Die Wahrheit und das Märchen ziehen gemeinsam durch die Welt. Das erzählt Eva Horsch-Kern bei der Veranstaltung „Cuvee aus Märchen und Wein“ im Staatlichen Weingut Karlsruhe-Durlach. „Cuvée“ ist die Bezeichnung für einen Verschnittwein, also für einen, der aus Trauben verschiedener Rebsorten oder Weinberglagen gekeltert wurde.
Eva Horsch-Kern ist Märchenerzählerin vom BALSAM Märchenteam aus Bad Rappenau. Sie tritt in einem ans Mittelalter erinnernden Gewand auf. Dabei hat sie verschiedene Klanginstrumente, eine Querflöte und eine Mundharmonika. Ihr Mann Johannes Horsch begleitet sie am Akkordeon.
Mit einer Klangschale leitet sie ihre Vorträge ein und bringt die Gäste zum Schweigen, Staunen, Nachdenken, Erkennen und manchmal auch zum Schmunzeln. Beim jüdischen Volksmärchen „Die Wahrheit und das Märchen“ herrscht eher Nachdenklichkeit im Raum. „Die Wahrheit war ganz nackt unterwegs“, erzählt Eva Horsch-Kern. „Jeder flüchtete vor ihr voller Angst.“ Sie sei dann auf das prächtig geschmückte Märchen getroffen. Das habe ihr klargemacht, wie wichtig es sei, geschmückt und verkleidet zu sein. „Also schmückte sie die Wahrheit mit den Kleidern des Märchens“, so Eva Horsch-Kern, „und seither ziehen sie gemeinsam durch die Welt.“
Im Märchen „Von den klugen Frauen“ aus Kalabrien geht es darum, wie die Frauen es schaffen, ihre Männer zu müde zu machen, um „Krieg zu spielen wie unvernünftige Kinder“. Sie denken drei Tage nach, um auf eine Idee zu kommen. Sie prüfen drei Tage, ob die Idee passen könnte, und sie schmieden drei Tage Pläne, um die Idee umzusetzen. Welche Idee das war, sei hier nur angedeutet: „Wir müssen uns so verhalten, dass sie nicht auf uns verzichten können und dass sie ihren Söhnen von diesen neuen Freuden berichten“, erzählt Eva Horsch-Kern.
Aus Deutschland kommen die Märchen „Der dumme Hansel“ und „Der Narr und das Glück“. Der dumme Hansel bekommt als Buße auferlegt: Sieben Jahre keinen Wein, kein gesottenes Essen, kein Federbett, kein „Liegen bei einem Mädchen“! Zum Glück gerät er an eine junge schöne Äbtissin, mit der er, da nicht verboten, Champagner trinkt, Braten isst, auf Daunen schläft und bei einer Klosterfrau liegt ...
„Der Narr und das Glück“ führt die menschliche Unfähigkeit vor Augen, aufmerksam wahrzunehmen, was ihm Gutes widerfährt. Der Narr, auf der Suche nach Reichtum und Eheglück, übersieht einen Schatz und ein heiratsbereites Mädchen am Wegesrand. Als er dann dem hungrigen Wolf begegnet - nun, Glück hat auch ein Ende. „Morgen ist morgen“ kommt aus Afghanistan. Hier gelingt es einem klugen Flickschuster, der sich immer wieder der vom König verursachten schwierigen Lage perfekt anpasst, schließlich dessen Berater zu werden.
Die Weine für den Abend hat Jana Menzel, Marketingleiterin beim Weingut, zusammengestellt. Mit einem Auxerrois mit „angenehmer Säure und Fruchtbouquet“, einem Riesling „Premiumwein mit Aroma von Zitrus, Apfel und reifem Pfirsich“, einem Muskat Ottonel, „Fruchtaroma, Holunder, Zitrus“ und einem Spätburgunder, „Schwarzkirsche, Mandel, Zimt, Schokolade“, führt sie durch das Sortiment des Weinguts. „Die Märchen sind aufeinander abgestimmt, und die Weine sind auch aufeinander abgestimmt“, da sind sich Eva Kern-Horsch und Jana Menzel einig.
„Ich finde es außerordentlich gut, dass es diese Veranstaltungen gibt und die Durlacher mit ihrem Weingut leben“, sagt Irmi Maier, die an der Veranstaltung teilnimmt. „Das ist für Durlach etwas ganz Wertvolles“, freut sie sich. „Die Leute schätzen den Wein aus Durlach“, ergänzt Michelle Carpentier. (rist)