Höhe. Diese Faktoren führen dazu, dass zu wenig Wohnraum entsteht, was wiederum die Mietpreise hochhält.
Bei den Lebensmittelpreisen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die Einfluss auf die Kosten haben. Eine mögliche Lösung ist der Ausbau der Direktvermarktung und lokaler Lieferketten, wodurch Transportkosten gesenkt werden könnten. Weniger bürokratische Hürden für Landwirte und Lebensmittelhersteller würden die Produktionskosten reduzieren. Auch effizientere Logistiksysteme — etwa durch Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung — könnten dazu beitragen, die Preise zu senken. Weiterhin ist es wichtig, Abhängigkeiten bei Futtermitteln zu vermeiden, indem der Anbau von Futtermitteln im Inland gefördert wird. Zudem sollten Innovationen und Investitionen in Technologien wie Präzisionslandwirtschaft oder ressourcenschonende Anbaumethoden stärker unterstützt werden.
Um die Energiepreise zu senken, bedarf es sowohl struktureller als auch marktorientierter Maßnahmen. Eine Reduzierung der Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau könnte die Energiepreise spürbar senken. Der Ausbau energieeffizienter Stromnetze, etwa durch Smart Grids, würde zu einer effizienteren Energieverteilung beitragen und Netzverluste minimieren, was ebenfalls preissenkend wirkt. Zudem könnte eine stärkere Dezentralisierung der Energieproduktion zu Entlastungen führen. Förderprogramme für Solaranlagen und andere dezentrale Energiequellen stärken die lokale Versorgung und reduzieren Transportverluste. Entscheidend ist jedoch, strukturelle Reformen umzusetzen, die Effizienz und Wettbewerb fördern. Dies wäre auch ohne direkte Subventionen realisierbar.
KB: Hunderttausende Arbeitskräfte fehlen, ob in Pflege, Handwerksbetrieben oder an Schulen und Kitas - Tendenz steigend. Wie wollen Sie hier gegensteuern?
Weber: Arbeit muss attraktiver gestaltet werden als das Nicht-Arbeiten. Wenn jemand durch Inaktivität nahezu denselben Lebensstandard erreicht wie eine arbeitende Person, fehlt der Anreiz, sich für eine Beschäftigung zu entscheiden. Der Sozialstaat darf keine Einbahnstraße sein.
Darüber hinaus bewegen wir uns seit Jahren in einem Diskurs, der sinngemäß vermittelt: „Nur ein Studium führt zum Erfolg“ oder „Ein Abitur ist unbedingt erforderlich.“ So erfreulich es ist, viele akademisch ausgebildete Fachkräfte zu haben, so wichtig ist es, auch jene Berufe wertzuschätzen, die praktische Lösungen umsetzen und den Alltag am Laufen halten. Menschen, die solche Tätigkeiten ausüben, verdienen mehr Respekt — sowohl in der Gesellschaft als auch in der Art und Weise, wie wir über sie sprechen.
KB: Was der Wirtschaft zudem zu schaffen macht, ist die überbordende Bürokratie. Gleichzeitig haben viele Versuche, Bürokratie abzubauen, das Gegenteil bewirkt. Wie entkommen wir diesem Dilemma?
Weber: Ich vergleiche unser Bürokratiesystem gerne mit dem „Gordischen Knoten“ — einer derart verworrenen und komplexen Struktur, dass sie nur durch einen klaren Schnitt gelöst werden kann. Was für Alexander den Großen sein Schwert war, ist für uns in der FDP die sprichwörtliche Kettensäge. Was ursprünglich gut gemeint war, ist durch ständiges Nachjustieren zu einem übermäßig engmaschigen System geworden.
Bürokratie sollte lediglich klare Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich Bürger und Unternehmen bewegen können — nicht mehr und nicht weniger. Ein interessanter Ansatz wäre die Einführung von Sunset-Klauseln in der Gesetzgebung: Gesetze und Regelungen würden automatisch auslaufen, wenn sie nicht aktiv verlängert werden. Als Mindestmaßnahme könnte ein One-in-One-Out-Prinzip etabliert werden, bei dem für jede neue Regelung eine bestehende abgeschafft werden muss, um die Regelungsdichte zu begrenzen.
Darüber hinaus würde die konsequente Digitalisierung der Behörden mit zentralen Informationsstellen dazu führen, dass Bürger und Unternehmen ihre Daten nur einmal melden müssen. Behörden könnten dann effizient auf diese Informationen zugreifen, was den Verwaltungsaufwand deutlich reduzieren würde. Es wäre weder ein Nachteil noch eine Schande, sich erfolgreiche Modelle anderer Länder zum Vorbild zu nehmen — etwa Dänemark oder Estland, die für ihre effiziente und digitale Verwaltung bekannt sind.
