„Wir sind erleichtert, dass die Freigelassenen wieder mit ihren Angehörigen vereint werden konnten“, sagte die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric. „Es ist eine große Verantwortung, ihre sichere Rückkehr zu gewährleisten und ihnen in diesem kritischen Augenblick die erforderliche Versorgung zu bieten. Dieser Einsatz ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie wir als neutraler Akteur zwischen den Konfliktparteien Leben retten und verändern können – unter der Voraussetzung, dass die Parteien zu einer Einigung gelangen.“
Für Michael Uibel, Vorsitzender des Büchenbronner Roten Kreuzes, ist es wichtig, die Strukturen der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung hinsichtlich dieser Meldung zu erklären. Oft ist in den öffentlichen Medien vom „Internationalen Roten Kreuz“ die Rede. „Dies ist leider eine völlig falsche Bezeichnung, denn unsere weltweite Bewegung besteht aus drei Komponenten. Das älteste Familienmitglied ist das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), gegründet im Jahre 1863 in Genf. Das IKRK ist eine Organisation nach Schweizer Recht, hat seinen Sitz in Genf und ist ausschließlich für bewaffnete Konflikte und Krisen in der ganzen Welt zuständig. Alle Einsatzfahrzeuge weltweit haben ein amtliches Schweizer KFZ-Kennzeichen ‚Genf‘.“
Der Dachverband der 191 nationalen Rotkreuzgesellschaften ist die „Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften“ ( IFRC) ist ausschließlich zuständig für die Koordination von Hilfsmaßnahmen bei Naturkatastrophen und sonstigen – nicht konflikt- und kriegsbezogenen – Katastrophen und hat seinen Dienstsitz ebenfalls in Genf. Die IFRC unterhält weltweit mehrere Regionaldelegationen – wie übrigens auch das IKRK.
Als dritte Player im System wirken die Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, z. B. das Deutsche Rote Kreuz mit Dienstsitz in Berlin, in den 191 Ländern mit. Sie sind vorrangig zuständig für die Hilfe bei Katastrophen in den Ländern, für die sie zuständig sind, und kooperieren bei Kriegen und Konflikten mit dem IKRK, arbeiten aber auch in vielen Katastrophenregionen weltweit und unterstützen dort die lokalen Mitglieder der Rotkreuz- und Rothalbmondfamilie.
Eine wesentliche und bedeutende Unterstützung des IKRK bei bewaffneten Konflikten ist die neutrale Rolle beim Austausch von Kriegsgefangenen. Dies geschah auch im Falle des Austausches der Geiseln im Gazastreifen. Der Einsatz war komplex und erforderte strengste Sicherheitsmaßnahmen, um die Risiken für die Beteiligten so gering wie möglich zu halten. Während der Transfers war es schwierig, die großen Menschenmengen und die starken Emotionen zu beruhigen, und im Gazastreifen waren die IKRK-Teams den Gefahren ausgesetzt, die von Blindgängern und zerstörter Infrastruktur ausgehen.
Der Einsatz ist der Beginn einer mehrstufigen Operation, die von den Parteien vereinbart wurde, um Geiseln und Häftlinge nach Hause zu bringen. Das IKRK erleichtert als neutraler humanitärer Akteur die sichere Überstellung von Geiseln und Häftlingen. IKRK-Fachkräfte, darunter auch Ärzte und Ärztinnen, stehen zur Verfügung, um bei Bedarf Hilfestellung zu leisten.
„Weitere Familien warten sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Angehörigen“, sagte die IKRK-Präsidentin. „Wir rufen alle Parteien auf, ihre Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen, damit die nächsten Einsätze sicher durchgeführt werden können. Unsere Teams sind auch weiterhin bereit, das Abkommen umzusetzen, damit mehr Geiseln und Häftlinge freigelassen und mehr Familien wieder vereint werden können.“
Darüber hinaus muss laut Abkommen die dringend benötigte humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangen, wo es der Zivilbevölkerung seit Monaten an Nahrung, Trinkwasser und Unterkünften mangelt. Das IKRK ist bereit, seine humanitäre Hilfe in Absprache mit den Partnern in der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung erheblich auszuweiten. Dies umfasst die Bereitstellung von dringend benötigten Hilfsgütern wie Medikamenten und Nahrungsmitteln sowie die Unterstützung grundlegender Dienstleistungen wie Gesundheitswesen, Wasser- und Sanitärversorgung sowie Strom.
Die Parteien müssen das humanitäre Völkerrecht zu jeder Zeit einhalten, auch während Freilassungen. In diesem Sinne müssen sie stets dafür Sorge tragen, dass die Zivilbevölkerung sowie die medizinischen Einrichtungen und das Gesundheitspersonal geschützt werden.
Michael Uibel hat während seiner hauptamtlichen Zeit bei seinen Auslandseinsätzen viele Kontakte zum IKRK gehabt, z. B. zu dessen Büro in der armenischen Hauptstadt Eriwan.