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Altstadt lebt auf

Das war der Neckargemünder Abendbummel mit La Soirée blanche

Der erste Freitag im Monat ist für einige in Neckargemünd längst in der Form des Abendbummels zum kleinen Feiertag geworden.
Besucher ganz in Weiß beim "La soiree blanche" am 2.5.2025 auf dem Marktplatz in Neckargemünd.
Besucher ganz in Weiß beim "La soiree blanche" am 2.5.2025 auf dem Marktplatz in Neckargemünd.Foto: du

Sich treiben beim Bummeln, Plauschen oder Schlemmen treiben lassen, zuhören oder einfach nur Dabeisein: das ist der Abendbummel in Neckargemünd. Wer am 2. Mai durch die Altstadt spazierte, konnte erleben, wie viel Freude, Fantasie und Lebenslust in diesem Format steckt – und wie engagiert sich die Gewerbetreibenden mit ihren persönlichen Ideen einbringen.

Picknick in Weiß

„La soirée blanche“ lautete das Motto auf dem Marktplatz – und der wurde zur gedeckten Tafel unter freiem Himmel. Tische und Bänke waren ganz in Weiß gekleidet, ebenso viele der Gäste, die sich mit Picknickkörben und gut gefüllten Boxen einfanden. Es wurde nicht einfach gegessen – es wurde zelebriert: Spargeltarte, schwäbischer Salz-Rahmkuchen, Baguette mit Käse und Oliven, Gemüseknabbereien, ein würziger Bärlauchaufstrich und sogar Krabbencocktail kamen da auf die improvisierten Tafeln.

Musikalisches Highlight: JazzRoom

Die Band JazzRoom– bestehend aus Ulf Kager (Schlagzeug), Freeman Robbins (Tenor-Sax), Dietmar Dymke (E-Bass) und Pascal Schenkel (E-Piano) – hatte sich ohne Probe gefunden und doch zündete zwischen ihnen ein Feuerwerk an Improvisationen. Mal sanft, mal schwungvoll, stets überraschend – Jazz in seiner frei fließenden, lebendigen Form, die das Publikum spürbar genoss. Bürgermeister Jan Peter Seidel war ebenfalls unter den Gästen und nahm am Tisch der Soirée-Veranstalter Ralph Dreher, Jens Hertel und Rainer Pomrehn vom Gewerbeverein Platz. Viele brachten ihren Wein mit, andere holten sich ein Gläschen beim Weinständ’sche von Bernd Laport. Wer vom Marktplatz weiterzog, konnte sogar aus der Einfahrt des Art Hotels Gitarrenklänge aufschnappen – ein kleiner Vorgeschmack auf das nächste Highlight.

Olli Roth sorgte für Gänsehaut

Ein runder Geburtstag wurde gefeiert: Das Art Hotel in der Hauptstraße blickte auf 20 Jahre zurück – ein Haus, das 2005 nach aufwendigem Umbau seine Türen öffnete. Brigitte Stalinger, die gleich mehrere gastliche Adressen in Neckargemünd führt, hatte sich etwas Besonderes einfallen lassen: Eine musikalische Hommage im Hofgarten, ganz leger, ganz direkt – und mit niemand Geringerem als Olli Roth. Der bekannte Singer/Songwriter aus der Region spielt nicht einfach nach Plan. Er spürt den Moment, greift zur Gitarre, summt eine Zeile an – und schon entstehen Lieder wie „Stumblin’ in“ oder „The Joker“. Die Gäste, viele langjährige Fans, machten es sich mit einem Glas Chardonnay in den Liegestühlen bequem, schlossen die Augen – und ließen sich von Olli Roths Stimme in den frühen Abend tragen. Später setzte er sein Konzert in der Abona Beach in Kleingemünd fort – ebenfalls unter der Leitung von Brigitte Stalinger.

Letzter Abendbummel für Selection Luqull

Ein bisschen Wehmut lag in der Luft, als sich in der unteren Zwingergasse die Tür zum Laden Selection Luqull öffnete. Zehn Jahre lang war Hans Mäser mit seiner Leidenschaft für edle Brände dabei gewesen, 2015 wurde gefeiert – nun, im 20. Jahr des Bestehens, stand der Ausverkauf an. Hans Mäser ist im vergangenen Oktober verstorben. Seine Lebensgefährtin, die Obst- und Gartenbauexpertin Marga Milbert, hatte sich entschlossen, beim Abendbummel noch einmal die Regale zu öffnen.

Geschichten zu jedem Likör

Und die Kunden kamen. Nicht nur, um zu probieren oder einzukaufen, sondern auch, um sich zu erinnern – an die Geschichten, die Hans Mäser zu jedem Brand erzählen konnte. An seine Vision, aus Streuobstsorten Brände zu machen, die noch niemand vor ihm destilliert hatte. Der Uralt-Brand aus dem Jahr 1986 von der Dornenpflaume ging über die Theke. Aber auch Brände von der Großen Grünen Reneklode, vom Breitarsch-Apfel oder der Zibarte waren nachgefragt. „70 Prozent der Sachen hier haben Goldmedaillen“, sagte Mäser einst – und viele wollten sich jetzt noch einen kleinen Vorrat sichern, solange es möglich ist. Wer selbst noch einmal stöbern möchte, kann unter Tel. 06223 862218 einen Besuch vereinbaren.

Krimi mit Heidelberg-Flair

Im Buchladen ging es derweil literarisch zu: Marcus Imbsweiler war gekommen, um seinen neuen Krimi zu signieren – Band zehn der Max-Koller-Reihe mit dem Titel „Heidelbergtief“. Eine kleine Schlange bildete sich vor dem Autorentisch. Mit viel Geduld und einem offenen Ohr für jeden Wunsch schrieb Imbsweiler Widmungen, fragte nach Namen und ließ sich kleine Geschichten erzählen. Eine davon kam von Beata, die selbst schreibt und den Autor bereits von früheren Lesungen kannte. „Wenn die Geschichten hier in der Gegend spielen, ist das einfach spannender“, meinte sie. Ob der Autor heute auch liest? „Nein, heute wird nur signiert – aber die Lesungen kommen bald, in Ludwigshafen oder Mannheim.“ Und so zog man weiter, mit einem frisch signierten Buch unterm Arm – vielleicht direkt zum Zug nach Stuttgart, wie eine Besucherin, die sich „Heidelbergtief“ gleich als Lektüre für die Fahrt sicherte. (du)

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Neckarbote
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Ausgabe 19/2025
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
08.05.2025
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