KB: Der Deutschen Rentenversicherung zufolge gibt es nach 2030 keine Untergrenze mehr für das Rentenniveau. Gleichzeitig werden junge Menschen historisch hohe Beiträge zahlen müssen. Wie können wir dem begegnen?
Weber: Das derzeitige Rentensystem in Deutschland war nie langfristig sicher und ist es auch heute nicht. Es basiert auf dem Umlageverfahren, das voraussetzt, dass zwei Nachkommen benötigt werden, um einen Erwachsenen im Ruhestand zu finanzieren. Dies bedeutet, dass eine Familie mit zwei Personen eigentlich vier Kinder haben müsste, damit das System stabil bleibt. Doch auch diese vier Kinder müssten wiederum jeweils zwei Nachkommen haben, was dazu führt, dass die Zahl der benötigten Beitragszahler exponentiell steigt.
Bereits seit Jahren muss die Rentenkasse durch Steuergelder bezuschusst werden, obwohl das System eigentlich darauf ausgelegt ist, sich selbst zu tragen. Um eine nachhaltige Lösung zu schaffen, benötigen wir eine Kapitaldeckung im Rentensystem. Angesichts der sinkenden Geburtenraten ist dies die einzige Option, die nicht zusätzlich belastet, sondern langfristig Renditen erwirtschaftet.
Den Skeptikern des Finanzmarktes sei gesagt: Eine breite Streuung der Anlagen hat selbst in Zeiten wirtschaftlicher Krisen positive Erträge erzielt. Dies hat nichts mit einem „Verzocken der Rente“ zu tun — im Gegenteil. Die eigentliche Gefahr besteht darin, das Rentensystem ohne Kapitaldeckung fortzuführen, denn das wäre ein unverantwortliches Risiko für die Zukunft.
KB: Obwohl Deutschland seine Klimaziele erfüllt, hinkt der Verkehrssektor hinterher. Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach zielführend?
Weber: Wir sollten uns nicht auf „die eine richtige Technologie“ fixieren und andere pauschal ablehnen. Stattdessen benötigen wir ein breites Spektrum an Antriebstechnologien, um den vielfältigen Bedürfnissen unserer Bevölkerung gerecht zu werden.
Bereits heute können wir durch den Einsatz synthetischer Kraftstoffe Verbrennungsmotoren nahezu klimaneutral betreiben. Warum sollten wir diese Möglichkeit nicht nutzen? Statt diese Alternative schlechtzureden, sollte die Politik deren Vorteile klar kommunizieren, die Bevölkerung aufklären und eine breitere Akzeptanz fördern.
Wenn neue Technologien auf den Markt kommen, müssen sie entsprechend vermarktet werden. Ein Produkt, das niemand kennt oder dessen Wert niemand versteht, wird nicht nachgefragt. Ein stärkeres Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge und Marketingstrategien würde der politischen Diskussion in diesem Bereich erheblich weiterhelfen.
KB: Die (Neu-)Verschuldung der Kommunen steigt rasant an. Gerade kleinere Kommunen haben es immer schwerer. Braucht es neue Finanzierungsmodelle für die Kommunen?
Weber: Das ist leider richtig, und ich möchte unbedingt vermeiden, dass erneut neue Gemeindegebiete festgelegt werden müssen, weil Kommunen sich finanziell nicht mehr tragen können. Ich selbst komme aus einer ländlichen Gemeinde, die sich bis zuletzt gegen eine Eingemeindung gewehrt hat.
Deshalb brauchen die Kommunen dringend eine umfassende Entlastung, statt weiterhin durch staatliche Vorgaben belastet und mit zusätzlichen Kosten konfrontiert zu werden.
KB: Populistische Forderungen, Tendenzen zu extremistischen Positionen und Verrohung der politischen Debatte führen zu großen Problemen. Nennen Sie konkrete Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken.
Weber: Das ist ein äußerst schwieriges und trauriges Thema, für das es keine einfache Lösung gibt — wie gerne hätte ich eine parat. Ich denke jedoch, dass viele Bürger das Gefühl haben, dass ihre Anliegen von der Politik nicht ernst genommen werden. Eine Politik, die nicht zuhört, kann keinen Staat führen, der für die Bürgerinnen und Bürger lebenswert ist.
Es ist dringend notwendig, das Denken zu ändern, dass die Bürger sich „von oben herab“ regieren lassen. Ohne die Akzeptanz und das Vertrauen der Bevölkerung kann weder der Staat noch die Gesellschaft langfristig funktionieren. Besonders bei unzufriedenen Bürgern sind es oft einfache Parolen, die Gehör finden, weil sie die Ängste und Sorgen aufgreifen – auch wenn diese Parolen selten echte Lösungen bieten.
Die Aufgabe der Politik in einer Demokratie ist es, zu überzeugen, nicht zu dirigieren. Wenn es uns gelingt, die Menschen wieder zufriedener und glücklicher zu machen, werden sich viele der bestehenden Probleme in diesem Thema von selbst entschärfen.
