„Prostitution und Pornografie sind ganz klar eine Form von Gewalt.“ Das sagt Dr. Brigitte Schmid-Hagenmeyer. Sie ist Mitgründerin der Bürgerinitiative „Durlach gegen Prostitution“, Psychologische Psychotherapeutin, Traumatherapeutin (DeGPT) und Vorsitzende der SPD Frauen Baden-Württemberg.
Schon von Berufs wegen sei sie häufig mit überwiegend Frauen konfrontiert, die als Prostituierte arbeiten, gearbeitet haben und ihre dadurch erlittenen traumatischen Erfahrungen aufarbeiten möchten. Nicht nur psychisch nehmen die Frauen oft Schaden. Auch durch die sehr häufige, oft gewaltvolle Penetration, das Eindringen des Penis‘ in die Vagina oder den After, entstehen bei den Frauen oft Schäden im Bereich des Beckenbodens. Sie haben dann oft auch Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Schäden des Darms und der Darmflora, Infektionen, Geschlechtskrankheiten etc. Darüber hinaus entwickeln sie häufig ein schlechtes Männerbild.
Wegen all dieser Schäden fordert Schmid-Hagenmeyer ganz klar ein Sexkaufverbot, die Bestrafung der Freier anstatt der Prostituierten und die Einführung des Nordischen Modells. Mitte September des Vorjahres kam sie der Bitte des Familienausschusses nach, im Vorfeld der öffentlichen Anhörung am 23. September eine schriftliche Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit im Deutschen Bundestag am 23. September 2024 abzugeben. "Seit Jahren fordern PsychotraumatologInnen und ÄrztInnen deshalb einen Kurswechsel in der deutschen Prostitutionspolitik. Auch die beiden deutschen psychotraumatologischen Fachgesellschaften, die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) und die Deutsche Gesellschaft für Trauma und Dissoziation (DGTD) gehen davon aus, dass es negative Auswirkungen auf Körper und Psyche hat, den eigenen Körper zur sexuellen Benutzung gegen Bezahlung anderen, zumeist fremden Menschen, zu überlassen." Das geht aus Schmid-Hagenmeyers Stellungnahme hervor. „Grund dafür ist die der Prostitution inhärente Gewalt. Laut der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. September 2023 zur Regulierung der Prostitution in der EU sind Frauen in der Prostitution in höherem Maße Menschenrechtsverletzungen, Gewalt und Ausbeutung, darunter einem hohen Maß an geschlechtsbezogener, psychologischer, körperlicher und sexueller Gewalt, ausgesetzt als Frauen im Durchschnitt.“
Seit 2002 wird Prostitution in Deutschland nicht mehr als sittenwidrig eingestuft. Damit gilt sie ebenso wie der Sexkauf als legal. Das Prostitutionsgesetz (ProstG) regelt die Rahmenbedingungen, während das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) seit 2017 detaillierte Pflichten einführt, wie etwa die Anmeldung und Gesundheitsberatung. Entgegen der Annahme mancher, dass durch die Legalisierung die Anzahl der Prostituierten zurückginge, die Prostitution insgesamt abnehme oder sich nicht weiter steigere, sage Europol, zur Erklärung: Europol oder das Europäische Polizeiamt ist eine Polizeibehörde der Europäischen Union mit Sitz im niederländischen Den Haag, klar, dass Prostitution dort zehnmal häufiger ist, wo Sexkauf legalisiert ist.
Deutschland gelte als „Bordell Europas“.
Was Schmid-Hagenmeyer auch kritisiert, ist die Unterscheidung zwischen selbstbestimmter und nicht selbstbestimmter Prostitution. Weil der Geschlechtsverkehr bzw. einfach Sex auf keinem gemeinsamen Konsens beruhe, weil der eine Sex und die andere Geld wolle, sehe sie insgesamt kein Einvernehmen, sondern eine Form von Gewalt. „Selbstbestimmte Prostitution als Regelfall ist eine gesetzgeberische Fiktion“, schildert sie, weswegen sie für das Sexkaufverbot plädiert. Auch Pornografie betrachte sie kritisch, weil hier Gewaltakte häufig mit Gewalt und Entwürdigung von Frauen, wie z. B. mit Strangulation verherrlicht und medial wiedergegeben werden. Inzwischen sei das so normal in der gesellschaftlichen Auffassung geworden, dass junge Männer, manchmal sogar mit ihren Vätern, als Initiationsritus ins Bordell gingen – oder einfach so, um dort ihre Mittagspause zu verbringen. Insofern sei auch hier noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. (war)
Die Bürgerinitiative "Durlach gegen Prostitution" lädt am 17. März 2025, um 17 Uhr, im Gemeindehaus der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Durlach zur Lesung des Buches von Simon Häggström, dem schwedischen Polizisten und Ermittler im Rotlichtmilieu, ein. Die deutsche Übersetzung seines Buches lautet "Auf der Seite der Frauen – als Ermittler im schwedischen Rotlichtmilieu".