Naturkindergarten Sandhausen
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Bildung

Der Naturkindergarten Sandhausen – keine ungewöhnliche Form des Kindergartens (Teil I)

Die Erinnerung an die eigene Kindheit ist für viele Pädagoginnen und Pädagogen eine starke Motivation, in einem Waldkindergarten zu arbeiten. Das liegt...
Wald 1: Der Kern eines Waldkindergartens ist der Bauwagen oder eine Schutzhütte
Wald 1: Der Kern eines Waldkindergartens ist der Bauwagen oder eine SchutzhütteFoto: Postillion e.V.

Die Erinnerung an die eigene Kindheit ist für viele Pädagoginnen und Pädagogen eine starke Motivation, in einem Waldkindergarten zu arbeiten. Das liegt unter anderem daran, dass der Wald auf die meisten Menschen eine beruhigende und entspannende Wirkung ausübt. In dieser Umgebung ist daher für viele Kinder ein ernsthaftes Spielen möglich. Deshalb hat sich der Postillion e.V. in den vergangenen Jahren verstärkt für den Aufbau von Waldkindergärten im Rhein-Neckar-Raum eingesetzt. Inzwischen gibt es 24 solche Einrichtungen unter der Leitung des Vereins.

Der US-amerikanische Medienwissenschaftler Neil Postman prognostizierte schon vor Jahren ein „Verschwinden der Kindheit“ und warnte vor der Destabilisierung kindlicher Spielräume. In den verdichteten Räumen unserer Städte gibt es immer weniger Freiflächen, die Kinder besetzen können. Jeder Quadratzentimeter ist mit einer bestimmten Funktion verplant. Michael Ende leistet in seinem Buch „Momo“ Widerstand gegen die Verdrängung der Freiräume von Kindern. Die kleine Momo schafft in dem alten Amphitheater ein Kinderparadies und fordert dadurch die Erwachsenenwelt heraus. Sie nimmt den Kampf gegen die kleinen grauen Männchen auf, die es geschafft haben, die Kinder in spezielle Kindereinrichtungen zu verbannen, die Straßen kinderfrei zu machen und so einen störungsfreien ökonomischen Alltag zu gestalten. Natürlich sind Waldkindergärten kein Paradies wie das Amphitheater von Momo oder Astrid Lindgrens Bullerbü.

Eltern verhalten sich heute so, wie dies die Bildungspolitik lange gefordert hat, stellt Margit Stamm in ihrem beachtenswerten Buch „Lasst die Kinder los. Warum entspannte Erziehung lebenstüchtig macht“ fest. Ein lesenswertes Buch und auch für Eltern sehr zu empfehlen. Eines der Grundprobleme der heutigen Erziehung sieht Margit Stamm darin, dass durch die Studien, wie zum Beispiel PISA, TIMMS, IGLU oder wie sie alle heißen, eine zunehmende Leistungs- und Wettbewerbsorientierung ausgelöst wurde. Immer wieder hören wir von Bildungspolitikern, dass wir in eine Bildungskatastrophe laufen. Aus diesem Grund wird die Förderung aller Kinder schon in jungen Jahren forciert, sodass sie besser als bisher auf die Schule vorbereitet werden. Vergessen sind die Worte von Jean Jaques Rousseau in seinem Werk „Emil“ aus dem 18. Jahrhundert: „Die Natur will, dass Kinder Kinder sind, ehe sie Männer werden. Kehren wir diese Ordnung um, so erhalten wir frühreife Früchte, die weder reif noch schmackhaft sind und bald verfaulen. Wir haben dann junge Gelehrte und alte Kinder.“

Der Waldkindergarten ist somit in gewisser Weise zum Synonym für eine andere Form der Erziehung bzw. Kinderbetreuung geworden. Wo Kinder noch Kinder sein dürfen, wo das freie Spiel und Bewegung sehr viel Beachtung finden. Festzustellen ist jedenfalls, dass viele Eltern ihr Kind bewusst in einen Waldkindergarten geben, auch, um seine Voraussetzungen für das spätere Leben zu verbessern. So genau werden wir es nicht sagen können, und sicherlich ist nicht alleine der Kindergarten für den Bildungs- und Lebenserfolg eines Kindes verantwortlich.

Erscheinung
Amtsblatt der Gemeinde Sandhausen
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Ausgabe 20/2025

Orte

Sandhausen

Kategorien

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Panorama
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