KB: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Sorgen der Menschen in Ihrem Wahlkreis?
Weber: In meinen zahlreichen Gesprächen vor Ort höre ich immer wieder die Sorge um finanzielle Belastungen. Wer jedoch einen Blick auf seine Lohnabrechnung wirft, erkennt schnell, dass die hohen Abzüge das Kernproblem sind. Wir brauchen dringend mehr Netto vom Brutto — und damit sind wir erneut bei den zu hohen Steuern und Sozialabgaben.
Eine weitere große Sorge ist die Angst vor Altersarmut. Es ist für viele Menschen unverständlich, dass bereits niedrige Renten zusätzlich als Einkommen besteuert werden. Eine doppelte Besteuerung von Renten ist nicht akzeptabel und muss abgeschafft werden, um die Lebensgrundlage älterer Menschen zu sichern.
Ein drittes Thema, das in den Gesprächen immer häufiger aufkommt, ist die Migration. Viele Bürger machen sich Sorgen über die finanziellen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Migration kann eine Bereicherung sein, aber sie muss kontrolliert und gut organisiert ablaufen. Das bedeutet, dass Zuwanderung stärker an den Bedarf des Arbeitsmarktes gekoppelt werden sollte. Gleichzeitig müssen klare Regeln gelten, um soziale Spannungen zu vermeiden. Eine erfolgreiche Integration erfordert sowohl ausreichende Ressourcen als auch das klare Signal, dass Zuwanderer sich an die Werte und Regeln unserer Gesellschaft halten müssen.
KB: Sie sind selbst ehrenamtlich tätig und Mitglied in mehreren Vereinen. Wie wollen Sie konkret Vereine und das Ehrenamt unterstützen?
Weber: Die Vereinskultur und das Ehrenamt sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft. Wo wären wir ohne sie — nicht nur gesellschaftlich ärmer, sondern auch organisatorisch überfordert. Der Staatsapparat könnte die immense Arbeit, die hier geleistet wird, in keiner Weise auffangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Verein sich mit Kunst und Kultur, dem Erhalt von historischen Gebäuden oder — besonders wichtig für die Allgemeinheit — der Aufrechterhaltung unserer Sicherheit beschäftigt, etwa durch die Feuerwehr, das Rote Kreuz oder die DLRG. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Was wir dabei niemals vergessen dürfen: All diese Tätigkeiten und Unterstützungsleistungen werden von Menschen in ihrer Freizeit erbracht, aus dem Wunsch heraus, der Allgemeinheit etwas Gutes zu tun. Doch genau diese wertvolle Arbeit wird durch übermäßige Bürokratie immer weiter behindert. Nehmen wir das Beispiel der Freiwilligen Feuerwehr: Statt die Unterstützung solcher Institutionen zu priorisieren, werden sie mit bürokratischen Vorgaben überhäuft —seien es Finanzberichte, fälschungssichere Kassenbuchsysteme für Veranstaltungen oder aufwendige Genehmigungsverfahren. Diese unnötigen Hürden schränken ihre Handlungsfähigkeit massiv ein. Der Staat sollte froh sein, dass es solche Einrichtungen gibt, und nicht ständig neue Anforderungen stellen. Die Devise muss hier lauten: weniger Staat, nicht mehr!
Auch im Bereich Kunst und Kultur sehen wir ein ähnliches Problem. Als Mäzen erlebe ich es selbst: Während staatliche Subventionen immer weiter gekürzt werden, bleibt der bürokratische Aufwand unverändert hoch. Das Mäzenatentum wird dadurch immer wichtiger, doch auch hier erschwert der Staat oft den Zugang.
Wer sich ehrenamtlich oder in einem Verein engagiert, tut dies aus Begeisterung, Überzeugung und dem Wunsch, etwas zu bewegen. Wie soll man diesen Menschen erklären, dass sie ihre Energie statt auf ihre eigentliche Tätigkeit auf fristgerechte Prüfberichte oder andere bürokratische Anforderungen verwenden sollen? Es wäre für alle Beteiligten eine enorme Erleichterung, wenn Vereine und Ehrenamtliche sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren könnten – ohne von unnötiger Bürokratie behindert zu werden.
Die Fragen beantwortete der Kandidat der Redaktion schriftlich.
Sebastian Weber ist 33 Jahre alt. Aufgewachsen ist er in Bretten und wohnhaft im Stadtteil Gölshausen. Momentan ist er Kreisgeschäftsführer des FDP-Kreisverbands Karlsruhe-Land. Ehrenamtlich ist er außerdem als anerkannter Wildtierschützer tätig und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. 2012 gründete er in Bretten ein Unternehmen, welches seither inhabergeführt ist. Seit 2021 ist er Abgeordnetenmitarbeiter im Landtag Baden-Württemberg. (ps)