Die im vergangenen September 2024 von Frau Krämer und Frau Wolff gegründete neue Theater-AG führte am 4. Juli 2025 ihr erstes Stück auf. Vor voll besetztem Haus wurde ein Klassiker gegeben: Alice im Wunderland.
Wer sich auf das weiße Kaninchen gefreut hatte, kam gleich zu Beginn auf die Kosten, denn ein voll ausgewachsenes, stattliches weißes Kaninchen stürmte quer durch die Sitzreihen, hoppelte an Dorothy und Alice vorbei und ruckzuck stürzte letztere in den Kaninchenbau, in dem sich so allerlei zu verschieben beginnt in der Realität von Alice.
Und es gab noch viel mehr zu sehen und zu hören als ein weißes Kaninchen, denn sie waren alle da: die rote Königin, Grinsekatze und verrückte Hutmacherin, tanzende Blumen, eine sehr verschlafene Haselmaus, staksende Störche und all jene Charaktere, die man in den vergangenen über 150 Jahren liebgewonnen und manchmal auch in das eigene Leben herübergeführt hat.
Das von der Theater-AG, die aus Schülerinnen und Schülern der Klassen 7-10 besteht, aufgeführte Stück lebt eben von diesen Schauspielerinnen und Schauspielern. Niemand sollte hier besonders herausgehoben werden, denn was das begeisterte Publikum erlebte, war eine in sich geschlossene Ensembleleistung. Die Präsenz der Schülerinnen und Schüler auf der Bühne schlug alle in Bann, genauso wie die liebevoll und sehr durchdacht ausgesuchten Kostüme und Requisiten, welche gemeinsam mit der Inspiration der Regisseurinnen und des Ensembles die Aufführung zu einer haut- und halsnahen Erfahrung werden ließen. So wurden auch der stellvertretende Schulleiter, Herr Beck, wie auch Herr Wimmer und Frau Geißler von den Wachen – also den Spielkarten – abgeführt, um auf Befehl der roten Könige ihrem Schicksal zu guillotiniert zu werden.
Was auf der Bühne so leicht und flüssig über die Lippen kam und den Darstellenden in Mimik und Gestik in Fleisch und Blut übergegangen war, ist schwere Arbeit. Unbemerkt von einem Publikum, das Beifall klatschen oder Zugabe hätte rufen können, wurde seit Herbst geprobt, erst im Lichthof, dann im Forum. Die Nonsens-Texte aus Lewis Carrolls 1865 erschienenem Text führen die Darstellenden in eine Welt, in der die Realität mal winzig klein, mal riesig groß erscheint, in der die Logik nicht gilt, dafür eine luzide traumhafte Wahrheit erlebt und zur entscheidenden Wirklichkeit wird. Um dies auf die Bühne zu bringen, mussten nicht nur Worte und Schritte, sondern vor allem der Sinn und Zusammenhang des Gesamten verstanden und gemeinsam nicht nur eingeübt, sondern auch gelebt werden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Nur manchmal hörte man in der verlassenen und stillen Schule gelegentlich das Knabbern und Schmatzen einer kleinen Raupe, die sich an Blättern gütlich tat, sich jedoch versteckte, kam jemand in die Nähe, da sie um ihr Leben fürchtete; immerhin hätte es sich ja um einen Storch oder eine Maus handeln können oder um einen Lehrer.
Trotz Fieberschüben und Krankheiten kurz vor der Premiere gelang allen Beteiligten, nicht nur die lange Tradition des Theaters am Copernicus-Gymnasium wiederzubeleben, sondern jene in eine ganz eigene Richtung zu lenken. Eine Richtung, welche das Ensemble nun weiter vorgeben kann, um eigene Ideen umzusetzen, die zu ihnen passen und zu dem, was sich im vergangenen Jahr in dieser Gruppe entwickelt hat und weiterentwickelt wird.
Wir freuen uns auf das kommende Jahr und euer neues Stück, noch mehr jedoch darauf, was ihr auf dem Weg dorthin erleben, verändern und umsetzen werdet. Wir wünschen euch ganz viel Spaß dabei, gutes Durchhaltevermögen und Freude an allem, was euch auf diesem Weg begegnet wird.
Wie sagt doch Alice: „Würdest du mir bitte sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll?“
„Das hängt zum großen Teil davon ab, wohin du möchtest“, sagte die Katze. (Stefan Kirstätter)