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Der Adler

Gustav Carle – und der Adler in Rutesheim Einige historische Fotos und entsprechende Recherchen dazu waren der Anlass für diesen Artikel zur ehemaligen...
Die historische "Adler-Postkarte" aus den 20iger Jahren
Die historische "Adler-Postkarte" aus den 20iger JahrenFoto: Stadt Rutesheim

Gustav Carle – und der Adler in Rutesheim

Einige historische Fotos und entsprechende Recherchen dazu waren der Anlass für diesen Artikel zur ehemaligen Gaststätte Adler an der Pforzheimer Straße.

Aber beginnen wir noch etwas früher: Im Rutesheimer Taufbuch von 1558-1698 finden sich die ersten Nennungen von Wirten. 1562 wird Martin Beck und 1582 Jerg Schmid erwähnt. Um 1730 gab es zwei Schildwirtschaften, Adler und Lamm, außerdem vier Gassenwirte. Und 1954 gab es in Rutesheim acht Wirtschaften: Lamm, Adler, Rössle, Hirsch, Ochsen, Krone, Schwanen und Hasen. Über Otto Philippin und die frühere „Schildwirtschaft“ Lamm haben wir in einem Artikel schon ausführlich berichtet. Heute blicken wir nun auf die zweite historische Schildwirtschaft, den Adler.

Den Adler gibt es an diesem Standort schon einige hundert Jahre. Eine lückenlose Betrachtung der Eigentümer und Pächter ist heute leider nicht mehr möglich. Um 1730 bewirtschaftete ihn die Schultheißenfamilie Besserer, 1795 und noch 1845 sind den Chroniken nach die Heß Adlerwirte. Durch den großen Brand 1837 wurde das Gebäude an der Pforzheimer Straße komplett zerstört und 1838 neu aufgebaut.

1905 pachtete Otto Philippin den Adler und betrieb ihn mit seiner Frau Friederike, das Paar hatte im selben Jahr geheiratet. Friederike war die älteste Tochter vom Rösslewirt Albert Philippin. Nachdem Otto und Friederike Philippin im Mai 1908 das Gasthaus mit Metzgerei Lamm in der Kirchstraße erwarben, übernahm der 1875 geborene Gustav Carle aus Vaihingen/Enz als Metzger und Wirt den Adler. Zusammen mit seiner Frau Pauline, geb. Schweizer, betrieb er das Gasthaus rund 25 Jahre lang bis 1934. Auch er stammte aus einer Wirtsfamilie – sein Vater Gustav betrieb in Vaihingen/Enz den Ochsen. Viele Feste und Hochzeiten wurden in dieser Zeit im Adler gefeiert. Fünf Kinder gingen aus der Ehe Carle hervor. Elsbeth Hartmann erinnert sich an ihre 1905 geborene Mutter Frieda – die „Adlerwirts-Frieda“, sie war die Älteste. Bei den vielen Festen im Adler war auch eine musikalische Begleitung wichtig. Dafür musste Frieda einige Jahre nach Perouse zum Klavierunterricht. Es war ihr oft mulmig auf dem Fußweg hin und zurück. Dafür klappte dann später das Musizieren. Frieda heiratete 1928 den Schreiner und späteren Rutesheimer Feuerwehrkommandanten Eduard Illeson.

Beim jährlichen Pferdemarkt in Leonberg war es Tradition, dass die aus Richtung Renningen und Perouse kommenden Besucher Rast beim Adler machten. Unter den hohen Kastanien konnten die Pferde und Gespanne ideal „geparkt“ werden.

Im Nachbargebäude des Gasthauses richtete die Strickerei Pichler & Ruthardt vor dem Ersten Weltkrieg eine Zweigneiderlassung ein, dies bezeugt auch eine eigene „Adler-Postkarte“ aus den 20iger Jahren. Auf dem weiteren historischen Foto aus den 30-er Jahren sieht man den Sohn Eugen Carle im Opel-Automobil vor dem Adler am Steuer. Der jüngste Sohn Helmut, 1914 geboren, betrieb in den 50iger Jahren die Bäckerei Carle im Fachwerkhaus an der Ecke Gebersheimer-/Holderstraße. Der Adlerwirt Gustav Carle starb 1945, seine Frau Pauline 1959.

Seit den 40-er Jahren ist der Adler im Besitz der Familie Weidner. 1948 wurde das Gebäude umgebaut und die Gaststätte in den folgenden Jahrzehnten durch mehrere Pächter betrieben. Wir erinnern uns an ein griechisches Lokal, die Pizzeria Romano und das 1999 eröffnete „Bierstüble zum Adler“.

Seit vielen Jahren steht das Gasthaus nun leer. Die Zukunft des Adlers mit seiner langen Tradition steht in den Sternen. Blicken wir daher noch einmal zurück in die erfolgreichen Zeiten und die Ortschronik von 1931:

Als ein idyllisch gelegener, wohlgepflegter und allgemein bewundernswerter Platz ist die öffentliche Anlage beim Gasthaus Adler zu nennen. Die Anlage mit den wuchtigen großen Kastanienbäumen und dem Brunnen macht einen erhabenen Eindruck, der die ganze Ortschaft respektvoll ziert.“

Harald Schaber

Guido Illeson

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Ausgabe 05/2025

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